Regie: Valdimar Johannsson
Unser Kind...
Von der Filmkritik wurde der isländische Mysteryhorrorfilm "Lamb"
sehr gut aufgenommen, doch das Ende der Geschichte wurde von manchem
Kritiker als enttäuschend empfunden. Auf den zweiten Blick ist dieser
Schluß aber logisch durchdacht. Dem Regisseur Valdimar Johannsson und
seinem Team ist einer der besten Filme des Jahres 2021 geglückt. "Lamb"
wurde als isländischer Beitrag für den besten internationalen Spielfilm
bei den 94. Academy Awards ausgewählt - er schaffte es dort immerhin in
die Short List. Bei der Vergabe des europäischen Filmpreises lief es
etwas besser. Der Film gewann in der Kategorie der besten visuellen
Effekte (Peter Hjorth und Fredrik Nord). und wurde ausserdem für den
FIPRESCI-Preis nominiert.
Dabei handelt es sich um das Regiedebüt von Johannson, der
ausserdem gemeinsam mit Sjon das Drehbuch schrieb. Es handelt sich dabei
um ein Märchen, das in der heutigen Zeit spielt und sich um die Geburt
eines Mensch-Schaf-Hybriden mysteriöser Herkunft handelt. Somit ist ein
bisschen Phantasie gefragt, damit man sich von diesem sehr berührenden,
aber auch traurigen Film begeistern lassen kann.
In der Hauptrolle ist die schwedische Schauspielerin Noomi Rapace
zu sehen, die in der Rolle als Lisbeth Salander in der Verfilmung der
Millenium Trilogie (Verblendung, Verdamnis, Vergebung) international
bekannt wurde. Noomi Rapace beeindruckt auch in "Lamb" - als Bäuerin
Maria zeigt sie gekonnt alle Facetten einer vielschichtigen Gefühlswelt.
Ihr Aussehen erinnert an den Stummfilmstar Lilian Gish.
Die Geschichte spielt auf einem abgelegenen Bauernhof in Island,
die dem Ehepaar Ingvar (Hilmir Snaer Gudnason) und Maria (Noomi Rapace)
gehört. Dort kümmern sie sich in starker Abgeschiedenheit um ihre große
Schafsherde. Das Paar hat eine Katze und einen Hütehund, der ihnen bei
der Arbeit hilft.
In der ersten Szene des Films tut sich was im Stall. Die Tiere
werden von einem unbekannten. laut atmenden Wesen erschreckt. Wenig
später ist eines der Schafe trächtig - das Tier bringt einen
Mensch-Schaf-Hybriden zur Welt, dessen Körper größtenteils menschlich
ist und der den Kopf und den rechten Arm eines Lammes hat. Maria und
Ingvar nehmen das Mischlingskind als ihr eigenes auf, geben ihm alle
Liebe wie wenn es das eigene Kind wäre. Sie nennen das Wesen Ada, nach
der verstorbenen Tochter des Paars. Maria sieht das Wesen als Geschenk,
doch die leibliche Mutter wird zunehmend zum Ärgernis. Das Schaf
versucht ständig Kontakt zu ihrem Kind aufzunehmen und steht nun am
Fenster. Dann verschwindet Ada plötzlich und sie wird ziemlich weit
draußen in der Einöde bei ihrem Mutterschaf gefunden. Maria erschießt
Adas Mutter und vergräbt die Leiche in einem flachen, unmarkierten grab.
Ohne ihr Wissen wird Ingvars Bruder Petur (Björn Hynur Haraldson), der
kurz zuvor in der Nacht auf dem Hof eintrifft und in der Scheune
geschlafen hat, Zeuge des Vorfalls. Als Petur Ada zum ersten Mal sieht,
ist er mehr als beuruhigt von dem seltsamen Geschöpf....
In dieser Konstellation kommt es natürlich zu tragischen Konflikten
und man bekommt als Zuschauer das Gefühl, dass diese Geschichte nicht
gut ausgehen kann. Tatsächlich hat "Lamb" das große Potential zu einem
Kultfilm zu werden. Die Idee ist grandios und filmisch klasse umgesetzt.
Kameramann Eli Arinson fängt die wunderschöne, aber auch sehr einsame
Landschaft großartig um. Das Wesen selbst ist wunderschön, süß,
berührend. Einerseits vermittelt "Lamb" die Atmosphäre eines
Island-Märchen, wo es beispielsweise noch Einhörner geben soll -
andererseits vibriert der Geschichte wie echter Horror, der durch die
Tötung von Adas Mutter umso bedrückender wird. Am Ende wird man an die
altgriechische Minotaurus Sage erinnert.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen