Montag, 16. April 2018

Ridicule - Von der Lächerlichkeit des Scheins







































Regie: Patrice Leconte

Gemeiner Spott...

Das erste Projekt zu der Sanierung der Sümpfe von Dombes wurde im Jahre 1793 durch den Nationalkonvent auf Anregung des Bürgers Gregoire Ponceludon, Wasserbauingenieur im Staatlichen Dienst, begonnen. Viele Jahre vorher versuchte der engagierte Mann vergeblich bei König Ludwig XVI für sein Projekt vorzusprechen, doch es gelang ihm nie. Stattdessen erntete er durch die Adligen in Versailles nur Hohn und Spott. Daher heißt Patrice Lecontes ambitonierter Historienfilm auch "Ridicule" - in Deutschland erhielt er den Zusatz "Von der Lächerlichkeit des Scheins.
Bei der Preisverleihung der Cesars im Jahr 1997 gewann der Film vier Auszeichnungen: Bester Film, Bester Regisseur Patrice Leconte, beste Kostüme und beste Art Direction. Für acht weitere Kategorien gabs Nominierungen: Hauptdarsteller Charles Berling, die Nebendarsteller Bernard Giraudeu und Jean Rocheford, bestes Drehbuch, beste Filmmusik, bester Schnitt, bester Ton und als bester Kameramann Thierry Arbogast.
Der 1996 inszenierte Film spielt im Jahr 1780 - am  frühen Vorabend der französischen Revolution - und gibt einen tiefen Einblick in das dekadente Treiben der Adligen am spätabsolutistischen Hof des Königs. Der sucht sich die Menschen seiner unmittelbaren Umgebung immer selbst aus und keiner kommt so schnell in den Genuß die Bekanntschaft mit seiner Majestät zu machen. Da muss man schon sehr, sehr gute Beziehung zum Hof haben und es ist in dieser erlauchten Gesellschaft unbedingt erforderlich, dass man einen exzellenten Eindruck hinterlässt - man muss in der Regel seine Schlagfertigkeit beweisen können, denn ein Bonmot gilt als Zeichen von Geist und die Adligen wissen diese witzigen Einfälle der Sprache, die Geistesblitze im Dialog, pikante Anspielungen und Wortspiele, Maximen und Parodoxa sehr zu schätzen. Diese geistreiche Bemerkung im Gespräch ist unerlässlich in diesen anspruchsvollen Kreisen.
Der junge, aber nicht sehr vermögende Adlige Marquis Gregoire Ponceludon de Malavoy (Charles Berling) hat ein Gut im ostfranzösischen Dombes, inmitten einer Sumpflandschaft. Dort herrscht große Armut und die Bevölkerung ist von vielen Mücken geplagt, die in dieser Vielzahl Krankheiten verbreiten - viele Menschen streben dort, auch Kinder. Ponceludon zählt zu den wenigen Adligen, die sich auch um die Armen sorgen - so entscheidet er nach Versailles zu reiten. Er will sich dort vom König Unterstützung holen, um die Sümpfe endlich trockenzulegen. Kein leichtes Unterfangen - denn der König (Urbain Cancellier) ist sehr gut abgeschirmt, nur die engsten Vertrauten haben persönlichen Kontakt mit ihm.
Kurz vor Versailles wird Ponceludon ausgeraubt und zusammengeschlagen. Er wird von Marquis de Bellegard (Jean Rocheford), einem adligen Arzt gefunden und gesund gepflegt. Dort lernt er auch dessen selbstbewusste Tochter Mathilde (Judith Godreche) kennen, die vorhat - wegen des Geldes und der Unabhängigkeit - einen sehr alten vermögenden Adligen zu heiraten. De Bellegard nimmt Ponceludon unter seine Fittiche, denn er weiß wie man dem König näher und näher kommen und dann vielleicht auch eine Audienz bekommen kann.
Man sucht gemeinsam die Partys und Zusammenkünfte der Adligen auf, dort lernt er auch den gerissenen Abbe de Villecourt (Bernard Giraudeau) und dessen attraktive Geliebte Madame de Blayac (Fanny Ardant) kennen. Der Abbe ist ein Meister der Bonmots und Ponceludon wird zunächst Zielscheibe seiner subtilen anber boshaften Anspielungen, die Ponceludons provinziellen Hintergrund in der Fokus rücken. Bald bemerkt der junge Landadlige wie korrupt und hohl es in Versailles tatsächlich zugeht. Die große Chance kommt aber, denn er geht ein Verhältnis mit Madame de Blayac ein, obwohl er in Mathilde verliebt ist. Durch diese Liason bekommt er tatsächlich sein Vorsprechen beim König, doch es kommt nie dazu. Ein Duell macht alle Anstrengung zunichte...




"Ridicule" ist ein aussergewöhnlicher Historienfilm, der durch seine originelle handlung besticht. In der Filmographie von Regisseur Patrice Leconte ist "Ridicule" neben "Die Verlobung des Monsieur Hire" das herausragende Meisterwerk und ein geniales Zeit- und Sittengemälde über eine Ära, die bald dem Untergang geweiht ist, weil eine Wende gemacht werden muss. Ein bisschen sind auch schon die Vorboten der französischen Revolution spürbar, etwa dann wenn Leconte dem Zuschauer diese beiden voneinander völlig abgetrennten Lebensläufe "Adel" und "Arme" präsentiert.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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