Sonntag, 19. August 2018

Der Untertan







































Regie: Wolfgang Staudte

Macht und Anpassung..

Heinrich Manns Roman "Der Untertan" erschien 1918. Der Autor übertrug die Filmrechte der DEFA, er verstarb aber bevor der Film überhaupt gedreht wurde. Ursprünglich waren als Regisseure Falk Hanrack und sogar der große Erich von Stroheim im Gespräch. Dann bekam aber Wolfgang Staudte den Zuschlag und es gelang ihm nach "Die Mörder sind unter uns" und "Rotation" ein dritter sehr guter Beitrag zur deutschen Geschichte und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. "Der Untertan" wurde sehr schnell zum Prestigeobjekt der DEFA und Staudte selbst nannte die Botschaft des Films wie folgt "Ich will die Bereitschaft gewisser Menschen um 1900 ziegen, die über zwei Weltkriege hinweg zum Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 führte. Es soll eine Weiterführung meiner Anklage gegen diese Kreise und eine Warnung vor diesen Menschen sein, wie es schon in "Die Mörder sind unter uns" ausdrücken wollte". Dieser moralische Anspruch brachte ihn bei Erscheinung des Films im Jahr 1951 auch sehr starke Kritik in Westdeutschland ein. Man warf dem Filmemacher vor, er stehe im Dienste kommunistischer Kulturpolitik und betreibe die Bolschewisierung der Welt. Die konserative Presse veriss den Film als boshaft und humorlos. Aus heutiger Sicht gilt der Film nicht nur als Prototyp einer zum einen werksgetreuen, zum anderen aber auch eigenständigen Literaturverfilmung, sondern vor allem als einer der ganz großen Meisterwerke des deutschen Nachkriegskinos. Bis heute ist die Frage ungeklärt, wie und unter welchen Bedingungen Hundertausende Menschen die Schwelle der Inhumanität übertreten konnten, um einen großangelegten Völkermord zu organisieren, dessen Intensität und radikaler Wahnsinn immer noch einmalig und einzigartig in der Menschheitsgeschichte gesehen wird, obwohl ja auch andere Nationen dunkle Geschichte aufweisen und sich ebenfalls dem Thema "Genozid" stellen müssen. Staudte erzählt die Geschichte des preußischen Bürgers Diederich Heßling (Werner Peters), der als Kind sehr weich war und am liebsten in die Welt der Träume flüchtete. Unter seinem autoritären Vater, Besitzer einer Papierfabrik und dem Drill in der Schule entwickelt sich der Junge zu einem Anpasser und später auch zu einem Denunzianten. Mit dem Eintritt in eine Studentenverbindung und später beim Militär, wo er nicht lange bleibt, wird er zum Mitläufer. Sein ganzer Werdegang steigert das reaktionäre Denken.  Als sein Vater stirbt, erbt er dessen Fabrik und nimmt sehr schnell die Eigenschaften der Macht an. Er brüllt seine Bediensteten an, entlässt diese bei der nur kleinsten Verfehlung und weiß aus der Vergangenheit, dass man mit Macht dienen muss, wenn man selbst Macht ausüben will. Nach oben buckeln und nach unten treten, das wird die Devise von Diederich Heßling. Er verließ schon das Mädchen, dass ihn liebt (Sabine Thalbach), weil man ja keine Frau ehelichen kann, die sich schon vor der Ehe einem hingegeben hat und heiratet später eine sehr reiche Frau (Carola Braunbock). Nebenbei ist ihm inzwischen fast jede Empfindung abhanden gekommen. Heßling biedert sich der Kirche, dem Adel und jeder Obrigkeit an. Er denunziert Konkurrenten (Friedrich Richter), als er sich des Wohlwollens des Regierungspräsidenten von Wulkow (Paul Esser) sichder ist und schmiedet ein betrügerisches Komplott mit den Sozialdemokraten...



 Am Schluß dieses galligen preußischen Bilderbogens soll er eine Festrede bei der Denkmalenthüllung des Kaisers halten. Aber ein Wolkenbruch vertreibt sämtliche Gäste. Allein steht der Untertan seinem riesigen Kaiser aus Bronze gegenüber, die Schlußmontage zeigt diesen Platz des Denkmals in den späteren Zeiten, am Ende zeigt das Bild die Stadt Netzig im Jahr 1945 in Trümmern. Darüberhinaus ist "Der Untertan" trotz seiner satirischen Machart vor allem durch den sarkastischen Einfluss eine entlarvende Charakterstudie geworden, der Hauptdarsteller Werner Peters spielt seine Rolle brillant. Durch die Überzeichnung von Mensch und Situation und durch raffinierte filmische Montagearbeiten wirken die daraus entstanden Kontraste. So zeigt die Kamera beispielsweise die trinkenden Studenten durch ihre Biergläser, das Resultat zeigt sie verzerrt und lässt sie beinahe wie Monster aussehen.  Eine weitere Einstellung zeigt Heßling, wie er devot neben einem Wagen des Kaisers hinterherläuft. Die Kamera fängt den Untertan von oben herab ein, er wirkt geschrumpft. Die Komik ist immer böse angelegt. In einer Szene wird Heßling im Zimmer des Regierungspräsidenten, der ihm den Rücken zudreht, von dessen Dogge attackiert. Das Tier beißt ihn immer wieder in den Fuß, Heßling bleibt standhaft vor der Obrigkeit stehen. Staudte hat die Entwicklung deutscher Tendenzen sehr gut erkannt und seine Geschichte ist bis heute eine treffende Analyse der Macht und er Anpassung geworden. Der Film legt Doppelmoral schonungslos bloß und teilt dem Spießertum eine bittere und bissige Absage.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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