Regie: Rainer Werner Fassbinder
Rainer Werner Fassbinders "Faustrecht der Freiheit" entstand
1974 und wurde wie auch "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" oder
"Angst essen Seele auf" von Tango Film produziert. In dieser Zeit war
dem kontroversen Regisseur ein Maximum an öffentlicher Aufmerksamkeit
gewiss, die er unter anderem auch seinem TV-Skandal von 1972
"Wildwechsel" zu verdanken hatte. Auch "Faustrecht der Freiheit" war in
seiner Entstehungszeit voller Brisanz, denn die Hauptfigur des Films war
ein Schausteller, der seine Homosexualität offen auslebt. Dieser Franz
Bieberkopf (von Fassbinder selbst gespielt) nennt sich "Fox, der tönende
Kopf" und arbeitet als Schausteller auf dem Jahrmarkt. Mit seinem Chef
Klaus (Karl Scheyd) hat er eine Beziehung und dementsprechend
hart trifft ihn die Tatsache, dass dieser bei laufendem Betrieb von der
Polizei verhaftet wird und für längere Zeit in den Knast wandert. Damit
verliert der naive, gutmütige Franz sowohl den Lebenspartner als auch
den Arbeitsplatz. Aber er hat im Gefühl, dass er im Lotto gewinnen wird.
Aber Geld um den Schein abzugeben hat er nicht. So versucht er als
Stricher auf einer Klappe sein Glück und lernt den Antiquitätenhändler
Max (Karlheinz Böhm) kennen. Tatsächlich gewinnt Franz stolze 500.000 DM
im Lotto und kommt so in die besseren Kreise der münchner
Schwulenszene. Er lernt durch Max den jungen Unternehmersohn Eugen
(Peter Chatel) kennen, der mit Philipp (Harry Baer) befreundet ist. Aus
der anfänglichen Ablehnung von Eugen wird eine Affäre, die von Eugen
auch mit dem Hintergedanken geführt wird, dass mit dem Geld seines neues
Freundes auch die Druckerei, ein marodes Unternehmen seiner Eltern
(Adrian Hoven, Ulla Jacobsen) vor dem drohenden Bankrott gerettet werden
könnte. Eine luxuriöse Wohnung muss natürlich auch sein - so blättert
Franz insgesamt 84.000 DM allein in die Ausstattung des neues Dominzils,
allesamt von Max organisiert. Eugen macht es sich auch zur Aufgabe
seinem neuen ungehobelten Freund Manieren beizubringen, damit dieser
sich sicher in der High Society bewegen kann und man sich nicht für ihn
schämen muss, was oft der Fall ist. Doch die Beziehung ist zum Scheitern
verurteilt, das Geld ist weg und am Ende liegt Franz leblos in der
U-Bahn Unterführung Marienhof. Kinder rauben dem Leichnam das letzte
Geld aus der Hosentasche. Max und Eugen kommt zufällig dort vorbei und
entdecken den Leichnam, entscheiden sich aber schnell zu verschwinden,
um nicht in die Geschichte verwickelt zu werden...
Eine
sehr schwarze Komödie, die mit einigen Überzeichnungen daherkommt. Der
Reiz des Films liegt in seiner Balance zwischen melodramatischem
Verliererepos und dem Bruch geselschaftlicher Tabus, was aus heutiger
Sicht nicht mehr ganz sichtbar ist. Aber zur Zeit seiner Entstehung war
es sehr mutig und provokativ einen Film mit einer schwulen Hauptfigur zu
machen, denn das Verständnis für Männer, die Männer lieben, war noch
nicht allzu hoch. So ist "Faustrecht der Freiheit" ebenso wie der drei
Jahre später entstandene "Die Konsequenz" von Wolfgang Petersen eine Art
Pionierarbeit im Genre des Gayfilm. Anders als Petersen, der seinen
Film als Plädoyer für Toleranz angelegt hat und sein Thema stark
emotional präsentiert, ist Fassbinder zumindest in diesem Bereich schon
ein Stück weiter und mutiger. Er ist nicht interessiert daran seinen
Franz in einer homphoben Umgebung zu zeigen, sondern die Neigung und
auch die Beziehung wird als ganz normal gezeigt (für die 70er eine sehr
radikale Entscheidung) - Franzs Feinde sind eher in der eigenen
Subkultur zu finden. Fassbinder interessiert sich ausschliesslich für
die Ausbeutung von Gefühlen und der Einfluss des Geldes auf die
Gefühlswelt . Dabei sind die Figuren seiner Geschichte zwar immer ein
bisschen überzeichnet dargestellt, aber er lotet auch immer wieder die
Liebesgeschichte an der richtigen Stelle aus, so sind seine Figuren zwar
mit Klischees besetzt, aber nie im einseitigen "Gut" und "Böse" Schema
zu finden und sind bei näherer Betrachtung reich an vielschichtigen
Nuancen. Allerdings ist das Ende sehr bitter - mit dem Tod in der U-Bahn
Unterführung zeigt Fassbinder radikal wie alleine der Mensch doch sein
kann.
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten.
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