Regie: Akira Kurosawa
Elend und Armut auf engstem Raum...
Das Theaterstück "Nachtasyl" von Maxim Gorki wurde bereits mehrmals
verfilmt. So auch von Jean Renoir im Jahr 1936 mit Jean Gabin, eine
indische Version von Chetan Anand, die 1947 entstand. Auch Japans
Meisterregisseur hat 1957 eine Version dieses bekannten Stoffes
realisiert. Statt eines russischen Obdachlosenheims im 19. Jahrhundert
wurde die Handlung nach Japan verlegt in die Edo Zeit, irgendwann im 17.
oder 18. Jahrhundert.
"Nachtasyl" heißt im Original "Donzoko" und ist sicher nicht Kurosawas
bekanntester Film, aber er bekam drei japanische Filmpreise. Die
Darstellerin Isuzu Yamada gewann den Kinema Junpos Award als beste
Schauspielerin des Jahres, Koji Miitsui wurde als bester Nebendarsteller
prämiert und für den berühmten Toshiro Mifune gabs den Preis als bester
Darsteller.
Die Geschichte spielt in einem heruntergekommenen Wohnhaus in Edo. Dort
vermietet der schon etwas betagte Hausbesitzer Rukubei (Ganjiro
Nakamura) mit seiner wesentlich jüngeren Ehefrau Osugi (Isuzu Yamada)
Zimmer oder Betten für die Armen. Wobei diese beiden Begriffe für den
Stall, in dem die Mieter hausen müssen, schon sehr gewagt sind. Aber für
die gescheiterten Existenzen, für Spieler, Prostituierte, kleine Diebe
und Betrunkene, die täglich ums Überleben kämpfen, ist nicht mehr drin.
Okayo (Kyōko Kagawa),
die jüngere Schwester der Vermieterin, hat in der Gemeinschaft auch
nicht viel zu sagen. Ihre ältere Schwester bestimmt, was gemacht wird.
Diese hat ein Verhältnis mit dem Dieb Sutekichi (Toshiro Mifune), der
sich als selbst als Mietshausführer sieht und sich auch so aufspielt.
Der hat allerdings seit einer gewissen Zeit nur noch Augen für die
jüngere Okayo. Eines Tages mietet auch ein alter Mann auf Wanderschaft
names Kahei (Bokuzen Hidari) ein Bett für einige Zeit, bevor er seinen
Weg fortsetzt. Der Mann fällt sehr schnell durch seine sehr freundliche,
gutmütige Art auf und so schlüpft er sehr schnell in die Rolle eines
Vermittlers oder Ratgebers. Die Mietgemeinschaft, bestehend aus einem
Schauspieler (Kamatari Fujiwara), einer Prostituierten (Akemi Negishi),
einem Ex-Samurai (Minoru Chiaki), einem Süßwarenverkäufer (Nijiko
Kiyokawa), einem Bastler (Eiko Miyoshi) und seiner totkranken Frau (Eiko
Miyoshi), einem Faßbinder (Haruo Tanaka) und einem Schuster (Yu Fujiki)
ist einerseits sehr froh, dass der Alte mit seiner Güte und seinen
hoffnungsvollen Aussagen, für einige Zeit bei Ihnen wohnt. Aber er ist
ihnen auch irgendwie unheimlich, denn keiner kennt die Vergangenheit
dieses weisen Mannes. Als Osugi versucht ihren Liebhaber Sutekichi zu
überreden, den Mann um die Ecke zu bringen, bahnt sich langsam eine
Katastophe an...
Wie im gleichnamigen Theaterstück stehen diese Menschen im Mittelpunkt,
von denen die meisten schon bessere Tage gesehen haben und nun nicht
mehr im Stande sind etwas an ihrer Misere zu drehen. Es sind mittellose
und erniedrigte Menschen, die sich alle nach einem besseren Leben
sehnen. Der alte Mann, der wie ein buddhistischer Mönch wirkt, hat
jedoch die Gabe diesen Menschen ein Quäntchen Hoffnung zu vermitteln. Er
hat allerdings die physische sowie psychische Abhängigkeit seiner
Mitbewohner unterschätzt. Beinahe vollständig spielt dieser Film in dem
beengten lebensraum dieser gestrandeten Existenzen. Dies macht
"Nachtasyl" zu einem kammerspielartigen Werk - durch die virtuose
Kameraarbeit von Ichiko Yamasaki, der mit mehreren Kameras gleichzeitig
agierte, löst sich dieser beschränkte Rahmen jedoch immer wieder auf und
so entstand ein sehr intensives Drama. Verleugend wird die Herkunft vom
Theater dadurch aber nicht.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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