Sonntag, 28. Juli 2019
Madame De...
Regie: Max Ophüls
Die Ohrringe von Madame...
Madame de …"ist eine französisch-Italienische Coproduktion aus dem Jahr 1953, Regie führte der deutsch-französische Filmregisseur Max Ophüls. Der Film ist eine Adaption der gleichnamigen Novelle von Louise de Vilmorin. Dabei ist die Kameratechnik äusserst dynamisch geprägt, es wirkt als wäre die Kamera immer genauso in Bewegung wie die Filmfiguren.
Das Werk ist sowohl Kostümfilm, Liebesdrama als auch Gesellschaftsportrait einer vergangenen Epoche, die Zeit vor einem ganzen Jahrhundert wird wieder lebendig. Die Geschichte spielt in Wien und Hauptfiguren sind die Diamantohrringe von Madame Louise (Danielle Darrieux), die sie heimlich an ihren Juwelier verkauft, da sie dringend Geld braucht. Der Mann der verwöhnten Frau ist ein angesehener General names Andre (Charles Boyer), der davon nichts wissen darf, weil es sich bei dem Schmuckstück ja um sein damaliges Hochzeitsgeschenk an seine Frau handelt.
Die beiden schlafen in getrennten Betten und Andre hat Affären. Louise versucht das Verschwinden der Ohrringe so zu verkaufen, als hätte sie diese in der Oper verloren. Da möglichst viele Bekannte aus der guten Gesellschaft von diesem Verlust erfahren, kommt auch gleich das Gerede dazu, dass die Klunker möglicherweise auch gestohlen wurden. Um nicht in die Affäre hineingezogen zu werden, gesteht der Juwelier dem General den Verkauf des Schmucks durch Louise.
Dieser kauft die Ohrringe zurück und verschenkt sie seiner Geliebten, die nach Konstantinopel reist. Dort wandert der Schmuck in den Besitz von Baron Fabrizio Donati (Vittorio de Sica), einem Diplomaten. Dieser bemerkt die attraktive Louise am Bahnhof, die Begegnung bleibt nicht bei diesem einen interessierten Blick, der Ewigkeiten dauert. Das Schicksal will es, dass Louise und Fabrizio eine Affäre beginnen, damit geht der Besitz der Ohrringe als Geschenk an Louise zurück...
"Madame de" ist eine sehr elegante Dreiecksgeschichte, die aus heutiger Sicht herrlich altmodisch wirkt. Dazu kommt eine extrem gute Bebilderung des absurden Theaters, das ganz oberflächlich fast wie eine Verwechslungskomödie anmutet, jedoch in der Tiefe spielt sich eine elementare Ernsthaftigkeit ab, die den Zuschauer durchaus für das morbide Aristokratenmilieu faszinieren lässt.
Der Film, der den Untergang einer Epoche in eine neue Zeit zeigt, schildert auch den tragischen Untergang einer großen Liebe.
Schauspielerisch überzeugen die drei Darsteller vor allem durch ihr nuancenreiches Spiel.
Ein leider beinahe schon vergessener Filmklassiker, der den Filmklassiker-Fan sicherlich begeistern dürfte.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
Das Gesicht
Künstler, Gaukler, Magier, Hexen und andere Akteure....
Das Gesicht" entstand 1958, somit in einer der stärksten Schaffensphasen von Bergman, kurz nach "Das siebente Siegel" sowie "Wilde Erdbeeren" und kurz vor "Jungfrauenquelle" oder "Wie in einem Spiegel".
Für mich persönlich seine stärkste Phase, auch wenn er danach noch viele wunderbare Filme und Meisterwerke drehen konnte.
"Das Gesicht" wird jedoch rückwirkend - selbst bei den Bergman Fans - in der Gunst eher vernachlässigt.
Ingesamt wird der Stil und das Tempo des Films als uneinheitlich kritisiert. Man bedauerte auch, dass Bergman in diesem Film die zwei Widersprüche Wissenschaft und (Aber)glaube streiten lässt, aber für keine der Seiten eine klare Stellung bezieht.
So landete "Das Gesicht" leider in der Schublade als dieses nicht ganz geglückte Zwischenspiel, als Art lockeres Intermezzo des grossen Filmemachers zwischen seinen Frühwerken und seinem reifen Spätwerk.
Ich persönlich liebe diesen Film sehr und er ist einer meiner erklärten Bergman-Lieblinge.
