Dienstag, 19. März 2019
Little Big Man
Regie: Arthur Penn
Die unfassbare und unglaubliche Geschichte des Jack Crabb...
Ende der 1980er Jahre in einem Altersheim: Der 121 jährige Jack Crabb (Dustin Hoffman) ist der einzige weiße Überlebende der legendären Schlacht am Little Big Horn, die am 25. Juni 1876 stattfand. Das 7. Kavallerieregiment unter George Armstrong Custer (Richard Mulligan) wurde dort von Indianern der Lakota Sioux, Arapaho und Cheyenne unter den Führern Sitting Bull, Crazy Horse und Gall am Little Bighorn River, Montana vernichtend geschlagen. Diese Schlacht gilt als eine der ganz wenigen großen indianischen Siege gegen die Übermacht der US Army. Custer beging dort den folgenschweren Fehler die Lage völlig falsch einzuschätzen, er rechnete nicht damit, dass das Kriegslager des Feindes so groß war. Crabb war dabei und erzählt dem Reporter einen Ausschnitt aus der Geschichte seines Lebens in diesen vergangenen Gründertagen. Als 10jähriger Junge verliert Crabb (Ray Dimas) bei einem Überfall der Pawnee seine Familie, die mit einem Siedlertreck in der Prärie unterwegs war. Er ist der einzige Überlebende seiner Schwester Caroline (Carole Androsky) und beide werden von einem Cheyenne Indianer aufgefunden und mitgenommen. Caroline flieht, aber Jack bleibt bei den Menschenwesen, wie sich die Indianer nennen. Er wird vom weisen Häuptling Old Lodge Skins (Chief Dan George) als Enkel adoptiert und verbringt sein Leben auch als Jugendlicher (Alan Howard) dort, lernt jagen und reift dort zum jungen Krieger heran. Jack ist nicht besonders groß und erst durch die Rettung des etwa gleichaltrigen Younger Bear (Steve Miranda, später Cal Bellini) erlangt er den völligen Respekt seiner Kameraden und des ganzen Stammes. Er erhält den Namen "Little Big Man. Bei einem Gefecht zwischen den Indianern und einer Einheit der US-Kavallierie gibt er sich den Soldaten als Weißer zu erkennen und kehrt daher in die Welt der Bleichgesichter zurück. Bei Pfarrer Pendrake (Thayer David) und dessen merklich jüngerer Frau (Faye Dunaway) soll er wieder zum christlichen Mitglied der Gemeinde umerzogen werden. Die Welt ist ihm aber fremd geworden. Er flieht dort und betätigt sich eine Zeitlang als Gehilfe des Wander-Quacksalbers Mr. Merriweather (Martin Balsam), der dort unbedarften Siedlern eine selbstgebraute Mixtur als Wunderheilmittel anbietet. Er trifft wieder auf seine Schwester Caroline und wird in Folge ein Revolverheld und lernt sogar Wild Bill Hickok (Jeff Corey) kennen. Dann heiratet Jack die Schwedin Olga (Kelly Jean Peters), die bei einem Überfall der Indianer verschleppt wird. Auf der Suche nach seiner Frau begegnet er wieder den Cheyenne, verlässt diese aber wieder und wird zum Eselstreiber bei dem führenden Armeeoffizier Custer in der Hoffnung seine immer noch vermisste Frau zu finden. Er wird dann erstmalig Zeuge von einem brutalen Massaker der Soldaten an den Cheyenne, wo sein einstmaliger Finder Shadow that comes inside (Ruben Moreno) stirbt. Jack kann aber dessen Tochter Sunshine (Aimee Eccles) retten, die während der Kämpfe ein Kind bekommt. Das Mädchen wird seine Frau und er bleibt bei den Menschenwesen. Doch seine Odyssee zwischen den Kulturen ist noch nicht beendet. Er erlebt das grausame Massaker am Washita River mit, verliert dort erneut die aufgebaute Existenz bei den Menschenwesen, strauchelt erneut in der Zivilisation bei den Weißen und trifft erneut auf den größenwahnsinnigen General..
Arthur Penns bekanntestes Werk ist sicherlich "Bonnie und Clyde". Im Westerngenre war er zweimal erfolgreich tätig. "Little Big Man" enstand 1970, sechs Jahre später gelang ihm ein weiterer Erfolg mit "Duell am Missouri", einem sonderbaren, aber extrem unterhaltsamen Schlagabtausch zwischen Jack Nicholson und Marlon Brando. Beide Arbeiten sind sehr unterschiedlich. "Little Big Man" ist als eine Art Schelmengeschichte verpackt, kann aber auch als epischer Anti-Western bestehen und zeigt einen untypischen Westernhelden. Jack Crabb ist ein Entwurzelter und liefert mit seiner Erzählung nicht nur ein vernichtendes Porträt von General Custer, sondern zeigt realistisch die Greueltaten der Eroberungspolitik des weißen Mannes, begangen an den Menschenwesen. Diese werden in ihrer Kultur und Weltanschauung vor allem durch den alten Häuptling verkörpert. Selten gab es eine überzeugendere Darstellung einer Nebenrolle. Chief Dan George wurde für seine Rolle oscarnominiert, verlor aber gegen John Mills, der in "Ryans Tochter" überzeugen konnte. Harry Stradling jr. (Sohn von Harry Stradling) war verantwortlich für die Bilder und lieferte hier neben "700 Meilen westwärts" seine beste Arbeit in seiner Laufbahn ab. Mit der Thematisierung der Massaker inspirierte Arthur Penns Film sicherlich auch den kurze Zeit später enstandenen Western "Soldier Blue", der ein weiteres Massaker, das 1864 stattgefundene Sand Creek Massaker, in noch viel drastischeren Bildern dem Zuschauer verdeutlichte. "Little Big Man" ist eine satirisch anmutende Tragikomödie, die sich zum Ziel gesetzt hat den Wilden Westen zu entmythologisieren. Hier wird der American Way of life von der bitteren Realität eingeholt, das Heldenbild weicht der realistischen und brutalen Auseinandersetzung zwischen Indianern und Kolonisten.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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