Regie: Milos Forman
Tristesse in Zruc...
Mit den beiden
Regieoscars für "Einer flog übers Kuckucksnest" und "Amadeus" schrieb
der tschechische Regisseur Milos Forman nicht nur Oscargeschichte,
sondern er schuf zwei unvergessene Filmklassiker. In den 60er Jahren
wurde er mit seinen nationalen Filmen auch ausserhalb der
Tschechoslowakei bekannt. In dieser Zeit begann sich die Filmwelt auch
vermehrt für den osteuropäischen Film zu interessieren. Die
Liberalisierung des sozialistischen Regimens in der CSSR und die
Aufhebung der Zensur erlaubte es den dortigen Filmemachern auch
gesellschaftskritische Themen anzupacken. "Die Liebe einer Blondine" ist
eines dieser innovativen Werke und wurde dementsprechend auch
international mit Preisen geehrt. Bei der Academy Award Vergabe für den
besten Auslandsfilm 1967 musste sich Formans Film nur von dem
französichen Beitrag "Ein Mann und eine Frau" von Claude Lelouch
geschlagen geben.
Forman drehte mit
seinem Debütfilm "Der schwarze Peter" und dem 1967 entstandenen "Der
Feuerwehrball" zwei weitere kleine Meisterwerke in seinem Heimatland,
bevor der Prager Frühling kam und er in Paris seinen ersten US-Film
vertraglich klar machen wollte. Sein tschechisches Studio warf ihm vor,
sein Land illegal verlassen zu haben und zwang den Filmemacher dazu zu
emigrieren.
Die Geschichte
spielt in der Stadt Zruc, die in der ländlichen Tschechoslowakei liegt.
Der Leiter einer Fabrik (Josef Kolb) versucht in der ersten Szene die
Funktionäre und das Militär davon zu überzeugen, dass seine vielen
jungen Arbeiterinnen auch mal ein bisschen Abwechslung und Vergnügen
nach der harten Arbeit brauchen. Es herrscht seit der Einberufung der
einheimischen Jungs Männermangel im Städtchen und die Arbeiterinnen
bleiben dann nicht lange. Er erreicht es, dass in Zruc eine Garnison
errichtet wird. Doch statt kanckigen jungen Kerlen wird diese mit etwas
älteren Reservisten belegt. Bei ersten Tanzabend sind die Freundinnen
Andula (Hana Brejchova), Marie (Marie Salacova) und Jana (Jana Novakova)
auch dementsprechend gelangweilt. Sie sind aber immerhin von den drei
älteren Soldaten Vacovsky (Vladimir Mensic), Manas (Ivan Kheil) und
Burda (Jiri Hruby) schon bemerkt worden. Die drei Männer wollen die drei
jungen Girls anbaggern und das gelingt am besten mit Spendierhosen. So
instruieren sie den Kellner Wein an den Tisch der drei Grazien zu
bringen. Der verwechselt zuerst die Damen und serviert an einen anderen
Tisch mit deutlich älteren Frauen. Doch nach der Korrektur sitzt man
bald zu Sechst am Tisch und kommt sich zumindest ein bisschen näher. Als
Andula kurz raus geht, fängt der junge Pianist Milda (Vladimir Pucholt)
mit ihr zum Flirten an und durch sein Geschick verlässt sie die
Tischgruppe und verbringt stattdessen die Nacht mit dem Musiker. Am
Morgen verabschieden sie sich voneinander und Milda lädt das Mädchen ein
ihn irgendwann in Prag zu besuchen. Dann verschwindet er. Nachdem
Andula mit ihrem Freund Tonda (Antonin Blazejovsky) Krach hat,
entschließt sie sich tatsächlich nach Prag zu fahren, denn sie hat sich
in Milda verliebt. Sie trifft aber bei der Adresse, die er ihr angab,
lediglich die Eltern (Milada Jezkova, Josef Sebanek) an, die aber gar
nicht begeistert davon sind, dass ein Mädchen mit Koffer bei ihnen
klingelt...
Der Film gefällt
durch einen leisen Humor und ist handwerklich perfekt gemacht, weil er
trotzdem einen starken dokumentarischen Touch pflegt. Forman beobachtet
in "Die Liebe einer Blondine" das Kleinbürgermilieu exakt und dies sorgt
für einen starken Realismus seines Films. Dabei sind es oberflächlich
gesehen ganz alltägliche banale Dinge, die er hier porträtiert. Es wirkt
zuerst etwas belustigend, aber übgeordnet bemerkt man auch die Liebe
des Regisseurs zu seinen Figuren und seiner Geschichte. "Die Liebe einer
Blondine" entstand 1965 und ist zwar ein Kind seiner Zeit, aber auch
eine gelungene Zeitreise für den Zuschauer in ein vergangenes Jahrzehnt,
ja sogar in ein anderes System. Dennoch sind die Empfindungen der
Menschen überall gleich und diese Zeitreise lässt auch erkennen, dass in
dieser Dekade auch ein großer Aufbruch der Jugend stattfand, die die
Moralvorstellungen der Eltern und Großeltern nicht mehr teilen wollten.
Darüberhinaus ist "Die Liebe einer Blondine" von einer betörend schönen
Leichtigkeit.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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