Sonntag, 15. Dezember 2019

Leviathan







































Regie: Andrej Swjaginzew

Aussichtsloser Kampf...

Andrej Swjaginzews Film "Leviathan" aus dem Jahr 2014 spielt sicherlich auf Thomas Hobbes´gleichnamige Schrift von 1651 an, in der der Philosoph den Staat mit dem Seeungeheuer Leviathan vergleicht, gegen dessen Macht jeder Widerstand zwecklos ist. Interessanterweise ist es dem Filmemacher gelungen eine Parabel zu realisieren, die auch Kritik an den aktuellen Verhätnissen in Russland mit einschließt. Leider erscheinen in Deutschland nur selten Filme dieses Ausnahmeregisseurs. Noch immer wartet der Filmliebhaber auf die DVD Veröffentlichung seiner weiteren Meisterwerke wie "Loveless" oder "The Banishment". Eine Geschichte über die Unterdrückung des Einzelnen, des Individuums. In "Leviathan" ist es der Automechaniker Nikolai Sergejew (Alexej Serebrjakow), der zusammen mit seiner jungen Frau Lilia (Jelena Ljadowa) und Roman (Sergej Pochodajew), seinem Sohn aus erster Ehe in einem Holzhaus auf einer Halbinsel in der Barentsee, dass er selbst gebaut hat. Umso frustierter ist er, dass der korrupte Bürgermeister Wadim Schelewjat (Roman Madjanow) der naheliegenden Stadt Pribeschny bislang erfolgreich die Enteignung des Grundstückes vorangetrieben hat. Bisher hat das Gericht immer im Sinne des Staates entschieden und Nikolai soll mit einem eher geringen Kaufpreis entschädigt das Feld räumen. Nikolais letzte Hoffnung ist sein Freund Dmitri Selesenjow (Wladimir Wdowitschenkow), der in Moskau als Anwalt arbeitet und belastendes Material gegen den Bürgermeister in der Hand hat. So will man Schelewjat einschüchtern mit dem Ziel, dass er sein Vorhaben aufgibt. Dennoch sind die Chancen sehr schlecht und tatsächlich entscheidet das Gericht auch in der Berufung für die angeblichen "Staatlichen Interessen". Diese Konflikte übertragen sich auch auf die Familie. Nikolaj trinkt sehr viel Wodka, sein Sohn versteht sich nicht mit seiner Stiefmutter, die ebenfalls verbittert ist. Bei einem Familienausflug mit einigen Kumpels und deren Frauen wird viel gesoffen, eine Wodkaflasche kreist. Alle Männer haben Gewehre dabei. Sie wollen um die Wette schießen. Als Zielscheiben dienen die Portraits früherer führender Politiker wie Breschnew, Gorbatschow oder Jelzin. Einer fragt "Was ist mit den aktuellen Politikern ?" der andere entgegnet "Noch zu früh, zu wenig historische Distanz".
An diesem Nachmittag kommt heraus, dass Lilia ein Verhältnis mit Dmitri eingegangen ist, die beiden werden von Nikolaj entdeckt, wie sie sich küssen. Es gibt Prügel und weitere Zerwürfnisse. Währenddessen berät sich der Bürgermeister mit der Richterin, der Staatsanwältin und dem Polizeichef. Auch der Bischof wird zu Rate gezogen. Nach diesen Gesprächen ist der Bürgermeister fest entschlossen, seine Macht zu demonstrieren...







Und dies auf besonders perfide Art und Weise. Am Ende gibt es eine Leiche, einen Verdächtigen und einen Prozess, der mit einem schuldspruch endet. Swjaginzew hat dieses Drama minutiös und sehr nüchtern festgehalten. Es ist gerade dieser nüchterne Erzählstil und die etwas spröde Machart die "Leviathan" zu einem der besten Filme dieses Jahrzehnts machen. Kameramann Michael Kritschman setzte stark auf die Landschaft, sie wirkt sowohl grausam wie malerisch. Bilder einer Küste mit vielen alten Booten, die wie Mahnmale wirken, dazu das Skelett eines Wals. Überhaupt ist die Umgebung ein Mischmasch aus reich und arm. Schicke Häuser sind neben Ruinen entstanden und das Meer wirkt durch die graue Küste manchmal seltsam bedrohlich. Swjaginzew schildert eine Alltagsgeschichte im Russland der Gegenwart und versucht in die russische Seele einzudringen, die einem System von Korruption, Gier, Gewalt und Wodka ausgeliefert sind. Der Kampf, der hier geführt wird, war von Anfang an zum großen Scheitern verurteilt. "Leviathan" wurde mehrfach für den europäischen Filmpreis und für den Oscar als bester Auslandsfilm nominiert. Immerhin siegte er beim Golden Globe in dieser Kategorie.







Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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