Möglich aber, dass die Genialität dieses Films sich erst bei einem zweiten Anlauf erschliesst. Das Gesicht balanciert gekonnt zwischen einer düsteren Schwere und einer Art Schwerelosigkeit.
Wer dann zusätzlich noch ein Faible für eine erlesene s/w Kamera-Arbeit (Gunnar Fischer) mit durchweg wunderschönen, düsteren und melancholischen Bildkompositionen hat, die es versteht eine Zeit vor etwas mehr als 150 Jahren wieder aufleben zu lassen, der wird sehr schnell von diesem Film gefesselt sein.
1846...in den Wäldern, kurz vor Stockholm, befindet sich eine sonderbare 5-köpfige Reisegesellschaft mit der Kutsche auf dem Weg dorthin. Zu diesem magnetischen Heiltheater gehört der Arzt und Magier Dr. Emmanuel Vogler (Max von Sydow), ein Mann, der sich in der Öffentlichkeit als stumm ausgibt und mit falschem Bart und Perücke reist. Seine Frau (Ingrid Thulin), die sich Mann verkleidet und sich Herr Amann nennt..sowie die hexenartige Grossmutter Vogler (Naima Wifstrand), der lebenslustige, vitale Tubal (Aka Fridell) und der junge Kutscher Simon (Lars Ekborn).
Im Wald finden sie einen totkranken Mann, den Schauspieler Johan (Bengt Ekerot).
In Stockholm angekommen werden sie auf Geheiss des Polizeipräsidenten (Toivo Pavlo) ins Haus des Konsul Egermann (Erland Johansson) geführt, wo sie von den beiden Herren und dem Naturwissenschafter Dr. Vergerus (Gunnar Björnstrand) erwartet werden.
Voglers Heiltheater gastierte in weiten Teilen Europas und er hat sich in seiner Zeit durch seine umstrittenen Heilmethoden einen nicht durchweg positiven Ruf geschaffen. Für viele aufgeklärte Menschen gilt er als Scharlatan oder elender Schwindler, der sich an der Not der Menschen bereichert.
Tatsächlich verkauft Grossmutter Vogler auch alle Arten von Heilmittel.
Egermann und seine Frau sind überzeugt davon, dass es Menschen mit besonderen Fähigkeiten gibt. Heilungen, die sich nicht wissenschaftlich erklären lassen. Der Wissenschafter und der Polizeipräsident lassen diese Möglichkeit in ihrem Denken nicht mehr zu. So läuft heimlich diese Wette, um Dr. Vogler als Betrüger zu entlarven. Man zwingt Vogler am nächsten Morgen eine Privatvorstellung zu geben...aber vorerst beginnt die Nacht. Die Vogler Gruppe lernt das Küchenpersonal, u.a. die Magd Sara (Bibi Andersson) oder Köchin Sofia (Sif Ruud) kennen und es wird eine Nacht verschiedenster Begegnungen...
Es dreht sich alles um die Themen Rationalität und Irrationalität, Wissen vs. Glaube aber auch um die Kunst und die Wahrnehmung von Künstlern in der Öffentlichkeit, vor 150 Jahren in der Gestalt dieser Gauklertruppe oder durch den sterbenskranken Schauspieler im Wald.
Die fahrende Gruppe wird gezwungen, ihre künstlerische Existenzberechtigung zu beweisen, sich gegenüber den rationalisierten wirtschaftlichen und politischen Strukturen und ihren Vertretern zu behaupten. Mit Magie....ein wahrhaft magischer Fim der Spitzenklasse.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
Einen Sommer lang
Erinnerungen an die erste Liebe...
