Regie: Neil Jordan
Dils Geheimnis...
Ein Skorpion will über einen Fluß, aber er kann nicht schwimmen. Er
geht zu einem Frosch und bittet ihn, ihn über den Fluß zu bringen. Der
Frosch sagt "Wenn ich dich au fmeinem Rücken mitnehme, wirst du mich
stechen". Daraufhin sagt der Skorpion "Warum sollte ich dich denn
stechen, während ich auf deinem Rücken sitze ? Wir würden ja beide
ersaufen. " Der Frosch denkt eine Weile über die Logik nach und willigt
schließlich ein. Er nimmt den Skorpion auf seinen Rücken, springt ins
Wasser und auf halbem Weg spürt er plötzlich einen brennenden Schmerz in
seiner Seite. In diesem Moment begreift er, dass ihn der Skorpion doch
gestochen hat. Als die beiden so langsam in den Wellen versinken, ruft
der Frosch noch mit letzter Kraft "Warum hast du mich denn gestochen,
Skorpion. Jetzt werden wir beide untergehen ". Der Skorpion antwortet
"Ich kann nichts dafür, Das liegt in meiner Natur" - diese Geschichte
wird in Neil Jordans wichtigstem Film "The Crying Game" aus dem Jahr
1992 erzählt. Der britische Soldat Jody (Forest Whitaker) erzählt sie
seinem Entführer Fergus (Stephen Rea) in einem von drei sehr
unterschiedlichen Akten, in die der Film aufgeteilt ist. Kurz zuvor
wurde der Soldat noch auf einem Vergnügungspark in Nordirland von der
hübschen Blondine Jude (Miranda Richardson) angemacht. Doch der Flirt
war nur der Köder für die Entführung durch die IRA. Maguire (Adrian
Dunbar) ist der kopf der Truppe, zu der auch der eher softe Fergus
(Stephen Rea) gehört. Man will die britische Regierung erpressen
eingesperrte IRA Kämpfer freizulassen - im Gegenzug erlangt der
gefangene Soldat seine Freiheit. Sollte man jedoch nicht binnen von 3
Tagen auf die Forderungen eingehen, dann wird der Soldat Jody
erschossen. Diese mörderische Aufgabe soll Fergus erfüllen, der den
Gefangenen auch Tag und Nacht bewacht. Doch zwischen den beiden Männern
entsteht durch das Gespräch eine gewisse Beziehung, die fast schon
freundschaftliche Tendenzen enthält bis hin zu einem gewissen Flirten.
Dabei erzählt Jody von seinem Mädchen Dil (Jaye Davidson), die er gerne
wiedersehen will. Doch da die britische Regierung ablehnt, kommt der
Augenblick, in dem Fergus Jody beseitigen soll. Fergus ist bei dieser
Aktion völlig unentschlossen und Jody entwischt ihm, wird jedoch von
einem britischen Panzerfahrzeug überfahren. Das IRA Lager wird komplett
zerstört. Fergus ist aber entkommen und arbeitet als "Jimmy" in London
auf dem Bau. Er hat es Jody versprochen nach Shoreditch zu fahren, wo
die Freundin des Soldaten lebt. Er verguckt sich in die attraktive Frau,
die als Friseurin arbeitet und manchmal als Nachtclubsängerin den Song
"Crying Game" dem Publikum darbietet. In diesem Lokal vermittelt der
todernste Barkeeper Col (Jim Broadbent) zwischen den beiden Flirtenden.
Doch Dil ist eine Frau mit einem Geheimnis. Als Fergus es herausfindet
ist er erstmal schockiert. Doch er trifft sich wieder mit Dil.
Inzwischen hat Neil Jordan aber bereits seinen finalen dritten Akt
eingeleitet, denn Jude kehrt mit gefärbtem Haar zurück. Sie hat Fergus
ausfindig gemacht und nun soll er mit einem Attentat an einen Richter
wieder gutmachen, was er vor einiger Zeit vermasselt hat...
Dramaturgisch hat der Song "Crying Game" eine starke Gewichtung -
im Abspann wird der Song von Boy George gesungen, der dem Lied erst die
perfekte Melancholie aufdrückt. Lyle Lovetts ruppige Coverversion von
Tammy Wynettes "Stand by your man" ist ebenfalls perfekt eingesetzt.
Denn er beweist den Zusammenhalt von Fergus und Dil, in einer
Geschichte, die zerfressen ist von Spaltung. Dils Geheimnis setzt auch
den markanten Mittelpunkt des Films "Transgender" - der Begriff war
damals noch eher unbekannt. Doch in "Crying Game" geht es nicht um das
Ringen der eigenen Identität, die hat die Figur Dil längst für sich
schon gefunden. Es sind die Thrillerakzente, die einen großen Raum
einnehmen und Neil Jordan interessiert sich dafür wie die Figuren sich
in solchen Ausnahmesituationen verhalten bzw. verhalten müssen. Denn wie
sagt schon die Geschichte vom Frosch und vom Skorpion "Ich kann nichts
dafür wie ich handle, denn es liegt ja in meiner Natur". "Crying Game"
war in Großbtitannien zuerst ein Flop, doch er landete in den USA einen
Erfolg. Mit sechs Nominierungen für den Oscar (bester Film, beste Regie,
bester Schnitt, bester Darsteller Stephen Rea, bester Nebendarsteller
Jaye Davidson, bestes Drehbuch) war er auch ein rieisger Kritikererfolg.
In der Kategorie "Bestes Drehbuch" wurde Regisseur Neil Jordan auch mit
dem Oscar geehrt.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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