Donnerstag, 3. Oktober 2019

Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford







































Regie: Andrew Dominik

Brilliantes Autorenkino...

Zugegeben: Das Rad des Westerns wird mit "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" nicht neu erfunden. So sehr der Film mit seinen 160 Minuten Epos ist, ein Edelwestern ist er nicht, eher ein dreckiger Vertreter seines Genres.
Diese zweite Arbeit des Neuseeländers Andrew Dominik hat weder die Action und das Tempo der Duellpartner von "Todeszug nach Yuma", noch die aufreibende Jäger und Gejagte Story in "Seraphim Falls".
Die beiden Gegenspieler in "Jesse James" liefern sich eher ein ruhiges Katz- und Mausspiel mit viel Psychologie, bei dem sich dann am Ende die Vollstreckung als Ausweg oder Erlösungsmöglichkeit von der Abhängigkeit anbietet.
Erzählt wird die uralte Geschichte um Mythen und Legenden, wie wir sie aus "Wyatt Earp" oder "Liberty Valence" kennen.
Die Quintessenz fällt aber sehr gallig und bedrückend aus.
Robert Ford (Casey Affleck) ist ein etwas naiver, nicht besonders intelligenter junger Möchtegern-Westernheld, der schon als Kind genau so ein Held wie sein verehrter Jesse James (Brad Pitt) sein wollte: Diese verehrte Legende, die schon zu Lebzeiten nicht nur gefürchtet, sondern auch als eine Art Robin Hood des wilden Westens (fälschlicherweise) gefeiert wurde.
Der junge Ford ist so einer der anfällig für diese verzerrte Verklärung ist. In Wirklichkeit ist Jesse James ein misstrauischer, unberechenbarer, depressiver Killer ohne Freunde, der ständig auf der Flucht lebt.
Da die meisten Gangmitglieder tot oder gefasst sind, heuern er und sein älterer Bruder Frank (Sam Shepard) neue Gefolgsleute für kommende Überfälle an, einer dieser Anwärter ist der klebrige Robert Ford.






Was dann folgt ist ein Abgesang auf den alten Westen, nichts ist so wie es scheint oder sein soll: Der junge Robert muss sich langsam aber sicher von seinem Helden- und Idolbild verabschieden. Mehr noch: Fast scheint es so, dass die grenzenlose Bewunderung immer mehr in Hass, auch Selbsthass, umschlägt. Die Ermordung der Ikone scheint unausweichlich.
Grandios sind die Darstellerleistungen der beiden Männer. Brad Pitt hat endlich wieder ne gute Rolle, aber Casey Affleck spielt einfach göttlich.
In wunderbaren, traumhaften Bildern inszeniert, spröde Landschaften, die auch die Menschen irgendwie morbide macht. Der meditative soundtrack von Nick Cave entfaltet sich zu einem der besten Scores der letzten Jahre. Der Film ist sehr ruhig und lässt sich Zeit, die Figuren zu entwickeln. Dazu fährt er relativ lange Szenen mit prägnanten Dialogen auf. Das alles hat mich sehr stark an den Altman-Klassiker "MacCabe und Mrs. Miller" erinnert, auch ein Peckinpah oder Walter Hill Touch schwingt mit. Die durchgehend melancholisch bis elegische Grundstimmung des Films war auch sicherlich das Manko an der Kinokasse. Man hat da vielleicht mit einem Megastar wie Brad Pitt wahrscheinlich mehr oberflächliches Mainstreamkino erwartet. Die Kritiken des Films waren dann ja auch zuerst verhalten bis vernichtend. Umso erfreulicher ist es, wenn man die Mehrheit der Rezensionen hier liest, dass sie eher positiv bis euphorisch ausfallen, was auch eindrücklich zeigt, dass der Film sich sehr schnell einen grossen Stellenwert bei Cineasten erspielen wird.
Das wird ganz klar ein Klassiker....






Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen