Mittwoch, 7. Februar 2018

Familiengrab







































Regie: Alfred Hitchcock

Gräber, Geister, Juwelen, böse Neffen und Blondinen...

Blanche Tyler verdient sich ihre Brötchen als hellsichtige Madame Blanche. Ihr Klientel besteht vor allem aus leichtgläubligen alten Frauen. Am Anfang von Hitchcocks letztes Film "Familiengrab" hält sie in der Anfangsszene eine Seance mit einer diser exzentrischen alten Damen ab. Die Umgebung ist wie geschaffen für eine selbst ernannte Spirtistin wie Blanche, der Salon der alten Frau ist voll von Antiqutäten und Erbstücken...aber auch von tiefen Schatten einer versteckten Vergangenheit.
Von ihrem etwas schwerfälligen Boyfriend George Lumley (Bruce Dern) hat sie brauchbare Informationen, die sie bei der Geisterbeschwörung gewinnbringend einsetzen kann: Die betagte und schwerreiche Julia Rainbird (Cathleen Nesbitt) hat für ungefähr 40 Jahren dafür gesorgt, dass ihre verstorbene Schwestger ihr uneheliches Kind zur Adoption freigeben musste. Damals wäre eine ledige Mutter - vor allem in den gehobenen Kreisen - eine schwerwiegende Schande gewesen. Als Mrs. Rainbirds Schwester starb verlor sich aber auch jede Spur des Kindes. Jetzt nach all den Jahren will sie mit ihrem Vermögen das Unrecht wieder gut machen - das vermisste Kind, nunmehr 40 Jahre alt, soll ihre Millionen erben. Doch die alte Frau braucht jemanden, der den fehlenden Neffen finden soll. Detektiv oder Polizei...zu auffällig, alles soll diskret und verschwiegen sein. Also ein Fall für Madame Blanche, die für diesen Job 10.000 Dollar als Prämie erhalten soll.
Eigentlich eine Routinegeschichte - aber nicht bei Altmeister Hitchcock, der somit ein eher unbeholfenes Duo auf die Suche schickt und vor allem Blanche unerschütterlich naiv an den schnellen Erfolg denken lässt. Schnell mal einen Mann suchen, finden, abgeben und kassieren. Doch so einfach ist es nicht: Der unbekannte Mann hat keinen Namen, keinen Wohnort und die wenigen Zeugen, die Auskunft geben könnten, liegen unter der Erde. George, der Taxifahrer und Möchtegernschauspieler, ist daher eher skeptisch bis pessimistisch, doch er liebt Blanche und wird weiterhin die Detektivarbeit mit ihr verrichten.
Als die beiden mit Georges Taxi nach Hause fahren, wird der Plan geschmiedet und vor lauter Reden fahren die beiden beinahe eine blonde Frau (Karen Blaick) um, die den Zebrastreifen überquert. Die Kamera folgt dieser Frau. Sie ist die Entführerin von reichen, einflussreichen Männern - als Lösegeld für deren Freigabe verlangt sie wertvolle Brillanten. Doch auch sie arbeitet im Duett - der Juwelier Arthur Adamson (Willem Devane) ist ihr Partner. Währenddessen startet George seine Detektivarbeit, die er erstaunlich gut absolviert. Denn sehr schnell hat er auch schon Kontakt zum Tankstellenbesitzer Joseph Maloney (Ed Lauter), den eine sehr dunkle Verbindung mit dem verschollenen Neffen von Mrs. Rainbird verbindet...





Alfred Hitchcocks Alterswerk ist eine extrem elegante und lässige Thrillerkomödie, die in seiner Filmographie leider ein bisschen untergeht. Zu Unrecht - denn hier in diesem doppelbödigen Filmvergnügen orientierte er sich sichtlich an seinen 50er Jahre Erfolg "Immer Ärger mit Harry", der mit prachtvollen Bildern des indian Summer auch eine Leiche auf Wald und Wiese präsentiert. Der Unterschied seiner beiden Komödien liegt aber darin, dass "Familiengrab" von der Struktur her ein echter Suspence Thriller ist - allerdings mit dem Spass komische Protagonisten darin einzusetzen und mit "Plots" aufzuwarten, die aberwitzig und obskur bleiben. Aber gut: Ein Meister wie Hitch darf sich auch entscheiden von Zeit zu Zeit auf Erklärungen und Logik zu verzichten. Warum auf solche schönen unglaubwürdigen Situationen verzichten, wenn man sie doch einfach präsentieren und zeigen kann ?
Nebenbei bietet auch "Familiengrab" unvergessliche Filmszenen vom Feinsten. Etwa dann, wenn George zum ersten Mal den Friedhof aufsucht, wo der Gesuchte "Edward Shoebridge" neben seinen Eltern begraben sein soll und Musik einsetzt als sich ihm von hinten ein geheimnisvoller Totengräber nähert. Auf dem gleichen Friedhof gibts noch ne tolle Einstellung bei einer Beerdigung, als sich die Wege von George und der Witwe des Toten kreuzen. Die Kamera filmt das Laufen der Beiden auf den Graswegen von oben. Es wirkt wie ein Labyrinth. Genial auch die Entführungsszene in der Kirche. Der gute alte Bischof Wood (William Prince) wird während des voll besetzten Gottesdienst aus der Kirche von unserem Diamantengeilen Duo entführt. Und alle bleiben auf der Kirchenbank sitzen - in einem Gottesdienst schickt sich es auch nicht sonderbare Menschen mit dem Bischof unter dem Arm zu verfolgen.
"Familiengrab" funktioniert auch deshalb, weil die vier Hauptdarsteller alle prächtig funktionieren. Nebn der liebenswürdigen und naiven Blanche, perfekt gespielt von Barbara Harris, ist es aber vor allem Karen Black, die dem Film ihren Stempel aufdrückt. Als typische Hitchcock Blondine getarnt setzt die Brünette mit ihrer Optik Akzente. Sie braucht dazu nur die blonde Perücke, den schwarzen Mantel, den schwarzen Hut und die dunkle Brille.




Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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