Donnerstag, 23. April 2020

Loveless







































Regie:  Andrej Swjaginzew

Ein Junge verschwindet...

Der russische Filmregisseur Andrey Petrovich Swjaginzew in Nowosibirsk wurde am 6. Februar 1964 geboren und seine Kinofilme entfalten immer eine elementare Wucht. Sein Film "Die Rückkehr" brachte ihm 2004 bei den Filmfestspielen in Venedig einen Goldenen Löwen ein, ausserdem gab es eine Auszeichnung bei dem Europäischen Filmpreis. "Leviathan" aus dem Jahr 2014 wurde für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert, unterlag jedoch dem polnischen Film "Ida" von Pawel Pawlikowski, erhielt aber den Golden Globe in der gleichen Kategorie. Bei den europäischen Filmpreisen bekam "Leviathan" vier Nominierungen. Auch "Loveless" - sein Film aus dem Jahr 2017 - setzte diese Erfolgsserie fort und erhielt erneut eine Oscarnominierung als bester ausländischer Film und wurde in drei Kategorien für den europäischen Filmpreis vorgeschlagen. Bei den internationalen Filmfestspielen in Cannes erhielt "Loveless" den Preis der Jury.
In "Loveless" geht es wie der Name des Films schon verrät um die Lieblosigkeit in unserer Zeit. Kritiker sehen bei den Filmen von Swjaginzev zwar immer einen sehr kritischen Bezug zur russischen Gesellschaft, dennoch kann man seine Werke als allgemeine Bestandsaufnahme unserer Zeit deuten.
Wie immer braucht es nicht sehr viele Figuren, dass sein Film voll zur Wirkung kommt und wie so oft spielt die Geschichte in einer Umgebung, die von Tristesse geprägt ist. Irgendwo in den Vorstädten von Leningrad spielt sich das menschliche Drama ab.
Die erste Szene zeigt einen Jungen (Matvei Novikov), der die Schule verlässt, um nach Hause zu kommen. Seine Eltern Zhenya (Maryana Spivak) und Boris (Alexej Rozin) lassen sich scheiden. Die beiden haben sich auseinandergelebt und begegnen sich sogar in Anwesenheit ihres Jungen Alyosha mit Hass und Feindseligkeit. Der Junge hört mit, wenn die beiden am Abend streiten und wenn so böse Sätze fallen "ich hätte damals das Kind abtreiben sollen" oder "nimm du ihn doch mit Dir". Der Junge ist traurig, aber seine Gefühlsregungen werden von beiden als Schwäche abgetan "ein Junge weint doch nicht" und die Mutter behandelt ihren Jungen als neue Mieter das Haus besichtigen wollen fast wie Luft. Zhenya hat längst eine neue Beziehung zu ihrem neuen Freund Anton (Andriss Keiss) und fühlt sich endlich glücklich, was sie in ihrer Ehe nie war. Auch Boris ist liiert und seine Freundin Masha (Marina Vasilyeva) ist schon schwanger. Die junge Frau hat aber auch heimliche Ängste, dass sie von Boris irgendwann mal verlassen werden könnte - trotz Kind. Schließlich bekommt sie ja das ganze Hickhack des Rosenkriegs auch mit. Eines Tages verschwindet der Junge, was aber erst am anderen Tag bemerkt wird. Die Polizei schaltet sich ein, doch der Beamte (Sergej Borsiow) behandelt den Fall eher halbherzig. Immerhin gibts eine Einheit, die bei Vermisstenfällen hilft und der dortige Koordinator Ivan (Alexej Fateev) legt sich engagiert ins Zeug. Doch die Suche bleibt erfolglos...




Am Ende zeigt uns Swjaginzev die Straße mit dem Baum, an dem immer noch das Vermisstenbild von Alyosha hängt. Sozusagen der letzte überlebende Überrest seiner Existenz. Spurlos verschwunden - die Eltern müssen mit der Schuld leben, dass ihr eigenes Kind immer nur unerwünscht war und sie ihn stets vernachlässigt haben. Die eigenen Bedürfnisse haben sich letztendlich durchgesetzt und keiner der beiden Elternteile wollte für das Kind irgendeine Verantwortung übernehmen...geschweige denn so etwas wie Liebe. Ein sehr trauriger Film, der erneut das große Können dieses russischen Ausnahmeregisseurs beweist. Der Film hält jedem Zuschauer einen Spiegel vor und zeigt eindrücklich eine tief verwurzelte Pathologie unserer Gesellschaft und unserer Zeit. Nicht nur die Familie ist zerfallen, auch der Einzelne lebt das Prinzip vom großen Egoismus.






Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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