Donnerstag, 15. März 2018

Lügen und Geheimnisse







































Regie: Mike Leigh

Die unbekannte Tochter...

Der britische Film "Lügen und Geheimnisse" wurde von Regisseur Mike Leigh im Jahr 1996 gedreht. Der Filmemacher aus Salford hat schon im Jahr 1971 seinen ersten Film realisiert und gilt als wichtiger Vertreter des New British Cinema. In seiner nunmehr weit über 40 Jahre langer Karriere hat er aber relativ wenige Kinofilme realisiert. Der Ensemblefilm "Lügen und Geheimnisse" dürfte aber neben dem 1993 entstandenen Verliererportrait "Nackt" sein bester und überzeugendster Film sein.
Er brachte es bei der Oscarverleihung 1997 auf insgesamt fünf Nominierungen. So wurde er als bester Film vorgeschlagen. Mike Leigh schaffte es unter die besten fünf Regisseure, die beiden Darstellerinnen Marianne Jean-Baptiste und Brenda Blethyn wurden berücksichtigt und auch das beste Originaldrehbuch (hat Mike Leigh selbst verfasst) wurde nominiert. Am Ende gabs zwar keinen Oscar - im Jahr 1997 räumte Anthony Minghellas "Der englische Patient" ab. Dennoch konnte es vor allem Brenda Blethyn als Hauptdarstellerin etwas gelassen sehen, schließlich gewann sie einige Wochen vorher den Golden Globe. Sie hatte leider das Pech, dass die großartige Darstellung von Frances McDormand als Marge Gunderson in "Fargo" im gleichen Jahr im Oscar-Rennen war. Ebenso war die starke Leistung von Emily Watson für "Breaking the Waves" unter den Konkurrenten - ein sehr starkes Aufgebot.
Im Grunde ist "Secret and Lies" (so der Originaltitel) ein perfekter Ensemblefilm, denn neben den beiden bereits erwähnten Darstellerin brilliert die gesamte Schauspielerriege und jeder spielt seine Rolle einfach hervorragend.
Eigentlich ein sehr dramatischer und trauriger Stoff, doch Mike Leigh schafft es aus einer schwerwiegenden Familienkonstellation bedeutende Hoffnungsschimmer zu platzieren, am Ende strahlt die Geschichte durch eine positive Wendung.
"Lügen und Geheimnisse" beginnt mit einer Beerdigung. Die Adoptivmutter der farbigen Optikerin Hortense Cumberbatch (Marianne Jean-Baptiste) ist verstorben, der Adoptivvater ist schon länger tot. Nun hat Hortense den Wunsch mehr über ihre leiblichen Eltern zu erfahren. Ihre Adoptiveltern sagten ihr bereits im Alter von 7 Jahren, dass sie nicht die echten Eltern sind. Sie macht einen Termin mit der Sozialarbeiterin (Leslie Manville) aus, die ihr dann die Akten zur Verfügung stellt und Hortense auch die Hilfe anbietet, sollte sie sich wirklich entscheiden mit der echten Mutter Kontakt aufzunehmen. Den Namen des Vaters hat die Kindesmutter damals nicht genannt. Hortense fährt mit ihrem Auto durch die Straße, wo diese unbekannte Frau - ihre Mutter - lebt. Sie wählt deren Nummer, legt aber wieder auf. Doch dann entschließt sie sich tatsächlich zu reden und verabredet sich mit der Frau an der anderen Leitung - es ist die in eher ärmlichen Verhältnissen lebende Fabrikarbeiterin Cynthia (Brenda Blethyn) - eine Frau mittleren Alters, recht naiv und einfach gestrickt. Die hat noch eine weitere uneheliche Tochter namens Roxanne (Claire Rushbroke), die bei der hiesigen Müllabfuhr als Straßenkehrerin und ist ständig mürrisch, mit sich und ihren Leben eher unzufrieden. Sehr oft streiten Mutter und Tochter. Roxanne hat aber einen Freund, der Paul (Lee Ross) heißt, aber gar keine Lust hat den Typen ihrer Mom vorzustellen. Cynthia liebt ihren jüngeren Bruder Maurice (Timothy Spall), der als Hochzeits- und Portraitfotograf arbeitet, mit der unzufriedenen Monica (Phyllis Logan) verheiratet ist und sogar eine Angestellte (Elizabeth Berrington) in seinem Fotoladen beschäftigen kann. Er liebt seine Schwester, denn die hat ihn nach dem Tod der Eltern alleine aufgezogen und gab ihm viel Liebe. Aber mit Monica kommt sie nicht gut aus, die beiden Frauen mögen sich nicht. Deshalb haben sich Bruder und Schwester schon seit längerem nicht gesehen - sie hatten lediglich durch Telefonate Kontakt. Maurice und Monica haben ein Haus gekauft und Cynthia ist etwas gekrängt, weil sie noch nie dorthin eingeladen wurde.
Das erste Treffen zwischen Cynthia und Hortense läuft kurios ab - zuerst glaubt Cynthia an einen Scherz oder eine Verwechslung, denn Hortense ist ja dunkelhäutig. Doch dann fällt es ihr wieder ein. Sie hat allerdings Angst, dass ihre Tochter erfährt, dass sie noch eine unbekannte Schwester hat. Maurice und Monica wussten zwar von der Adoption, damals war Cynthia erst 15 Jahre alt und nicht in der Lage ein Kind großzuziehen. Sie haben zwar immer gewollt, dass Cynthia Roxanne von dieser Tatsache in Kentniss setzt, doch dazu kam es dann nie. Vor allem wusste auch keiner, dass das Kind dunkelhäutig ist. So schöpft zuerst auch keiner Verdacht als Cynthia zur Geburtstagsfeier von Roxanne (sie wird 21 Jahre) eine Arbeitskollegin mitbringen möchte. Der Bruder hat zu einem Barbeque im neuen Haus eingeladen. Und alle sind positiv überrascht von Mutters Freundin - bis zu dem Zeitpunkt als Cynthia ihr lange gehütetes Geheimis lüftet. Das führt zum Krach, aber im Laufe dieser Dynamik werden noch ein paar Lügen und Geheimnisse ans Tageslicht gebracht...



Und der Film endet am Schluß mit viel Hoffnung, er stimmt einfach positiv und zeigt, dass man auch aus schwerwiegenden Konflikten gestärkt herausgehen kann. Die Darsteller sind brilliant und verleihen ihren Figuren Echtheit und Leben. Timothy Spall ist dabei derjenige, der es versteht die Familie zusammenzuhalten, er hat eine versöhnliche und sehr geduldige Art an sich. Seine Frau wird gespielt von Phyllis Logan, die auch eine beeindruckende Performance zeigt - eine frustierte Ehefrau, die ebenfalls ein Geheimnis hat und so darunter leidet, dass es auch nie zum Thema wurde. Das Problem wurde einfach totgeschwiegen. Claire Rushbroke spielt die chronisch übel gelaunte Rosanne und in einer der späten Szenen zeigt uns Mike Leigh auch die weiche Seite dieses Mädchens, dass vor allem mit ihrer Mom ständig im Clinch liegt. Hauptfiguren sind natürlich Cynthia und Hortense. Beide Rollen zurecht hochgelobt. Der Film wurde auch in die Liste des British Film Institute "Die 100 besten britischen Filme aller Zeiten", hier landete Mike Leighs Film auf einem ausgezeichneten 40. Rang.



Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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