Regie: Henry Koster
Schrecklicher Mordverdacht...
Der US-Regisseur Henry Kosten stammt ursprünglich aus Deutschland und
musste nach Hilters Machtübernahme nach einer Schlägerei mit einem
SS-Offizier Nazideutschland verlassen. Er ging nach Wien und wurde dort
von den Universal Studios umworben. Man bot ihm einen Vertrag in den USA
für 3 Filme an und so begann seine Karriere mit einigen erfolgreichen
Deanna Durbin Filmen. Seine bekannesten Filme sind "Jede Frau braucht
einen Engel", "Mein Freund Harvey" und "Das Gewand".
1952 realisierte er mit "Meine Cousine Rachel" mit Olivia de Havilland,
die vor einigen Tagen ihren 100. Geburtstag feiern konnte, einen der
schönsten Gothic-Thriller der 40er und 50er Dekade. Der Film ist zwar
nicht ganz so bekannt wie "Rebecca", "Das Haus der Lady Alquist" oder
"Weißer Oleander" - aber er kann sehr gut mit diesen Meisterwerken
mithalten. Wie "Rebecca" basiert der Film auf einem Roman von Daphne
duMaurier. Der damals 27 jährige Richard Burton gab in diesem Film sein
Filmdebüt und brachte es gleich auf eine Oscar-Nominierung. In den
Kategorien Kamera (Joseph LaShelle), Szenenbild (Lyle Wheeler, Walter
Scott und John deCuir) und Kostüme (Dorothy Jeakins und Charles Le
Maire) gabs weitere Nominierungen. Das Drehbuch wurde von Nunnally
Johnson geschrieben, der im Laufe seiner Karriere die Drehbücher vieler
Filmklassiker, darunter "Früchte des Zorns", "Wie angelt man sich einen
Millionär", "Gefährliche Begegnung" oder "Das dreckige Dutzend",
schrieb.
Gedreht wurde in Cornwell, wo die Geschichte auch spielt.
England, irgendwann im 19. Jahrhundert: Der kleine Philipp Ashley
(Nicholas Koster) verliert schon sehr jung seine Eltern und wächst daher
bei seinem Cousin Ambrose (John Sutton) auf, der ihn wie seinen eigenen
Sohn liebt. In der ersten Szene sieht man den Jungen mit Ambrose einen
Spaziergang machen. Dort sehen sie an einem Baum einen Mann, der frisch
gehängt wurde. Das Bild schreckt den kleinen Jungen sehr ab. Die Jahre
vergehen. Philipp ist inzwischen bald 25 Jahre alt und macht sich Sorgen
um den kranken Ambrose, dem die Luft in Cornwall nicht bekommt und der
deshalb aus gesundheitlichen Gründen eine Reise ins sonnige Italien
macht. Obwohl Philip seinen Vetter begleiten will, lehnt dieser ab, weil
sich jemand um das Haus und Anwesen kümmern muss. Viel Zeit verbringt
Philipp mit der hübschen Louise Kendall (Audrey Dalton). Nach einigen
spärlichen Briefen wird Philipp von der Nachricht überrascht, dass
Ambrose - obwohl eingefleischter Junggeselle - in Florenz spontan
geheiratet hat. Die Auserwählte ist die geheinmisvolle Rachel Sangaletti
(Olivia de Havilland), eine entfernte Verwandte. Dann werden die Briefe
sonderbarer. Zwei Briefe, mit zittriger Schrift geschrieben, geben
sogar extremen Anlass zur Sorge. Dort bittet Ambrose, dass Philipp ihn
dringend aus den Fängen seiner Gattin befreien solle. Er schreibt, dass
er krank und sicher sei, dass seine Frau ihm nach dem Leben trachte.
Nachbar Nick (Ronald Squire), der Vater von Louise, gibt zu bedenken,
dass Ambroses Vater einst an einem Hirntumor erkrankte und auch dieser
Brief den Eindruck mache, dass Ambrose nicht mehr bei Verstand sei.
Philip glaubt ihm nicht und reist umgehend nach Florenz ab. Doch er
kommt zu spät. Inzwischen ist Ambrose verstorben und seine Witwe bereits
abgereist. Von Rechtsanwalt Guido Rainaldi (George Dolenz) erfährt er,
dass Ambrose an einem Hirntumor verstorben ist. Die Todesursache wurde
auch von zwei Ärzten bestätigt. Zudem eröffnet ihm der Anwalt, dass
Ambrose seiner Frau testamentarisch nichts hinterlassen habe. Das
Anwesen in England und sämtliche sonstigen Besitztümer sollen am 25.
Geburtstag in Philips Besitz übergehen. Dennoch kreisen immer wieder
seine Gedanken an diese geheimnisvolle Frau und die vielleicht den Tod
von Ambrose verursacht hat. Dann bekommt er überraschend Besuch von
seiner Cousine Rachel. Überwältigt von ihrer Anmut und Schönheit
verfällt er dieser Frau...
Der Film bezieht seinen großen Reiz darin, dass auch der Zuschauer -
ähnlich wie Philipp - im Unklaren bleibt, was für ein Spiel Rachel
tatsächlich spielt. Ist sie völlig unschuldig oder aber hat sie mit dem
Ableben ihres Gattes doch etwas zu tun. Der Film ist darüberhinaus
wunderbar und edel bebildert und wie so oft gelingt der großen
wandlungsfähigen Olivia de Havilland eine großartige Darstellung.
Vielleicht nach "Die Erbin" von William Wyler ihre beste Darstellung
überhaupt. Denn hier in dieser Rolle als Rachel kann sie beide Facetten,
die sie völlig beherrscht, in einer Person zeigen. So erinnert ihre
Darstellung auch an ihre Doppelrolle in "Der schwarze Spiegel" von
Robert Siodmak. In diesem Thriller spielt sie ein Zwillingspaar, eine
edel und gut - die andere böse und niederträchtig. In "Rachel" finden
sich irgendwie beide Anteile oder besser gesagt es könnten beide
Charakterisierungen passen. Bis zuletzt und sogar noch nach Filmende
bleibt eine Filmfigur in Erinnerung, die ihre Geheimnisse hat und die
nicht so leicht greifbar ist.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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