Regie: Adolf Winkelmann
Einfach mal abhauen...
Adolf Winkelmanns erster Spielfilm "Die Abfahrer" entstand 1978 und
wurde vom WDR finanziert, die Kosten beliefen sich auf sparsame 200.000
DM. Was beweist, dass es nicht Unsummen von Geld braucht, um einen
guten Film zu realisieren. "Die Abfahrer" ist eine Mischung aus
Roadmovie, Sozialstudie und Komödie und wurde völlig zu Recht im Jahr
1979 mit dem Filmband in Silber ausgezeichnet.
Bereits in seinem Debütfilm erweist sich Winkelmann als
ausgesprochener Kenner des Ruhrgebiets. Er kennt Land und Leute und
skizziert dabei das Milieu total perfekt. Der Humor ist eher leise, aber
sehr gelungen und seine Figuren leben und sind einfach echt. Die
Hauptrollen wurden auch mit Laiendarstellern besetzt, was besonders zum
Gelingen dieses auf eigene Art sehr poetischen Films beitrug.
Heute würde man sagen "Sie chillen" - Ende der 70er Jahre hängen
sie rum und haben leider nichts zu tun. Atze (Detlev Quandt), der seit
einiger Zeit arbeitslos ist. Genauso wie sein Freund Sulli (Anastasios
Avgeris), der aus Griechenland stammt. Neuerdings hat es auch den jungen
Lutz (Ludger Schnieder) erwischt. Nach der Lehre hat man ihn nicht mehr
übernommen, doch der Junge hat noch nicht den Mut gefunden es seiner
besorgten Mutter (Tana Schanzara) zu sagen. So hängt er nun die letzten 6
Wochen im Hinterhof eines Arbeiterviertels herum. Er geht am Morgen aus
dem Haus, als würde er zur Arbeit gehen und kommt Abends wieder heim.
Gelegentlich werden die drei Freunde von den Brüdern Lolli (Freddy
Garber) und Jürgen (Gerd Weiss) wegen ihrem Nichtstun aufgezogen.
Doch die Zeiten werden sicherlich nicht besser: Ende der 70er Jahre
zieht sich die Schwerindustrie aus dem Ruhrgebiet immer mehr zurück,
auch die Heimatstadt Dortmund ist betroffen.
Die Nachbarschaft hat viel Zeit zum Quasseln und vom Fenster aus
die Straße zu beobachten. So tauchen die drei Müßiggänger auch immer
wieder in den Gesprächen ihres Umfelds auf.
Die Weltmeisterschaft ist am Laufen und die Leute sitzen gebannt in
den Kneipen oder Zuhause vor der Klotze. Einer der Nachbarn plant
seinen Umzug nach Lübeck und so steht der LKW einer Möbelspedition
vorübergehend in der Einfahrt zum besagten Hinterhof. Und so kommen die
drei Jungs auf die Idee mit dem Lastwagen eine Spritztour zu übernehmen.
Es ist auch alles easy: Reserveschlüssel wird gefunden, Atze hat eine
Fahrerlaubnis bei seiner Bundeswehrzeit erworben. Und schon kanns
losgehen. Was zuerst lediglich als eine Rundfahrt im Viertel geplant
ist, weitet sich bald aus. An einer Tankstelle nehmen sie die junge Svea
(Beate Brockstedt) mit, die von ihrem Freund sitzen gelassen wurde. Zu
Viert peilt man das Ziel "Siegen" an, dort sollen die Möbel hin, wie die
vier annehmen. Sie wissen nicht, dass die Feststellbremse kaputt ist.
Aber das ist nur eines der Probleme. Inzwischen wurde auch die Polizei
von dem Diebstahl in Kentniss gesetzt...
Aber keine Sorge - "Die Abfahrer" ist trotz des realistischen
pessimistisch geprägten Ansatzes ein Wohlfühlfilm und vermittelt ein
bisschen was von "gemeinsam sind wir stark". Die Szene wurde von Adolf
Winkelmann mit ein bisschen Freiheit und Romantik angereichert, so dass
der Mensch im Mittelpunkt steht. Seine Sorgen, seine Probleme und auch
seine Sehnsüchte.
Bewertung. 9 von 10 Punkten.
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