Es
lohnt sich sehr, sich mit dem Frühwerk des schwedischen Filmregisseurs Ingmar
Bergman auseinanderzusetzen, der beste Beweis liefert dafür sein 1951
entstandener Liebesfilm "Einen Sommer lang" (Orignal "Sommarlek), den Bergman
als einen seiner wichtigsten Werke bezeichnete, denn in diesem Film - so seine
Aussage - fand er zum ersten Mal zu seinem eigenen Stil "„Ich
wußte plötzlich, daß ich die Kamera an die richtige Stelle stellte, daß ich die
richtigen Ergebnisse bekam, daß die Dinge stimmten". Der Film beginnt inmitten
der Proben zu "Schwanensee". Die 29jährige Marie (Maj-Britt Nilsson) ist die
Primaballerina. Die Frau ist inzwischen zu einem Star geworden, doch sie ist für
ihre Mitmenschen eher der introvertierte und verschlossen Typ. Sie wirkt
emotional distanziert. Jemand hat der Frau unerwartet das Tagebuch ihrer ersten
Liebe geschickt, der Junge hieß Henrik (Birger Malmsten) und kam in den letzten
Tagen ihres gemeinsamen Sommers vor 13 Jahren unter tragischen Umständen ums
Leben. Sie lernte damals den verliebten Studenten, der immer mit seinem Hund
unterwegs war, bei einem Besuch ihrer Tante Elisabeth (Renee Björling) und Onkel
Erland (Georg Funkquist) kennen. Da die Generalprobe an diesem Tag wegen eines
technischen Problems auf den Abend verschoben wird, hat die junge Frau Zeit das
Boot auf die Insel zu nehmen, wo sich alles einen Sommer lang abspielte. Sie
erinnert sich dabei an die spielerische und unbeschwerte Zeit dieser ersten
Liebe, die die schönste zeit ihres Lebens war. In der Folgezeit erlag sie zuerst
der Trauer und sie lernte es sich abzuschotten und so dem eigentlichen leben aus
dem Weg zu gehen. Im Tanz findet sie Zuflucht und entzieht sich den anderen
Menschen. Vor allem auch der Liebe, denn die macht Angst, weil auch Verlust
möglich ist. Ein Hoffungsschimmer am Ende für ihren neuen Freund David (Alf
Kjellin), der die Barriere vielleicht durchbrechen kann...
Ich kannte den Film bisher nicht und bin von diesem eher unbekannten
Klassiker restlos begeistert, der Film ist jedenfalls qualitativ vom selben
Kaliber wie meine Lieblingfilme von Bergman "Die Jungfrauenquelle", "Das
siebente Siegel" oder "Wilde Erdbeeren". Diese kommen übrigens in "Einen Sommer
lang" auch wieder vor und stehen für Veliebtheit, Zweisamkeit und Verführung. So
leicht der Film manchmal daherkommt, hat er auch sehr melancholische und in der
Quintessenz auch traurige Momente des Abschieds und des Schmerzes. Bergman hält
dem allerdings das momentane Glück dagegen, ohne diese Erfüllung wäre der
Gegensatz dazu gar nicht möglich. Es ist eine Aufforderung sich ganz auf eine
Beziehung einzulassen, auch wenn nichts von Dauer ist. Und am Ende vielleicht
noch nicht mal die Erinnerung bleibt. Ein extrem schöner Film. Mimi Pollack, die
Henriks totkranke tante spielt ist eine Art Vorläufer zum Tod (Bengt Ekerot),
der in "Das siebente Siegel" mit Ritter Block (Max von Sydow) ein Schachspiel
beginnt.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
Der nackte Kuß
Regie: Samuel Fuller
Bus Stop in Grantville...
Als Handlungsreisende für schmackhaften, teuren Sekt "Angel Foam champagne" getarnt, von dem sie nie eine Flasche verkauft, kommt die Prostituierte Kelly (Constanze Towers) in die Kleinstadt Grantville.
Sie befindet sich seit 2 Jahren ständig auf der Flucht vor den Gesetzeshütern und auch vor ihrem alten Zuhälter und klappert so immer wieder neue Kleinstädte ab, sucht sich Freier und macht ein so ein bisschen Geld.
Hier in Grantville lernt sie auch gleich den örtlichen Bullen Griff (Anthony Eisley) kennen, dem die attrative Frau gleich aufgefallen ist, als sie aus dem Reisebus ausstieg. Sie machte ihm deutliche Avancen. Sekt kauft er nicht, aber er gibt ihr für ihre Dienste 10 Dollar, legt im Hotelzimmer einen 20 Dollar Schein hin und wartet auf das Rückgeld, doch Kelly sagt ihm, dass sie nie "rausgibt".
Griff will sie ans örtliche Bordell vermitteln, dass ein paar Kilometer von der Stadtgrenze entfernt ist und von der skrupellosen Madame Candy (Virginia Grey) geführt wird.
Doch Kelly beschliesst spontan - nach einem ehrlichen Blick in den Spiegel - ein neues und vor allem bürgerliches Leben anzufangen und bewirbt sich im örtlichen Krankenhaus. Sie macht einen guten Eindruck bei der Oberschwester (Patsy Kelly) und wird als Krankenschwester in der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses als Betreuerin der kleinen Patienten eingestellt. Mit viel Einfühlungsvermögen und Gutherzigkeit, gewinnt sie nicht nur die Kinder für sich, sondern auch den schwerreichen Spross der Stadtgründer, den attraktiven Millionär J.L. Grant (Michael Dante), zudem noch bester Freund von Kellys letztem Kunden Griff.
