Montag, 25. Dezember 2017

Amarcord

Regie: Federico Fellini

Ich erinnere mich....

Federico Fellini gewann 1975 den Oscar für seinen Episodenfilm "Amarcord" - es war nach "La Strada", "Die Nächte der Cabiria" und "8 1/2" sein 4. Sieg in der Kategorie des besten Auslandsfilms.
Insgesamt strahlt der Film eine große Lebensfreude aus und die Erzählstruktur besteht aus Anekdoten, Erlebnissen, Erfahrungen und auch Träumen. Der Titel "Amarcord" bedeutet "Ich erinnere mich" im Dialekt von Rimin, der Küstenstadt in der Fellini im Jahr 1920 geboren wurde. Hier sammelte der Regisseur Legenden seiner Jugend und stattet diese Erinnerungen auch mit einer Fantasie und mit Verklärung aus. "Amarcord" ist auch ein Bilderfilm, die von Kameramann Giuseppe Rotunno (Das letzte Ufer, Der Leopard, Satyricon, Die Bibel, All that Jazz) gemacht wurden und der damit eine seiner stärksten Leistungen überhaupt abliefert.
Aus einer tumultartigen Szene im Schnee entsteht beispielsweise ein Bild von vollkommener Schönheit, wenn der Pfau eines Grafen entkommt, in die Lüfte steigt und sich dann seine blendenden Schwanzfedern an einem Brunnen ausbreitet - und genau in diesem Moment schneit es auch in der ansonsten sonnigen Stadt.
Es sind die Erlebnisse des jungen Titta Biondi (Bruno Zanin), mit denen der Zuschauer ins Reich der Nostalgie und der Freude abtaucht. Gemäß der Erkenntniss, dass wir das lieben und begehren, was wir sehen, schwärmt er für die begehrenswerteste Frau der Stadt. Es ist die Friseuse Gradisca (Magali Noel) für die alle Männer und auch die ganz jungen Männer des Ortes schwärmen. Sicherlich hat sich Giuseppe Tornatore in seinem "Der Zauber von Malena" von diesem großen Fellini Klassiker inspireren lassen.
Natürlich findet er den Busen der drallen Tabakverkäuferin (Maria Antonietta Beluzzi) einfach geil und er hat auch schon näheren Kontakt zu der nymphomen wie verrückten Prostituierten Volpina (Josiane Tanzilli). Diese Zeit zwischen dem Frühjahr 1933 und dem Frühjahr 1934 steht für die sexuelle Neugier von Titta, der davon träumt mit der städtischen Schönheit zu schlafen.
In der ersten Szene wird der Winter durch ein Brauchtumsfest vertrieben, dort auf der lebnhaften Piazza werden die Figuren der Geschichte eingeführt.
Fellini inszenierte originell, so ist zum Beispiel eine ganze Galerie karikaturistischer und überzeichneter Lehrer zu sehen, die die Schüler unterrichten. In der Familie Biondi geht es meistens lautstark zu. Der Vater Aurelio (Armando Brancia) ist ein Gegner der immer stärker werdenden Faschisten, was ihm bei einem Fest der Partei mächtigen Ärger einbringt. Er wird verdächtigt die Veranstaltung sabotiert zu haben und bekommt nach dem Verhör eine Portion Rizinusöl eingeflößt. Die Mutter Miranda (Pupella Maggio) ist besonders temperamentvoll und streitet sich sehr oft mit dem Vater. Die Wortgefechte finden meistens beim gemiensamen Essen statt. Mirandas Bruder Lallo (Nando Orfei), der Großvater (Giuseppe Ianigro) und Tittas kleinerer Bruder (Stefano Proietti) lassen sich allerdings durch die heftigen Wortgefechte nicht stören.  Der geistig behinderte Onkel Teo (Ciccio Ingrassioa), der in der Irrenanstalt lebt, wird wie jeden Sommer von der Familie zu einem Ausflug nach Hause geholt. Doch diesmal läuft das Familientreffen nicht reibungslos ab. Der Onkel klettert auf einen Baum, schreit über 5 Stunden lang von dort "Ich will eine Frau" herunter, bis eine kleinwüchsige Nonne es schafft ihn wieder auf den Boden der Realität zu bringen..









Fellini zeichnet dieses eine Jahr mit sehr viel Melancholie und die Rituale dieses Dorfjahres sind unterlegt mit der grandiosen Filmmusik von Nino Rota. Eine strengere Struktur hat Fellini dabei vermieden, aber sein Kaleidoskop lebt hervorragend von meisterhafen und effektvollen Bildern. Dabei lotet der Regisseur auch die Geschmacksnerven seines Publikums aus, denn in "Amarcord" wird uriniert, masturbiert und heftig an einem Busen gesaugt. Dieser letzte kommerziell richtig erfolgreiche Film des Italieners kanalisiert durch die Verstärker wie Ausstattung, Farbgestaltung, Kostüme und Szenenbildern den perfekten Anteil an reiner Poesie zum Zuschauer.
Ein Advokat (Luigi Rossi) fungiert als Erzähler. Neben der unvergesslichen Pfauenszene bietet der Film noch weitere gleichwertige Highlights, wenn Titta im Schnee seiner Angebeteten auflauert, sie verfolgt und versucht ihr rein zufällig zu begegnen - er findet sie aber nicht mehr. In einer Totalen wird nur dem Zuschauer gezeigt, dass sich die beiden begegnet wären, aber er lief etwas zu schnell, sie zu langsam. Eine traurige Szene bietet das Ende - Gradisca heiratet einen Offizier der Carabinieri am Strand. Nach und nach verlassen die Hochzeitsgäste den Strand, auch Gradisca verlässt mit ihrem Gatten die Stadt. Der Strand leert sich nach und nach, bis er menschenleer ist. Ein wehmütiger Ausklang und das Ende einer Epoche.







Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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