Dienstag, 19. März 2019

Ein Mann für gewisse Stunden







































Regie: Paul Schrader

Tiefer Fall...

Paul Schrader schrieb die Drehbücher der Scorsese Filme "Taxi Driver" und "Raging Bull". Mit dem sozialkritischen Meisterwerk und leider viel zu wenig beachteten "Blue Collar" lieferte er 1978 ein überzeugendes Regiedebüt ab. Es folgte "Hardcore - Ein Vater sieht rot" und "American Gigolo" (Deutscher Titel: Ein Mann für gewisse Stunden) - ein Film, in der Machart der progressiven 70sFilme, der aber bereits Veränderungen des neuen Jahrzehnts einläutet. Dies wird in der Optik sichtbar, aber auch in der Charakterisierung der Hauptfigur Julian Kay, einem Protagonisten dieses neuen Jahrzehnts, der formell zu glänzen weiß, aber den Inhalt geschickt verbirgt.
Wie viele von Schraders Drehbüchern und Filmen ist hier eines seiner Lieblingsmotive erkennbar. Schrader hat Interesse an dem Mann, der eine selbstzerstörerischen Weg eingeschlagen hat oder sich mit seinem Tun selbst schadet. Die Verwandtschaft zwischen dem Taxifahrer Travis Bickle, dem von seiner Umwelt entfremdeten Sheriff Wade Whitehouse in "Der Gejagte" und dem arroganten Frauen- und Society Liebling Julian ist bei näherer Betrachtung verblüffend.
Schrader selbst hat seine Arbeiten "Taxi Driver", "American Gigolo", "Light Sleeper" und "The Walker" auch als zusammenhängende Tetralogie unter dem Begrif "Man in a Room Movie" gesehen. Die Hauptfigur versteckt sich jeweils lange Zeit gekonnt hinter einer Maske der Oberflächlichkeit.
Für mich ist "American Gigolo" sowieso einer der besten US-Filme der 80er Jahre. Denn er bietet viele Subtexte, wenn man sich darauf einlässt die Psyche dieses Callboys zu ergründen.
Er hat es in seinem Metier tatsächlich zu etwas gebracht. Er wird von reichen und wohlhabenden Frauen zur Gesellschaft gemietet. Damit ist nicht nur das sexuelle Abenteuer gemeint, sondern auch das ganze Drumherum. Diese Frauen wollen beispielsweise einen Chauffeur mit guten Manieren oder einen intelligenten Zuhörer beim gemeinsamen Restaurantbesuch. Und Julian (Richard Gere) spricht einige Sprachen und ist belesen, weiß sich zu benehmen in den Kreisen der High Society in der Metropole Los Angeles.
Vermittelt werden seine lukrativen Dates durch die Schwedin Anne (Nina von Pallandt), bei der auch junge Frauen arbeiten, die sich mit reichen Männern verabreden. Es herrscht in diesen Kreisen "Gentlemans Agreement".
Julian lernt gerade schwedisch und bringt tagtäglich mit Training seinen Luxuskörper in Schwung und er achtet auf gute Ernährung. Er weiß wie man sich kleidet und versteht es wunderbar mit Frauen zu flirten. Dabei hat er sowieso ein Faible für erfahrene Frauen. Er nimmt aber nicht jede und kann aufgrund seines unheimlich guten Aussehens auch wählerisch sein. Versteht sich von selbst, dass Julian eine arrogante Aura ausstrahlt. Als ein alter Freund, der Zuhälter Leon (Bill Duke) ihn um einen Gefallen bittet, lehnt Julian zunächst ab, sagt dann aber doch zu. Er soll die Frau (Patricia Carr) des vermögenden, aber reichlich perversen Mr. Rheiman (Tom Stewart) verwöhnen. Der Gatte möchte zuschauen, doch der verlangt im Lauf des Liebesspiel eine harte Gangart. Julian soll die Frau schlagen und züchtigen. Am nächsten Tag stellt er Leon zur Rede. Doch er lernt auch die attraktive Michelle (Laureen Hutton) kennen, die mit dem Lokalpolitiker Stratton (Brian Davis) verheiratet ist. Er beginnt mit ihr eine Affäre. Dann liest er in der Zeitung vom Mord an einer gewissen Mrs. Rheiman. Bald steht auch schon ein Detektive (Hector Elizondo) vor der Tür und im Nu ist Julian der Hauptverdächtige in diesem Mordfall..






Doch Schrader interessiert sich nicht sehr für das Thriller Potential seiner Story, er ist auf der Suche die Figur näher zu ergründen. Und legt damit die Diskrepanz zwischen Schein und Sein offen. Je mehr Julian bedrängt wird, desto mehr gewinnt man einen Einblick in die Vergangenheit. Es wird bald klar, dass er sich ehrgeizig von der Gosse hochgearbeitet hat und er könnte sehr schnell wieder dort landen, denn sein luxuriöses Umfeld könnte ihn auch sehr schnell fallen lassen. Am Ende steht zwar die Hoffnung, aber sie hinterlässt dennoch ein etwas mulmiges Gefühl. Richard Gere ist die perfekte Besetzung für diesen ausstrahlungsfixierten Callboy, der immer mehr erkennen muss, dass er ein leichtes Opfer war für eine perfide Falle.







Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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