Regie: Cristian Mungiu
Schwangerschaftsabbruch...
Als bester europäischer Film des Jahres 2007 wurde das rumänische Drama
"4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" ausgezeichnet und warf damals die
Konkurrenz "Auf der anderen Seite" (Fatih Akin), Die Queen (Stephen
Frears), "Der letzte König von Schottland" (Kevin MacDonald),
"Persepolis" (Vincent Paronnaud & Marjana Satrapi) und "La vie en
Rose" (Olivier Dahan) überraschend aus dem Rennen. Auch Regisseur
Cristian Mungu wurde mit dem Regiepreis ausgezeichnet.
Die beklemmende Geschichte, die Mungu erzählt, spielt im Jahr 1987. Seit
mehr als 20 Jahren wird das kommunistische Land von Nicolae Ceausescu
regiert, der sich zwar Moskau unterordnete, aber sein Land auf einen
nationalen Sonderweg führte. Der Diktator betrieb einen extremen
Führerkult und um das Volk klein zu halten war der Geheimdienst sehr
groß. Diese Securitate hatte eine riesige Macht und wer nicht mitzog,
der durfte auch Bekanntschaft mit deren großer Brutalität machen. Die
Wirtschaftslage damals war mehr als schlecht und im Gegensatz zu anderen
osteuropäischen Republiken war die Sexualmoral in Rumänien sehr
erdrückend und so gab es auch keine Verhütungsmittel. Die vielen
Schwangerschaftsabbrüche waren immer illegal und auf dieses Verbrechen
standen mehrere Jahre Gefängnis. Durch diesen verbotenen Eingriff, der
sehr oft von Laien im Verborgenen durchgeführt wurde, kamen auch viele
Frauen ums Leben. Man schätzt 10.000 Schwangere, die den Abbruch unter
diesen erschwerten, teilweise dilettantischen Bedingungen, nicht
überlebten.
In dieser düsteren Zeit leben auch die zwei Studentinnen Otilia
(Annamaria Marinca) und Gabita (Laura Vasiliu). Die beiden sind eng
miteinander befreundet und leben zusammen im Studentenwohnheim. Gabita
ist schwanger und hat sich entschlossen das Kind abtreiben zu lassen.
Ein gefährliches Unterfangen, von dem am besten keiner etwas wissen
sollte. Lediglich die beste Freundin ist eingeweiht und so wird Otilia
zur aktiven Figur für dieses äusserst gefährliche Unternehmen. Noch
nicht mal ihr Freund Adi (Alexandru Potocean) darf davon wissen. Der ist
auch verwundert, weil sein Mädchen an diesem besagten Tag so abweisend
wirkt und nun auch nicht lange bei der Geburtstagsfeier von Adis Mutter
(Luminita Gheorghiu) bleiben will und ständig irgendwohin telefonieren
will. Sie ruft im Hotelzimmer an, wo ihre Freundin nach dem Eingriff im
Bett liegt.... Einige Stunden vorher hat Otilia dieses Zimmer für sich
und ihre Freundin gemietet und sich dann mit einem gewissen Herrn Bebe
(Vlad Ivanov) getroffen, der die Abtreibung am kostengünstigsten anbot.
Diesen Tipp haben die beiden von einer Bekannten bekommen. Dieser Herr
Bebe erkennt gleich, dass Gabita nicht im 2. Monat schwanger ist, wie
sie behauptet hat, sondern schon viel weiter. "4 Monate, 3 Wochen und 2
Tage" und damit ist dies keine Tötung mehr, sondern Mord. Somit noch
gravierender, wenn man erwischt wird. Die beiden jungen Frauen haben
weniger Geld dabei, als der Mann verlangt. Und so verlangt er zusätzlich
Sex....
Eine alltägliche Geschichte einfacher Menschen, die in einem Regime
leben. Mungu hat diese Geschichte sehr intensiv auf die Leinwand
gebracht und trotz dem strengen Minimalismus, der seinen preisgekrönten
Film kennzeichnet, ist die Spannung enorm. Die Paranoia, die so ein
unerbittliches Regime kennzeichnet, ist allgegenwärtig - selbst bei
scheinbar ganz unwichtigen und banalen Handlungen wie dem Buchen eines
Zimmers im Hotel. Ständig herrscht eine graue, freudlose Stimmung vor
und zeigt so auch das chronische Unbehagen der Menschen, die dieser
Diktatur unterworfen sind. Egal ob sie sich in diesem ominösen
Hotelzimmer, im Studentenwohnheim oder auf einer Geburtstagsfeier
befinden. Mungus Film verfügt phasenweise über eine starke existentielle
Wucht. Nüchtern, manchmal richtig dokumentarisch, die Kameraarbeit von
Oleg Mutu bleibt immer sehr distanziert und verstärkt den Eindruck der
ständigen Überwachung durch ein diktatorisches System.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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