Samstag, 25. August 2018

Hitlerjunge Salomon







































Regie: Agnieszka Holland

Europa, Europa...
 
Bei der Oscarverleihung 1992 hat sich Deutschland vielleicht zum zweiten Mal um den Sieg in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" gebracht. Bereits 1983 wäre mit Wolfgang Petersens U-Boot Film "Das Boot" sicherlich der effektiivere Vorschlag gewesen. Doch die German Films Service + Marketing GmbH entschied sich für "Fitzcarraldo". 9 Jahre später standen die Zeichen wieder auf Sieg: Agnieszka Hollands verfilmte mit "Hitlerjunge Salomon" (internationaler Titel: Europa, Europa)  das Schicksal von Salomon Perel, der 1925 in Peine als Sohn polnischer Juden geboren wurde und durch die Wirrungen des Krieges flüchten muss und auf seiner Odyssee zum Hitlerjungen wird.  Der Film wurde in den USA hochgelobt und wurde bereits einige Monate vor der anstehenden Oscarverleihung vom National Board of Review Award ausgezeichnet, am 18. Januar 1992 konnte der Film den Golden Globe als bester ausländischer Film entgegennehmen. Doch für das Jahr 1992 wurde von deutscher Seite gar kein Vorschlag eingereicht, weil man keinen geeigneten Film zur Hand hatte. "Hitlerjunge Salomon" kam nicht in Frage, weil er dem Auswahlgremium zu seicht erschien. Welch eine Fehleinschätzung. Kritikerpapst Roger Ebert bezeichnete dann auch prompt die Nomininierung des Films in der kategorie "Bestes adaptiertes Drehbuch" als deutliche Zurechtweisung von seiten der US-Filmacademy in Richtung deutsches Oscarkomitee, die einen möglichen Sieg verschlafen haben.
Selten gab es so deutlich unterschiedliche Diskrepanzen bei der Kritik eines Films, International wurde "Hitlerjunge Salomon" fast ausschließlich positiv besprochen, die deutsche Kritik ging nicht sonderlich gut mit der Verfilmung der Autobiografie Perels um, viele Kritiker bemängelten die schwache Inszenierung und auch schauspielerisch fand man den Film sehr schwach.
Das Publikum möchte aber den Film schon immer und aus heutiger Sicht kann man diese Nörgelei immer noch nicht verstehen. Vielleicht lag es an der etwas eigenwilligen Geschichte selbst, sie erzählte nicht unbedingt von einer Tragödie mit klar verteilten Rollen im Gut und Böse Schema, sondern zeigt einen Jungen, der in Not zum phantasievollen Überlebenskünstler wider Willen wird. Gerade diese verschiedenen Rollen, die Sally Perel (Marco Hofschneider) zwischen den Pogromen bis zum Ende des 2. Weltkrieges spielen muss machen die Geschichte ja zu etwas ganz Besonderem, es gilt sich so anzupassen, dass man den Wahnsinn überleben kann...die gute Schauspielerleistung des jungen Marco Hofschneider wirkt sehr authentisch und glaubwürdig, man kann sich sofort mit ihm und mit seinen Nöten identifizieren.
Zunächst wächst der junge Sally seher behütet in guten Verhältnissen mit seinen Eltern (Klaus Abramowsky, Michele Gleizer) und den Geschwistern Isaak (Rene Hofschneider), David (Piotr Kozlowski) und Bertha (Martha Sendrovicz) auf. Doch 1933 ist die Familie schon üblen Diskriminierungen ausgesetzt, so dass die Familie beschließt von Peine nach Lodz zu ziehen. Sally geht nur ungern nach Polen. Auch in der neuen Heimat stehen die Zeichen wieder auf Flucht, denn die deutsche Armee marschiert am 1. September 1939 in Polen ein und somit ist die Sicherheit, die der Vater anstrebte, vorbei. Er schickt die beiden Söhne Sally und Isaak in Richtung Russland, dort so hofft er sind die besten Aussichten. Es kommt aber sehr schnell zu einer Trennung der brüder und Sally landet in einem Waisenhaus in Grodno. Der Junge lernt nicht nur die russische Sprache, er kann sich auf für die Ideologie begeistern. Immerhin hat er noch brieflichen Kontakt mit seinen Lieben in Lodz, das jetzt von den deutschen Besatzern in "Litzmannstadt" umbenannt wurde. Die Familie lebt in einen Ghetto. Bei dem Angriff der Deutschen auf Russland, muss Sally wieder flüchten. Er wird mit einer Gruppe anderer Flüchtlinge von der deutschen Armee aufgegriffen. Sally gibt sich aus Angst als Volksdeutscher aus und behauptet Josef Peters zu heißen. Er hilft den deutschen Soldaten als Übersetzer und wird bald als "Jupp" von allen sehr gemocht. Ein Hauptmann nimmt sich dem Waisenjungen an, den er angibt zu sein und so kommt es irgendwann zur Aufnahme an eine Adolf Hitler Schule. Dort freundet er sich mit dem Hitlerjungen Gerd (Ashley Wanninger) an und verliebt sich in die hübsche Leni (Julie Delpi). Und immer steht läuft die fürchterliche Angst der Entdeckung mit. So verzichtet er auch darauf mit Leni zu schlafen, da die Beschneidung zu seiner Aufdeckung als Jude führt...





 Es ist vor allem die Geschichte die so fasziniert, man kann gar nicht glauben, dass dies sich tatsächlich so zugetragen hat. Doch es ist eine Geschichte, die tatsächlich so stattgefunden hat. Salomon Perel war für eine gewisse Zeit dieser "Hitlerjunge Salomon". Ausser seinen beiden Brüdern überlebte keiner der Familie Perel den Holocaust. Nach dem Ende des Krieges emigrierte der Autor nach Israel, weil er sich in Deutschland nicht mehr willkommen fühlte. Er brauchte 40 Jahre, um das Erlebte zu verarbeiten, bevor er sich schließlich dazu entschloss seine Odyssee im 2. Weltkrieg aufzuschreiben. Diese Erlebnisse erschienen dann erstmalig 1990 als Buch, dass dann auch ziemlich schnell von Agnieszka Holand verfilmt wurde. Sally Perel feierte in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag und lebt in Israel.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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