Eine Heirat scheint nicht ausgeschlossen, die Frau mit Vergangenheit scheint doch noch am Ziel all ihrer Träume angekommen zu sein.
Doch die Schatten der Vergangenheit, aber auch ein noch viel dunkleres Geheimnis durchkreunzen das Glück...
"Der nackte Kuss" ist ähnlich einzigartig und fesselnd geworden. Dabei thematisiert er mit der Protagonistin Kelly ein Tabuthema für damalige Zeit. Sie wird mit sämtlichen Vorurteilen belegt - diese immer mal wieder aggressiv agierende Frau mit der schmutzigen Vergangenheit, die aber auch dem Hang zum Gutmenschen in sich trägt.
Doch in der Kleinstadt erwartet sie ein Alptraum gleicht, in der Korruption und Perversion hinter der heilen Fassade zum Vorschein kommt.
Ein Motiv, das man von David Lynch kennt.
Fuller treibt die Kontraste auf die Spitze, indem er harte, gewalttätige Szenen wechelt mit überzogener Kitschidylle: Der Kinderschänder lauert, während die Krankenschwestern rührend dem schiefen Gesang des Kinderchores lauschen.
Keine Figur des Films wirkt eindimensional, es handelt sich um zwiespältige Figuren, pendelnd zwischen Gut und Böse.
Mein Urteil: Ein Meisterwerk.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
Samstag, 27. Juli 2019
Tenebrae
Regie: Dario Argento
Das Lieblingsbuch eines Serienkillers....
Der amerikanische Schriftsteller Peter Neal (Anthony Franciosa) ist ein beliebter Bestsellerautor, sein neuestes Buch "Tenebrae" (Dunkelheit) ist ein Thriller, der momentan alle Belletristik-Charts anführt. Deshalb reist er auch nach Rom, denn dort ist das Buch auch ein Verkaufsschlager.
Seine Ex-Frau Jane (Veronica Larrio) bleibt zuhause. Vor Ort wird er sehnlichst erwartet von seinem Literaturagent Bullmer (John Saxon) und seinen Assistenten, der hübschen Anne (Daria Nicolodi) und dem noch sehr jungen Gianni (Christian Borromeo).
Auf dem Flughafen lässt er für einen kurzen Moment sein Gepäck aus den Augen, schon ist die Reisetasche verschwunden.
Er findet sie allerdings gleich wieder, aber das Gepäck wurde durchwühlt. In Rom angekommen bekommt er gleich Besuch von den beiden Kriminalbeamten Germani (Giuliano Gemma)und Altieri (Carola Stangaro), die in einem Mordfall ermitteln.
Eine der Kripo bekannte Ladendiebin (Ania Pieroni) wurde mit einem Rasiermesser bestialisch ermordet. Der Killer knebelte sein Opfer zudem mit Buchseiten aus "Tenebrae". Ausserdem ähnelt der reale Mord einem Mord aus dem Buch.
Ab diesem Zeitpunkt erhält der Erfolgsautor auch mysteriöse Briefe und Drohanrufe.
Nebenbei hat Neal noch Interviews zu führen. Die lesbische Journalistin Tilde (Mirella D´Angelo) und auch dern bekannten Fernsehmoderator Christiano Berti (John Steiner) lernt er durch diese Promotionarbeiten kennen . Da kündigt der Täter weitere brutale Morde an. Er verschafft sich Einlaß in die Wohnung von Tilde und deren Freundin...
Dario Argento drehte den Giallo und Psychothriller "Tenebrae" 1982, also im Anschluß an seine beiden großartigen Horrorfilme "Suspiria" und "Horror Infernal".
Es gelingt dem Regisseur wieder einmal kameratechnisch brilliante Szenen zu schaffen. Ausserdem hat "Tenebrae" eine Vielzahl von markanten Szenen zu bieten, die einfach haften bleiben.
Etwa die Verfolgung der jungen Maria (Lara Wendel) durch einen bissigen Hund.
Oder die Traumsequenzen, die eine mysteriöse junge Frau (Eva Robins) am Strand zeigt, die von jungen Männern umringt ist.
Ein Hauch von Gewalt liegt in der Luft...Interessant gestaltet ist das Raten nach dem Mörder. Immer wieder tauchen neue Fährten oder auch Verdachtsmomente auf, die sich verdichten, aber bald auch als falsch herausstellen.
Bewertung: 10 von 10 Punkten
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