Der Agitator...
Von Roger Cormans "Weißer Terror", der war mir bislang unbekannt
war, bin ich auf Anhieb begeistert und ich habe den Eindruck jetzt
endlich einen wichtigen US-Filmklassiker neu für mich entdeckt zu
haben. Der Film über Rassismus im ländlichen Süden der USA entstand
1962 und hat eine Sonderstellung im Werk von Corman, dem Meister des
B-Pictures. Cormans bekanntesten Filme sind die stilvollen Edgar Allen
Poe Verfilmungen wie "Die Verfluchten", "Grab der Lygeia", "Lebendig
begraben", "Pendel des Todes", "Folterkammer des Hexenjägers", "Der
Rabe" oder "Satanas".
Der Film spielt in den frühen 60er
Jahren, als das Gesetz der Vereingten Staaten endlich den Grundsatz
"Separate but equal" kippte, der zwar "getrennt, aber gleich"
suggerierte, in Wahrheit aber ein unrühmliches Kapitel der US-Südstaaten
im alltäglichen Rassismus darstellte.
Diesem Grundsatz
zufolge wurden für weiße und schwarze Amerikaner in vielen Bereichen des
Lebens vergleichbare Einrichtungen oder Dienstleistungen zur Verfügung
gestellt, die jedoch hinsichtlich ihrer Nutzung strikt nach der
Hautfarbe getrennt waren, was als Ausprägung einer Politik der
Segretation gilt. Die Bürgerrechtsbewegungen der 50er und 60er hatten
dann zur Folge, dass die Rassentrennung in öffentlichen Schulen in allen
Bundesstaaten 1954 als verfassungswidrig erklärt wurde. Offiziell war
er abgeschafft, aber die Umsetzung - vor allem in den durch die
Geschichte der Sklavenhaltung noch stark geprägtem Süden - war schwierig
und lösten Gewaltwellen und vor allem "Weißer Terrror" aus.
In
Cormans Film kommt eine Fremder (William Shatner) mit dem Bus in die
kleine fiktive Stadt im Süden von Caxton. Er gibt vor, dass er sich
beruflich um "Soziale Intergration" kümmert und interviewt sehr
unauffällig die Leute in dieser Kleinstadt, was sie davon halten, dass
am morgigen Tag erstmalig 10 Dunkelhäutige die Schule der Weißen
betreten und dort unterrichtet werden. Zu diesen mutigen Vorreitern
gehört der junge, begabte Joey Greene (Charles Barnes), dessen Eltern
mit Angst diesen Tag entgegensehen. Man weiß ja nicht, wie die Weißen
auf dieses neu Gesetz reagieren. Und die sind in der Mehrheit auch
negativ eingestellt und befürworten nach wie vor die Rassentrennung -
nicht nur in der Highschool. Der Fremde, der Adam Cramer heißt, weiß mit
Raffinesse einflussreiche Stadtväter wie Verne Shipman (Robert Emhardt)
für seine niederen Zwecke zu gewinnen, denn er ist in die Stadt
gekommen und reichlich Stimmung gegen die Schwarzen zu machen. In einer
manipulationen und demagogischen Rede vor der Town Hall der Stadt heizt
er den Mob auf, indem er auch noch behauptet, dass Kommunisten und Juden
in Washington die Rassengesetze aufheben wollen und die Politik
beeinflussen. Im Taumel des Hasses, der sich breit macht, werden beinahe
noch schwarze Pasanten gelyncht. Tom McDaniel, er Chefredakteur der
Zeitung (Frank Maxwell) stellt sich gegen den Mob, wird aber sehr
schnell ebenfalls vom zornigen Mob zum Feind erklärt. Während es sich
immer mehr aufheizt, bandelt Cramer mit McDaniels Tochter Ella (Beverly
Bunsford) an und verführt die Frau (Jeanne Cooper) seines Zimmernachbarn
Sam Griffin (Leo Gordon)...
und
dieser hat dann sogar die beste Szene im Film, als er den
charismatischen Seelenverkäufer zur Rede stellt, ihn mit seinen Lügen
als Feigling völlig durchschaut und ihm so sein wahres Gesicht
widerspiegelt. In diesem einen Moment ist der "Eindringling" gedemütigt,
doch er macht weiter und es ist am Ende wieder dem Handelsvertreter
Griffin zu verdanken, dass die Dynamik in der Stadt sich nicht ganz zur
Katastrophe wendet. Cormans Film ist grandios aufgebaut, die
Schwarz-Weiß Kamera von Taylor Byars setzt uns mitten ins Geschehen und
man kann die Entwicklung in diesem kleinen Kaff kaum fassen - aber
genauso wie hier gezeigt funktionieren solche Agitationen. Er muss nur
rhetorisch gut sein - die Drecksarbeit erledigt dann der kleine Mann.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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