Regie: Luchino Visconti
Mein Kind muss zum Film...
Luchino Viscontis leichtester Film "Belissima" aus dem Jahr 1951 ist vor
allem geprägt durch die großartige Hauptdarstellerin Anna Magnani. Eine
Schauspielerin, die nicht durch eine besondere Atrraktivität zum
Publikumsliebling wurde, denn sie spielte immer sehr kraftvolle und
erdige Frauenrollen - temperamentvoll und aus dem einfachen Volk oder
aus der Unterschicht. Sie spielte die Mutter, die wie eine Löwin für ihr
Kind kämpft, manchmal die unglücklich Verliebte oder auch die stolze,
kämpferische Prostituierte. In Italien wurde die Volksschauspielerin
verehrt. Bei ihrer Beerdigung in Rom im Jahr 1973 sollen 100.000
Menschen ihrem Sarg gefolgt sein. Sie war die bedeutendste
Charakterdarstellerin Italiens, eine Persönlichkeit mit einem stolzen
Selbstbewusstsein und einem unbändigen Temperament. Ihre Fans nannten
sie "Mamma Roma" oder "Nannarella". Im Laufe ihrer Karriere gelang ihr
auch der Sprung nach Hollywood und für ihre Rolle als Serafina Delle
Rose in der Tennessee Williams Verfilmung "Die tätowierte Rose" erhielt
sie sogar den Oscar als beste Hauptdarstellerin des Jahres 1956.
Ihre besten Rollen gelangen ihr aber auf nationaler Ebene, z.B. in "Rom
offene Stadt" von Roberto Rossellini, in "Mamma Roma" von Pier Paolo
Pasolini und natürlich in "Bellissima", dem dritten Film von Luchino
Visconti. Dieser hatte mit seinen beiden ersten Filmen "Ossessiione" und
"Die Erde bebt" ein geschäftliches Fiasko erlitten. Dennoch war
Produzent Salvo D´Angelo überzeugt von seinem Regisseur, denn die
internationale Kritik war begeistert. "Bellissima" war so etwas wie ein
Versuch einen echten Publikumsfilm zu drehen. Die Geschichte selbst
enstammte einer Idee von Cesare Zavattini. Visconti reduzierte mit
seinen beiden Drehbuchautoren Suso D´Amico und Francesco Rosi den
sentimentalen Anteil der Story, daher gelang ihm auch mit diesem
leichten Film ein beachtliches künsterisches Ergebnis mit erhöhtem
Anspruch. Ähnlichkeiten zu de Sicas Meisterwerk "Fahrraddiebe" sind
sichtbar, aber statt Vater und Sohn sind in "Bellissima" Mutter und
Tochter die Hauptfiguren.
Anna Magnani spielt die resolute Krankenschwester Maddalena Cecconi. Sie
ist von ihrem einfachen Leben frustriert und projiziert ihre Sehnsüchte
und Träume auf ihre kleine Tochter Maria (Tina Apicella). Aus ihr soll
ein großer Filmstar werden. Und tatsächlich bietet sich bald eine große
Chance, denn eine große Filmgesellschaft sucht öffentlich ein kleines
Mädchen für die Hauptrolle im neuen Film des Regisseurs Alessandro
Blasetti (spielt sich selbst). Das Casting findet im Filmstudio-Komplex
"Cinecitta" statt - aber die Konkurrenz ist zahlreich. Ganz viele
weitere ehrgeizige Mütter sind mit ihren mehr oder weniger talentierten
kleinen Töchter vor Ort. Durch den jungen Annovazzi (Walter Chiari), der
beim Film arbeitet und der sich seiner Beziehungen zu den Produzenten
und dem Regisseur rühmt, gelingt es ihr tatsächlich, dass die kleine
Maria eine Probeaufnahme machen darf. Selbstverständlich ist dieser
Gefallen, den Annovazzi realisieren konnte, nicht kostenlos. Sie muss
ihr Sparbuch plündern. Maddalenas Ehemann ist der Arbeiter Spartaco
(Gastone Renzelli) sieht die Ambitionen seiner ehrgeizigen Ehefrau nicht
gerne. Aber die durchsetzungsstarke Frau bleibt hart - bis zu dem
zeitpunkt, als sie sich Zutritt zu einer Muster-Vorführung verschafft
und im Projektionsraum mit anhören muss, wie ihre unbegabte und
linkische Tochter ausgelacht wird....
Am Ende soll die Kleine doch noch einen Vertrag bekommen. Man will ihre
unfreiwillige Komik möglichst gewinnbringend ausschlachten. Eine große
Szene, als Anna Magnani mit ihrer schlafenden und völlig erschöpften
kleinen Tochter nach Hause kommt. Das Kind wurde ausgelacht. Doch nun
sind bereits drei Männer mit sehr lukrativen Verträgen in ihrer
einfachen Wohnung. Der Mann freut sich sogar, weil er mit solch einem
Geldsegen nicht rechnen konnte. Doch Maddalena lehnt entrüstet ab und
macht klar, dass es für die Eltern nichts wichtigeres und schöneres gibt
als die kleine Maria. Visconti schafft es die Handlungsweise von
Maddalena mit ihrem tristen und hoffnungslosen Leben zu erklären, so ist
auch viel Neorealismus in diesem Unterhaltungsfilm Die Magnani liefert
die perfekte Emotion für diesen Film, sie gibt ihrer Figur eine gewisse
Verrücktheit, viel überzogenen Ehrgeiz - aber auch die absolute
menschliche Wärme und die Größe ihr Handeln zu reflektieren und wichtige
Schlüsse daraus zu ziehen.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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