Sonntag, 15. Dezember 2019

Ich seh, Ich seh







































Regie: Veronika Franz/Severin Fiala

Die fremde Mutter....

Österreich macht zwar wenige Horrorfilme. Aber viele dieser wenigen Filme sind sehr gut. So auch der Alpen-Slasher "In drei Tagen bist du tot" von Andreas Prochaska, der so erfolgreich war, dass er eine Fortsetzung bekam. Auch Jessica Hausners geheimnisvolles "Hotel" aus dem Jahr 2004 hat sehr beeindruckt. Mit dieser sehr subtilen Machart lässt sich auch "Ich seh Ich seh" von Veronika Franz und Severin Fiala vergleichen. Produziert wurde der eigenwillige Psychoschocker von Ulrich Seidl (Regisseur von "Import/Esport" oder "Hundstage").
"ich seh ich seh" setzt vor allem auf eine cichte Atmosphäre und auf seine bedrückende und meditative Machart. So sieht der Zuschauer auch zuerst eine Zeitlang nur idyllische Bilder. Die Zwilligen Elias (Elias Schwarz) und Lukas (Lukas Schwarz) spielen im Garten vor einem abgelegenen, idylischen Haus am Waldrand. Sie genießen das schöne Sommerwetter und ihre Freiheit. Gemeinsam durchstreifen sie den ganzen Wald, baden in einem See und laufen durchs meterhohe Maisfeld. Als sie vor dem Haus eine kleine Höhle betreten werden diese schönen Bilder von einer bedrohlich wirkenden Musik begleitet. Der Zuschauer spürt, dass da etwas gefährliches in dieser Idylle lauert. Aber was ist es ? Jedenfalls wird die Mutter (Susanne Wuest) als dritte Person dazukommen. Sie muss im Krankenhaus gewesen sein. Die Jungs können die Ankunft der geliebten Mama kaum erwarten. Als der Krankenwagen vor dem Haus hält, steigt eine Frau mit einbandagiertem Gesicht aus. Die ehemalige Fernsehmoderatorin verbirgt nach einem Unfall ihr Gesicht unter dicken Binden. Die Zwillinge erkennen ihre Mutter nicht wieder. Diese strenge Frau, die da im Haus die Kontrolle übernimmt, kann doch unmöglich die liebe Mutter sein. Oder doch ? Zumindest verhält sich die Frau seltsam. Sie versucht jeglichen Widerstand im Keim zu ersticken. Die Jungen empfinden die Veränderung verstörend. Zumal die Mutter lieblos, gemein und auch bösartig agiert. Mit einem der Zwillinge spricht sie gar nicht, sie ignoriert ihn immer mehr. Und der Verdacht der beiden Buben erhärtet sich: Diese fremde Frau ist nicht unsere Mama...


 Ein Film über die Abgründe einer Familie. Dieses Spielfilmdebüt ist sehr beeindruckend und gefällt durch die durchweg glaubwürdige Machart und der Film kann bis zum Schluß seine eigenartige wie faszinierende Atmosphäre beibehalten, ja teilweise sogar noch steigern. Dabei verzichten die Macher Fiala und Franz auf die üblichen Vergröberungen und Übersteigerungen. Der Horror ist ständiger Begleiter, die Effekte werden aber nie über Gebühr ausgespielt, sondern sie ergeben sich aus der ständig bedrückenden Stimmung zwischen Mutter und Kindern. Ein bisschen Manipulation darf auch sein. So lockt eine Szene im Wald, die die Mutter zeigt, den Zuschauer auf eine bestimmte Fährte. Aber man darf halt auch nicht allen Bildern trauen. Oder doch ? In der zweiten Hälfte wird der Übergang eingeleitet. Der Psychohorror entlädt sich in einer immensen Gewaltspirale. "Ich seh Ich seh" ist sicherlich kein Film für Jedermann, denn er verlangt vom Kinogänger einiges ab. Ein brutaler Film, der alles kühl und explizit zeigt, vom Körper herauskriechende Kakerlaken oder Sekundenkleber, mit dem der Mund zugeklebt wird. Er folgt der Logik eines Alptraums und bietet exzellentes, aber sehr verstörendes Kino. 


Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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