Regie: Alfred Hitchcock
Kindheitstrauma...
"Marnie" ist Hitchcocks Beitrag zum Thema "Kleptomanie" und leitete nach seinen Riesenerfolgen mit "Psycho" und "Die Vögel" eine Dreier-Riege von Filmen ein, die weder beim Publikum noch bei der Kritik sehr gut wegkamen. Nach dem psychologischen "Marnie" kamen die Spionagefilme "Der zerissene Vorhang" und "Topas". Erst mit "Frenzy" verbuchte der Meister wieder einen Welterfolg. Heute ist aber vor allem "Marnie" wieder als damals unerkanntes Meisterwerk rehabilitiert, damals bemängelte die Kritik die überholte Psychologie des Thrillers und ärgerte sich über die veraltete und unfreiwillig komische Tricktechnik - das Haus in der Hafenstraße, wo Marnies Mutter wohnt, hat als Hintergrund ein großes Schiff, das man sofort als gemaltes 2D-Bild erkennt. Heute sorgen vielleicht gerade diese schrägen Eigenheiten für einen sehr eigenständigen Charakter des Films. Es geht dabei um das Trauma der geheimnisvollen Marnie Edgar (Tippi Hedren). Die Frau arbeitete unter falschem Namen bei dem Steuerberater Sidney Strutt (Martin Gabel) in Philadelphia und raubt schon nach 4 Monaten den Tresor aus. Sie verschwindet mit dem Geld. In einem Hotelzimmer wäscht sie sich die dunkle Farbe aus den blonden Haaren und zieht sich anders an. Hitchcock gewährt dabei dem Zuschauer einen Blick auf Marnies Visitenkarten - jedesmal ist ein anderer Name darauf zu lesen. Keine Frage: Diese Frau macht dies nicht zum ersten Mal. Nach jedem Coup reist sie aber zu ihrer Mutter Bernice (Louise Latham) nach Baltimore. Sie wil der Mutter gefallen und bringt ihr als Geschenk eine Nerzstola mit. Doch da ist etwas zwischen Mutter und Tochter, was sich durch die Präsenz des Nachbarkindes Jessie Cotton (Kimberley Beck) noch verstärkt. Nach dem Austausch diverser Höflichkeiten fragt Marnie "Was hast Du gegen mich, Mama ?" Ihren Vater hat Marnie nie kennengelernt. Die Mutter selbst hat sich in die Religion geflüchtet. Wirklich glücklich ist Marnie nur, wenn sie ihr Pferd ausreiten kann, dass auf einem nahegelegenen Gestüt untergebracht ist. Marnie plant danach wieder einen Raub. Dazu bewirbt sie sich beim Rutland Verlag in Philadelphia. Als Mary Taylor wird sie als Sekretärin eingestellt. Der Verleger Mark Rutland (Sean Connery) ahnt sehr bald, dass es sich bei der neuen Arbeitskraft um die selbe Frau handelt, die seinen Steuerberater Strutt um viel Geld erleichtert hat. Dabei erweist sich Mark als raffinierter Beobachter, der gerne herausfindet, warum die attraktive Frau zur Diebin wird. Er lässt es sogar zu, dass Marnie 10.000 Dollar aus dem Tresor entwendet und trotz der Eifersucht seiner Schwägerin Lil (Diane Baker) zwingt er Marnie dazu seine Frau zu werden...
Natürlich wird irgendwann am Ende der Fall gelöst und der Zuschauer erfährt alles über das Trauma eines Kindes, dass sich nie lösen liess und sie als Erwachsene zur kriminellen Kranken werden liess. Auch wenn sie immer mal wieder für ihre Darstellerleistung kritisiert wurde, aber Tippi Hedren ist für mich die perfekte Besetzung für diese Rolle und sie spielt die Figur Marnie einfach fesselnd. Ihr zur Seite ein nicht weniger überzeugender Sean Connery, der als Mark ebenfalls seine dunklen Seiten hat. Er will Macht und Gewalt ausüben und zwingt sie erpresserisch in den Hafen der Ehe. Dies führt dann auch beinahe zur Katastrophe, kein Wunder bei dieser Holzhammer-methode. Ansonsten lebt der Film von einer Atmosphäre, die wie ein Fiebertraum wirkt und am Ende eine Erlösung aufzeigt. Man fragt sich aber, ob die emotionalen Qualen damit dann wirklich gelöst sind, ein Stück weit endet der Film im Ungewissen. Für mich ein weiteres Hitchock Juwel.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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