Regie: Ali Abbasi
Killer in Maschhad...
"Holy Spider" ist ein Film des iranischen Regisseurs Ali Abbasi,
der in Dänemark lebt. "Holy Spider" ist Thriller über einen
Serienkiller, der in der heiligen Stadt Maschhad Morde an Prostituierten
begeht. Dabei fällt eine Ähnlichkeit zu dem deutschen Thrillerklassiker
"Nachts, wenn der Teufel kam" von Robert Siodmak auf. Auch dort wird in
einem totalitären Staat (im dritten Reich) ein Serienkiller gesucht,
die Obrigkeit möchte diese Angelegenheit aber total klein halten, denn
dieses Phänomen darf im Nazireich eigentlich nicht vorkommen. Ali
Abbasis Film funktioniert nach einer ähnlichen Struktur, denn in einem
Land mit übergroßer Religion wird der Täter durchaus als religiöser Held
angesehen.
Maschhad, der Handlungsort des Films, ist die Hauptstadt der
iranischen Provinz Razavi-Chorasan und die zweitgrößte Stadt Irans. Sie
ist politisches und religiöses Zentrum und wird jährlich von mehr als 20
Millionen Touristen und Pilgern besucht. Die Stadt gilt als eine der
sieben heiligen Stätten des schiitischen Islams. Dort befindet sich der
bekannte heilige Schrein des achten schiitischen Imams Reza.
Wer einen typischen Serienkillerfilm erwartet, der wird vermutlich
eher enttäuscht sein. Denn der Regisseur ist vor allem daran
interessiert eine Gesellschaft zu zeigen, die in weiten Teilen einen
Prostituierten Mörder unterstützt und seine Tagen gutheißt. Ein Land in
dem der Klerus herrscht und das mit seiner erzkonservativen
Interpretation des Korans vor allem die Freiheit von Frauen stark
beschränkt.
Die Journalistin Arezoo Rahimi (Zar Amir Ebrahmi) kommt aus
Teheran in die heilige Stadt Mashhad im Iran, um über eine Reihe von
Morden an örtlichen Straßenprostituierten zu berichten. Die Morde folgen
einem bestimmten Muster: Die Frauen (Prostituierte, meistens auch
drogenabhängig) werden von einem Mann auf einem Motorrad an einem
Kreisverkehr abgeholt, an einen anderen Ort gebracht und mit ihren
eigenen Kopftüchern erdrosselt. Anschließend werden sie in örtlichen
Mülldeponien entsorgt. Der Serienmörder, Saeed Azimi (Mehdi Bajestani),
wird gleich zu Beginn des Films vorgestellt. Der Film beginnt mit dem
letzten Abend eines seiner Opfer. Sie ist opiumsüchtig und sucht eine
Reihe von Kunden auf, bevor sie mit Azimi zusammenkommt. Sie fahren zu
einem heruntergekommenen Apartmentkomplex, aber sie wittert Ärger und
versucht zu fliehen, bevor sie seine Wohnung betritt. Azimi erdrosselt
sie im Treppenhaus und flieht dann mit ihrer Leiche auf seinem Motorrad.
Rahimi wird als zielstrebig, scharfsinnig bei der Analyse von
Beweisen und aufrichtig besorgt über das Schicksal der Mordopfer. Sie
kommt allein in der Stadt an und muss sich mit den verschiedenen
Beschränkungen auseinandersetzen, die für Frauen in der heiligen Stadt
gelten. Sie geht eine investigative Beziehung zu einem männlichen
Journalisten, Sharifi (Arash Asthiani), ein, der sie unterstützt, aber
ihr Umgang mit der örtlichen Polizei ist meist von Ablehnung und
Abwiegelung geprägt. Sharifi stand mit dem Mörder in Kontakt und wurde
von Azimi als eine Art Pressesprecher ausgewählt. Sharifis
Aufzeichnungen und Erinnerungen geben Rahimi Aufschluss über das
Mordmotiv: Azimi ist wankelmütig, mal freundlich, dann wieder explosiv
und beschimpft die Prostituierten als korrupt und schmutzig. Er
behauptet, die Stadt im Namen von Imam Reza, dem achten schiitischen
Imam, zu säubern; man sieht ihn unter Tränen am Schrein des Imams.
Kulturelle Frauenfeindlichkeit durchdringt Rahimis Interaktionen
mit Männern während ihrer Ermittlungen. Ein uniformierter Polizist,
Rostami (Sinah Parvaneh), scheint zunächst freundlich zu sein, bevor er
sich unerwünscht an sie heranmacht und Rahimis Charakter lächerlich
macht, als er zurückgewiesen wird. Ein mächtiger lokaler Geistlicher
(Nima Akbarpour) deutet ebenfalls an, dass ihr ein schlechter Ruf
vorauseilt. Ihre Position als Außenseiterin prägt Rahimis emotional
schwierige Interaktionen mit den Familien der Opfer und in einem Fall
ein vorbereitendes Gespräch mit einer Prostituierten in der Nacht ihres
Mordes.
Azimis Privatleben wird in einigen Details geschildert. Er hat drei
Kinder, eine fürsorgliche Frau (Forouzan Jamshidnejad) und ein Netzwerk
von Militärkameraden aus dem Iran-Irak-Krieg. Der emotionale Schmerz
über seinen Dienst ist offensichtlich, und er fühlt sich als Versager,
weil er nicht zum Märtyrer geworden ist. Azimis Hingabe an seine Familie
steht im Kontrast zu der Brutalität seiner Morde. Einer der Morde
findet in seinem Haus statt und wird beinahe durch die Ankunft seiner
Frau unterbrochen. Azimi gelingt es, die Leiche eilig in einem Teppich
zu verstecken. Später hat Azimi Sex mit seiner Frau, während er den Fuß
seines toten Opfers erspäht. Hannaeis halbwüchsiger Sohn Ali (Mesbah
Taleb) vergöttert seinen Vater, auch nach seiner Ergreifung und
Verurteilung zum Tode...
"Holy Spider" ist eine Coproduktion der Länder Deutschland,
Dänemark, Schweden und Frankreich. Hauptanteil der Produktion kam aus
Deutschland. So ist es nicht verwunderlich, dass "Holy Spider" auch beim
deutschen Filmpreis mehrfach nominiert wurde und das Filmband in Bronze
erhielt. Darüberhinaus war "Holy Spider" Dänemarks Beitrag für den
Oscar und kam sogar auf die Shortlist und verpasste nur knapp die
offizielle Nominierung der fünf besten Filme. Beim Europäischen
Filmpreis 2022 gab es 4 Nominierungen: Bester Film, bestes Drehbuch,
beste Darstellerin Zar Amir Ebrahimi und beste Regie. In Cannes wurde
Ebrahimi mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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