Regie: Josef von Sternberg
Das Showgirl und der Legionär...
Nach dem legendären "Der blaue Engel" kam es gleich darauf zu einer
erneuten Zusammenarbeit zwischen Regisseur Josef von Sternberg und der
Schauspielerin Marlene Dietrich. Der große Unterschied lag darin, dass
die Paramount gerufen hatte und so wurde "Marocco", der Nachfolger eines
der bedeutendsten deutschen Filmwerke das grandiose Hollywood-Debüt von
Marlene, die zu einem der ganz großen unsterblichen Kinostars wurde.
Für ihre Rolle als Mademoiselle Amy Jolly bekam sie sogar eine
Oscar-Nominierung, genau wie ihr Regisseur sowie Kameramann Lee Garmes
und Ausstatter Hans Dreier. Es kam zwar bei der 4. Oscarverleihung am
10. November 1931 kein Sieg heraus, aber der Status als hervorragender
Klassiker des 30er Jahre Kinos war damit gesichert. Man kann "Marocco"
sogar als einen Vorläufer zu "Casablanca" ansehen, nicht nur wegen den
Locations. In beiden Filmen entsteht so etwas wie eine Dreierbeziehung
der Figuren, da zwei Männer in die gleiche Frau verliebt sind und in
beiden Filmen treffen sich die Liebenden in einem angesagten Nachtclub.
Der Film und die neue Diva aus Deutschland wurde damals auch enorm
vermarktet - eine Kabarettsängerin mit lasziven Blick, gekleidet mit wie
ein Gentleman mit Frack und Zylinder gibt einer Frau im Publikum ganz
überraschend einen Kuß und erhält dafür eine Rose von der Anderen. Zum
Glück gab Marlene die Rose an den Fremdenlegionär ihres Herzens weiter,
so wurde die damals so skandalöse Szene durchgewunken. Dass so eine
Szene auch heute noch von sich reden machen kann, bewiesen die sich
küssenden Popdiven Madonna und Britney Spears im Jahr 2003, als sie bei
dem MTV Awards Speichelflüssigkeit austauschten. Zum Glück gab es erst
ab 1934 den verschärften Hays Code, der Hollywood zur Zurückhaltung in
Sachen Sexualität zwang. So war der Kuß möglich und auch die
Leidenschaft ohne Grenzen, von der Marlenes Figur Amy getrieben wird.
Willenlos und fast hörig - "Marocco" ist in Worten erzählt reiner
Kitsch, aber die suggestiven Bilder von Josef von Sternberg präsentieren
eine mitreissend große, archetypische Enthüllung von Gefühlen.
Natürlich wurde "Marocco" ein großer Kassenknüller. Das von Sternberg
gezeigte malerische Marokko entstand natürlich in Südkalifornien, wirkt
aber genauso wie in Michael Curtiz "Casablanca" sehr echt und
authentisch.
Kameramann Lee Garmes entwickelte auf Geheiß des Regisseurs die
charakteristischen Beleuchtungsmethoden, die dazu dienen sollten,
Marlenes beste Gesichtszüge perfekt festzuhalten. In Marokko kehrt die
französische Fremdenlegion Ende der 20er Jahre von einem Feldzug zurück.
Unter ihnen ist der Legionär Tom Brown (Gary Cooper), ein Frauentyp,
der von mehreren einheimischen Schönheiten angehimmelt wird. Zur
gleichen Zeit ist die desillusionierte Nachtclubsängerin Amy Jolly
(Marlene Dietrich) auf einem Schiff unterwegs, um in Marocco ihr Glück
zu suchen. Sie ist eine dieser Passagiere, die mit einem One Way Ticket
anreisen. Der wohlhabende Gentleman La Bessiere (Adolphe Menjou)
versucht sie an Bord kennenzulernen, er würde sie in Marocco gerne etwas
unterstützen und gibt ihr seine Visitenkarte, die sie kurze Zeit später
zerreißt und ins Wasser wirft. Angekommen in Marocco wird sie zur neuen
Headlinerin im Nachtclub, wo sie den Fremdenlegionär sieht. Zwischen
den beiden funkt es irgendwie. Auch der reiche und einflussreiche La
Bessiere ist vor Ort, er sitzt am Tisch von Tom Browns Vorgesetzten
Adjudant Ceasar (Ulrich Haupt) und dessen Frau (Eve Sothern), die den
Legionär ebenfalls kennt - sicherlich besser als es ihrem Mann recht
wäre. Amy steckt Tom einen Schlüssel zu. So hat er die Möglichkeit sie
nach der Vorstellung in ihrem Zimmer zu besuchen. Was er auch tut. Es
wird geflirtet und beide verlieben sich. Sie zögern aber beide an diesem
ersten Abend und auch bei den nächsten Begegnungen und so kommen sie
nicht zusammen. Im Gegenteil: Er marschiert wieder mit seinen Kameraden
und sie verlobt sich mit La Bessiere...
Neben der Kußszene ist auch der Schluß von "Marocco" überaus legendär.
Was für ein Ende, ein Inbegriff aus großen Kinogefühlen, aus Melodramtik
und Sentimentalität. Eine Gestrandete findet ihren Weg, dem sie alles
andere unterordnet. Gary Cooper und Marlene Dietrich kamen nicht
besonders gut beim Dreh miteinander aus, aber als Zuschauer merkt man
überhaupt nichts von den Konflikten, die sie hinter der Kamera
austrugen.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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