Regie: Anatole Litvak
Der Verräter....
Der aus der Ukraine stammende Filmregisseur Anatole Litvak drehte im
Laufe seiner Karriere in sehr vielen Ländern. Von Russland gings nach
Deutschland, danach emigrierte er und war in England und Frankreich
aktiv. Natürlich folgte auch eine Einladung aus Hollywood. Dort hatte er
einen großen Erfolg mit dem Bette Davis Film "Hölle, wo ist dein Sieg
?". Die besten Filme gelangen ihm in der Zeit von 1948 bis 1950, er
schuf innert dieser Phase Klassiker wie "Du lebst noch 105 Minuten" mit
Barbra Stanwyk, "Die Schlangengrube" mit Olivia de Havilland und den
aussergewöhnlichen Kriegsfilm "Entscheidung vor dem Morgengrauen" mit
dem damals sehr jungen Oscar Werner, der später durch seine Rollen in
Francois Truffauts Kultfilmen "Jules und Jim" und "Fahrenheit 451" und
Stanley Kramers "Das Narrenschiff" weltberühmt wurde.
"Entscheidung vor dem Morgengrauen" ist ein Film, der das Milieu und die
Atmosphäre jener Zeit, den letzten Kriegswochen, sehr überzeugend
wiedergibt. Und interessanterweise ist der Held des Films ein deutscher
Verräter. Denn der junge Karl Maurer (Oscar Werner) und ein befreundeter
Kamerad werden von den Amerikanern in Frankreich gefangengenommen. Dort
im Lager sucht der U-Colonel Devlin (Gary Merrill) unter den Gefangenen
Überläufer, die bereit sind für den Feind zu spionieren. Das Argument
ist einleuchtend: Ende 1944 ist bereits klar, dass das Deutsche Reich
den Krieg verlieren wird. Warum also noch länger hinauszögern, was
Hunderttausenden von Menschen noch das Leben kosten könnte. Als Karls
Freund sich im Lager gegen den Führer positioniert, wird er von einem
geheimen Femegericht von Nazis aus dem Fenster gestoßen. Dieses Ereignis
schließlich bewegt den jungen Karl dazu seine Hilfe den Amis
anzubieten. Er wird von der französischen Agentin Monique (Dominique
Blanchar) in Soionagetechniken unterrichtet. Die Frau, die die Deutschen
hasst, empfindet aber zunehmend Zuneigung zu Karl. Dieser bekommt den
Tarnnamen "Happy" und soll herausfinden, wo sich die 11. Panzer Division
aufhält. Der General wäre zu einer Kapitulation bereit. Für diese
Mission braucht es drei Männer, die über Süddeutschland mit dem
Fallschirm abspringen sollen. Lieutenant Rennick (Richard Basehart) und
ein weiterer deutscher Spion, der "Tiger" genannt wird (Hans Christian
Blech) springen über dem Gebiet Mannheim ab, "Happy" in der Nähe von
München. Mit gefälschten Dokumenten macht er sich auf den Weg.
Zahlreiche Bus- und Zugfahrten und Aufenthalte in Gasthäusern und
Tavernen liefern ein intensives Bild vom Chaos der letzten Kriegstage.
Happy lernt Menschen mit unterschiedlichen Haltungen gegenüber dem Krieg
kennen. Sehr undurchsichtig ist der Waffen-SS-Kurier Scholtz (Wilfred
Seyferth), der ihn ein Stück mitnimmt, dann aber misstrauisch wird und
versucht mit der Hilfe der jungen Kriegswitwe Hilde (Hildegard Knef)
seinen jungen Reisebegleiter auszuspionieren. Dieser kommt jedoch durch
einen Befehl des Oberst von Ecker (O. E. Hasse) seinem Ziel den Standort
der Division zu erfahren, sehr nahe...
Ganz dramatisch wird es dann im zerbomten Mannheim, in den Ruinen der
Stadt müssen sie fliehen. Eine eindrückliche Szene mit den kleinen
Nachwuchsdarsteller Adi Lödel bleibt im Gedächtnis. Ebenso die Flucht im
Kugelhagel im Hafengebiet der Stadt. Nur durch Happys Opfer gelingt es
Lieutenant Rennick ans rettende Ufer zu gelangen. Das Bild über Deutsche
hat sich aber gewandelt. Auch wenn Rennicks Kamerad Griffin (George
Tyne) am Ende die Aussage macht, dass es doch nur ein weiterer Deutscher
war, der jetzt tot ist. Auch die Szene mit O.E. Hasse ist sehr
wirkungsvoll und man bemerkt auch die allgegenwärtige Angst der Menschen
in dieser Zeit, als das dritte Reich untergeht. Man sieht das
allgemeine Chaos dieseer letzten Tage. Der Film lässt sich am Anfang
viel zeit für seine Geschcihte, wird dann aber zunehmend spannender.
Auch die teilweise dokumentarisch anmutenden Bilder von Kameramann Franz
Planer (Liebelei, Brief einer Unbekannten, Gewagtes Alibi, Die Caine
war ihr Schicksal, Weites Land, Frühstück bei Tiffany) sind äusserst
beeindruckend.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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