Sonntag, 24. März 2019
Lichter der Großstadt
Regie: Charles Chaplin
Der Tramp und das Blumenmädchen...
Von den Nationalsozialisten wurde Charles Chaplin irrtümlich für einen Juden gehalten. Zuerst von Joseph Goebbels, später dann von der NS-Presse. Aus Solidarität mit den Verfolgten verzichtete Chaplin auf eine Richtigstellung und dementierte erst viel später. Ein Freund von Chaplin gab auch irgendwann einmal an, dass diese Falschmeldung auch der Grund gewesen sein, dass der HollywoodStar sich für die Produktion von "Der große Diktator" entschied.
1931 hatte der Stummfilm bereits ausgedient. Dennoch entschied sich Chaplin mit "Lichter der Großstadt" für das Risiko sein neues Projekt ohne Dialog zu drehen. Aber in zwei Szenen benutzte er immerhin Toneffekte. Bei einer Denkmalsenthüllung am Anfang des Films werden die beiden Festredner von einem Saxophon "synchronisiert". Mit diesem schrägen Effekt macht er sowohl die Sinnlosigkeit dieser Ansprachen deutlich und gestattet sich gleichzeitig einen Seitenhieb auf die neue Innovation seiner Zunft auf sprechende Dialoge zu setzen.
In einer weiteren Sequenz während einer Party verschluckt der Tramp auch noch die Trillerpfeife eines Polizisten. Die bleibt ihm dann im Hals stecken und verursacht einen enervierenden Schluckauf - sowohl für ihn als auch für die Partygäste.
"Lichter der Großstadt" ist sowieso ein Feuerwerk grandioser Slapstickideen, die eingebettet sind in eine zarte Liebesgeschichte zwischen dem mittellosen Tramp und einem blinden Blumenmädchen (Virginia Cherill), das er zufällig auf der Straße trifft. Zuvor hat er sich natürlich schon den Wut einer Festgemeinde zugezogen, die feierlich ein Denkmal enthüllen wollten. Auf seiner Flucht legt er sich mit der Polizei, frechen Zeitungsjungen und einer Falltür auf dem Bürgersteig an. Dann die magische Begegnung mit der Blinden, die durch einen Zufall glaubt, dass der Mann, der ihr gerade begegnet ist, ziemlich reich sein müsste. Am Abend rettet der Tramp einem lebensmüden und völlig betrunkenen Millionär (Harry Myers) das Leben - der wollte sich im Fluß ertränken. Aus Dankbarkeit lädt der begüterte neue Freund den Tramp ein bei sich zu übernachten. Doch als der Exzentriker wieder nüchtern ist, kann er sich an den nun "ungebetenen" Gast in seinem Haus bzw. sogar in seinem Bett nicht mehr erinnern und lässt ihn von seinem Butler (Allan Garcia) hinauswerfen. Dieses Spiel wiederholt sich im Laufe der Geschichte noch desöfteren, da die beiden sich immer wieder begegnen und der Millionär ständig zuviel Alkohol intus hat.
Weil das Blumenmädchen nicht an ihrem Stammplatz an der Straßenecke sitzt, besucht es der Tramp in dem schäbgen Zimmer, in dem es gemeinsam mit der Großmutter (Florence Lee) haust. Ab jetzt hat sich der Tramp in den Kopf gesetzt, dass er nicht nur die überfällige Miete der beiden bezahlen möchte, sondern auch eine Reise nach Wien zu einem Spezialisten, der ihr das Augenlicht wieder geben könnte. Er arbeitet hart als Straßenkehrer und als Preisboxer. Der Millionär entscheidet sich dann im Suff dafür seinem neuen Freund 1.000 Dollar zu schenken. Er kann das Geld dem Mädchen noch bringen, dann wird er wegen Diebstahls verhaftet. Monate später wird er entlassen. Es wird noch einmal zu einem Treffen mit dem Mädchen kommen...
Chaplin war ein Meister der Tragikömodie wie er hier in einem seiner besten Filme beweist. Am Ende steht ein vielsagender Blick, aber auch das Ende eines Traums, den die Protagonisten erlebt haben. Am Ende steht auch die Wehmüt und Melancholie. Mit subtilen Mitteln entlarvt Chaplin auch die Reichen, denn scheinbar sind sie nur im Zustand der Trunkenheit zu menschlichen Gefühlen bereit. Ganz großartig sind auch die Sequenzen vor und während des Boxkampfes gelungen - da ist Charlie Chaplin total in seinem Element und spult ein Feuerwerk an Gags und komischen Momenten ab.
"Lichter der Großstadt" gilt als einer der großen Filme von Chaplin. Beim American Film Institute rangiert der Klassiker auf Platz 11 der 100 besten amerikanischen Filmen aller Zeiten.
Bewertung: 10 von 10 Punkten
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