Regie: Lars von Trier
Der Unterschied zwischen Justine und Claire...
Die Anfangssequenz zu "Melancholia" hat Lars von Trier in extremer
Zeitlupe gedreht, er zeigt die Figuren der Geschichte, dazu kommt die
Kollision des kleinen Planeten Melancholia mit der Erde.
Unterlegt mit der Musik von Richard Wagner hat diese Szene etwas hypnotisches und magisches.
Wenn ich mich recht erinnern kann, hat er auch schon in "Antichrist" ein ähnliches Intro konzipiert.
War der Vorgänger eher ein sehr besonderer Beitrag im Genre des Horror,
ist das neueste Werk ein eigenartiger Sciencefiction Film, der nach dem
Intro in zwei Teile gegliedert ist.
Der erste Teil heisst "Justine" und beginnt mit der Anfahrt zur
Hochzeitsfeier. Das Brautpaar Justine (Kirsten Dunst) und Michael
(Alexander Skarsgaard) scheinen glücklich zu sein, sie finden es
amüsant, dass ihre Stretch-Limousine arge Mühe hat den schmalen Pfad zum
Schloß reibungslos zu meistern, die beiden kommen viel zu spät dort an
und werden von Schloßherr John (Kiefer Sutherland) und dessen Frau
Claire (Charlotte Gainsburg), der Schwester von Justine, bereits
erwartet.
Endlich kann die exklusive Feier, die ne Menge Geld gekostet hat,
beginnen. Die geschiedenen Eltern der beiden ungleichen Schwestern
(Charlotte Rampling/John Hurt) geraten aber wie so oft wieder in
Streitigkeiten. Vor allem Claire und Justines Mutter gibt sich
unangepasst. Justines Chef (Stellan Skarsgaard) befördert in seiner Rede
die überraschte Justine. Er hat auch seinen neuen Mitarbeiter Tim
(Brady Corbett) dabei, der die Aufgabe hat Justine einen neuen
Werbeslogan zu entlocken.
Je länger die Feier dauert, desto depressiver wird das Ganze, vor allem für die junge Braut.
Im zweiten Teil steht dann "Claire" im Mittelpunkt. Hier wird dann
geschildert, dass der helle Stern Antares, den die Hochzeitsgäste in der
Sternennacht beobachten konnten, nicht mehr zu sehen ist – er wird vom
Planeten Melancholia verdeckt. Dieser Planet taucht hinter der Sonne auf
und soll der Erde sehr, sehr nahe kommen - nach Berechnungen der
Wissenschaftler wird aber alles nochmals gut gehen für die Erde. Claire
jedoch ist beunruhigt durch Vorahnungen, die im Internet kursieren, dass
eben doch diese tödliche alles Leben auslöschende Kollision stattfinden
könnte. Diese Situation bewirkt bei der schwer depressiven Justine eine
Besserung des Zustandes, Claire jedoch wird zunehmend ängstlicher...
"Melancholia" wurde von Lars von Trier 2011 gedreht, wie schon mit "Breaking Waves" und "Dancer in the Dark" konnte der Film den Sieg als bester Film des Jahres bei den europäischen Filmpreisen feiern und verwies "The Artist", "The Kings Speech", "Le Gamin au velo", "In einer besseren Welt" oder "Le Havre" auf die Plätze.
Auch das Szenenbild (Jette Lehman) und die Kameraführung (Manuel Alberto Claro) wurden ausgezeichnet.
Der Film ist am Anfang etwas prätentiös, nimmt sich dann im ersten Teil sehr viel Zeit die Figuren näher vorzustellen und zeigt eine Hochzeitsfeier, die immer mehr in einer Depression endet - ganz im Gegensatz zum Teil 2, der dem Werk dann insgesamt eine sehr überzeugende Gesamtstruktur verleiht und tatsächlich an einigen Stellen sehr faszinieren kann. Irgendwo hab ich mal gelesen vom Mischding zwischen Emmerichs Hollywood Endzeitszenarien und den intellektuell spröden Werken des Russen Tarkowski - ich glaube das trifft es ganz gut. Der Film pendelt irgendwo in dieser Mitte und verbindet gekonnt Trash mit hohem Anspruch.
Am Ende hat uns das dänische Enfant terrible wieder einen bemerkenswerten Film hinterlassen, der einige Aufmerksamkeit erfordert hat. Defintiv kein Film für mal zwischendurch.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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