Regie: Gaspar Noe
Die Sekunde der Zerstörung...
Irreversibel" bedeutet Nichtumkehrbarkeit. Gaspar Noe wählt aber für
seine Erzählung den Rückwärtsgang, also eine umgekeherte Chronologie wie
sie bereits in "Memento" erfolgreich und innovativ eingesetzt wurde.
Noe wählt diesen dramaturgischen Schachzug um das Thema des Film "Zeit zerstört alles" zu untermauern.
Der Film beginnt bereits mit sehr eigenwilligen und
gewöhnungsbedürftigen Vorspann: Die Titel und Namen ziehen rückwärts
durchs Bild, manche Buchstaben sind spiegelverkehrt geschrieben.
Dann monotone Geräusche, jeder dieser Schläge präsentiert einen Nachnamen: Cassel, Dupontel, Bellucci und Noe.
Die drei Hauptdarsteller und der Macher.
Dann beginnt die Geschichte an ihrem Ende. In einem Zimmer unterhalten
sich zwei Männer, der eine schon etwas betagt, graues Haar und nackt. Er
erzählt dem anderen vom Mißbrauch an der eigenen Tochter.
Dann schwenkt die Kamera aus dem Fenster, nach unten - ein Blick auf den
schwulen S/M-Club "Rectum", es ist Nacht und Blaulicht ist zu sehen.
Ein verletzter Mann auf einer Krankenbahre und ein weiterer werden von
der Polizei abgeführt.
Es handelt sich um den cholerischen Marcus (Vincent Cassel) und den ruhigen Pierre (Albert Dupontel), beide wohl befreundet.
Dann schildert der Film, was alles passierte: In den dunklen Gängen des
rot geleuchteten Kellerclubs macht der Zuschauer eine höchst
eigenwillige Seherfahrung: Nur gelegentlich wird die Szene klar
erkennbar sein. Kleine Personengruppen, nackte Körper, sexuelle Szenen,
die der Film für Sekunden offenbart. Darüber liegt ein pulsierend
rhythmiserter Techno-Klangteppich, der zum ständigen Stöhnen vieler
Männer passt.
Marcus sucht den Mann namens El Tenia (Bandwurm). Der Mann, der seine
Freundin Alex (Monica Bellucci) in einer Straßenunterführung anal
vergewaltigt hat und sie danach aggressivst ins Koma prügelte...
Tatsächlich ist "Irreversibel" ein extrem krasser Film, denn die beiden Gewaltszenen, die der Film in schonungsloser Offenheit zeigt, haben es in sich.
Die nächtliche Metropole Paris wird gezeigt als die reinste Hölle.
Noch habe ich mich nicht erholt von der mit dem Feuerlöscher bearbeiteten undefinierbaren Masse von Gesicht, da schockiert der Film nachdrücklich mit einer 9-minütigen, nahezu endlos wirkenden, fast statischen Einstellung einer Vergewaltigung, die als Zerstörungsakt und grösste Erniedrigung für das Opfer angelegt, den Zuschauer wie ein Schlag in die Magengegend trifft.
Eine vergleichare Szene im Film kenne ich nicht, diese Sequenz brennt sich unmittelbar ins Unterbewusste.
Kein Film, den ich mir wieder mal ansehen möchte. Aber als radikaler und existenzieller Kommentar zu den Themen Leben, Liebe, Hass, Zeit und Zerstörung sehr nachdenklich stimmend.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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