Regie: Peter Greenaway
Entlarvung der Wirklichkeit durch die Kunst ?
Mit dem 1982 entstandenen ästhetischen Rätselspiel "Der Kontrakt des
Zeichners" konnte sich der britische Filmemacher Peter Greenaway, dessen
avantgardistische Filme bislang nur einer kleinen Fangemeinde bekannt
war, erstmals einem breiten Publikum präsentieren und die nahmen das
Werk mit einer ungewöhnlichen barocken Bildsprache auch begeistert auf.
Dem Regisseur gelang es spielend das Zeitkolorit des 17. Jahrhunderts
perfekt zu vermitteln - kein Wunder, denn die Verstärker, die er dazu
benutzten waren alle erstklassisch. Angefangen von der munteren und
bewusst schrägen Musik (u.a. Kastratengesang), die Michael Nyman auf der
Grundlage von sechs Liedern des zeitgenössischen Komponisten Henry
Purcell schrieb. Dabei setzte Greenaway bewusst auf grotesk übertriebene
Kostüme und Dekors, auch die Dialoge sind manieriert, schwülstig und
hochgestochen, genau wie der Sprachstil der Zeit. Greenaway war
begeistert von dieser Epoche auch wegen ihrer Vorliebe für enorme
Künstlichkeit und wegen der äusserst starren Regeln. Eingebettet sind
diese Elemente in ein intellektuelles Vexierspiel
Die Hauptfigur ist der eitle Maler Mr. Neville (Anthony Higgins), der im
Jahre 1694 auf dem idyllischen Landschitz Compton Anstey in der
südenglischen Grafschaft Wiltshir verweilt. Das Anwesen gehört Mr.
Herbert (Dave Hill) und seiner Frau Virginia (Janet Suzman). Auch die
Tochter der Herberts, Sarah Talmann (Anne-Louise Lambert) und deren
deutscher Ehemann Louis (Hugh Fraser) leben dort. Neben dem Verwalter
Thomas Noyes (Neil Cunningham) verrichten dort viele Dienstboten ihre
Arbeit.
In der ersten Szene lernt der Zuschauer den arroganten Neville aus dem
Gesprächen mit den Hausbewohnern kennen. Vor allem Mrs. Herbert und
Tochter Sarah versuchen mit reichlich Argumentation den Landschaftsmaler
für einen Auftrag zu gewinnen. Während der 14tägigen Abwesenheit des
Hausherrn wollen die beiden Damen Mr. Neville dafür gewinnen, dass er
zwölf Zeichnungen anfertigen soll, die verschiedene Aussenansichten des
Anwesens abbilden. Es soll ein überraschendes Geschenk an Mr. Herbert
sein, der die Zeichnungen nach seiner Reise erhalten soll. Damit will
Mrs. Herbert ein Stück weit auch die Ehe retten, denn ihr Gatte hat kein
großes Interesse mehr an ihr. Zunächst gibt Mr. Neville allen Angebote
eine deutliche Abfuhr, doch als Mrs. Herbert neben einen üppigen Honorar
auch noch bereit ist dem Maler sexuell gefügig zu sein, wird der
dreiste Vertrag aufgesetzt und Mr. Neville macht sich mit seiner
Staffelei und seinem Assistenten Philipp (Alastair G. Cumming) ans Werk.
Herbert hat mit seinem Pferd schon die Reise begonnen.
Als Perfektionist und Egozentriker muss alles nach seinen Vorgaben
geschehen. Die ersten 6 Zeichnungen sollen angefertigt werden, alle zwei
Stunden des Tages widmet er sich einer dieser Skizzen und er bestimmt,
dass er beim Malen nicht gestört wird - die Ansicht des Hauses muss in
dieser Zeit unter allen Umständen freigehalten werden und darf zwei
Stunden nicht verändert werden. Das sorgt für Verärgerung, denn Neville
schreckt auch nicht davor zurück die Hausherren selbst des Platzes zu
verweisen, wenn diese plötzlich dort auftauchen und die Ansicht und das
Blickfeld durch ihre plötzliche Anwesenheit verändern.
Ganz in seinem Eifer bemerkt er gar nicht, dass in den Zeichnungen
einige sonderbare Requisiten auftauchen. Was macht die aufgestellte
Leiter unter dem Fenster eines Zimmers im Obergeschoss ? Oder auf einem
anderen Bild ist ein Reitstiefel, auf einem weiteren die Kleidung des
abwesenden Hausherrn zu erkennen. Sogar Herberts Pferd taucht in einem
von Nevilles angefertigen Zeichnungen auf. Sonderbar...schließlich wird
die Befürchtung zur Gewissheit, denn Mr. Herbert wird tot in einem
Wassergraben gefunden.
Eigentlich hat auch jeder der Bewohner ein echtes Motiv, aber plötzlich
sieht sich auch Mr. Neville in Gefahr, denn auch er könnte in
Mordverdacht geraten...
"Der Kontrakt des Zeichners" ist mein Lieblingfilm von Greenaway,
vermutlich auch deshalb, weil mich gut gemachte Historienfilme schon
immer begeistert haben und dieser erste internationale Erfolg des Briten
ist ein echtes Meisterwerk. Ein Film, der totales Vergnügen bereitet
und sich bis heute als zeitlos gut erwiesen hat.
Peter Greenaway war vor allem in den 80ern populär und schuf 1989 mit
"Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" seinen
erfolgreichsten Film. Er veränderte in seinen Werken die Filmsprache und
verweigerte sich rational nachvollziehbaren Geschichten. Vor allem
setzte er durch diese Verweigerung auf dei Kraft der Bilder.
Ausdruckselemente anderer Kunstformen (Bildende Kunst, Architektur;
Kalligraphie) gab er immer ein großes Podium
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen