Regie: Joe Wright
Ivorys Nachfolger...
Jane Austen (1775-1817) erlebt schon seit einigen Jahren eine erneute
Renaissance, was eine weiter steigende Leserschaft und auch zahlreiche
Verfilmungen ihrer Romane nicht zuletzt auch durch die BBC fürs
britische TV beweisen. Einen Trend, den die Lichtspielhäuser aufnahmen
und nach der erfolgreichen Kinoadaption des Frühwerks "Sinn und
Sinnlichkeit" (Ang Lee) und der beiden Spätwerke "Emma" und "Mansfield
Park" folgte diese 2005 von Joe Wright inszenierte Version von Austens
vielleicht bekanntestem Roman "Stolz und Vorurteil". Nachdem man nun
auch seinen Nachfolgefilm "Abbitte" kennt, darf man ihn wohl zu Recht
als den Erben von James Ivory auffassen, der wie kein zweiter
wunderschön anmutende Sittenbilder der englischen Gesellschaft
insenieren konnte und auch die entsprechenden Zwänge dieser Stände
anhand von Einzelschicksalen, die diesem System unterworfen waren,
glänzend porträtieren konnte.
In diesem Kontext darf man auch "Stolz und Vorurteil" sehen. Eine
Geschichte, die vor etwas mehr als 200 Jahren spielt und vordergründig
natürlich eine Liebesgeschichte präsentiert, die von Höhen und Tiefen
gekennzeichnet ist, also Stolpersteine auf dem Weg zum Glück präsentiert
und alles andere als funktionierend dargestellt wird.
Die Geschichte der jungen Elisabeth Bennet (Keira Knightley) und dem
schwerreichen, arroganten jungen Mr. Darcy (Matthew McFaddyen), der dem
Hochadel angehört. Die beiden mögen sich zuerst nicht sonderlich...und
dieses Empfinden wird durch zwei Ereignisse in der Geschichte eher
schlechter als besser.
Eine gute Heirat war in der damaligen Zeit die einzige akzeptable
Möglichkeit für eine der Gentry angehörenden junge Frau (eine nicht
genau abgegrenzte Schicht des gehobenen Bürgertums und niederen Adels im
Gegensatz zum höheren Adel),sich eine respektable Stellung in der
Gesellschaft zu sichern. Andernfalls war sie ihr Leben lang vom
Wohlwollen und der Großzügigkeit wohlhabender Verwandter abhängig.
Und Vater und Mutter Bennet (Donald Sutherland/Brenda Blethyn) haben
sogar 5 heiratsfähige, junge Töchter, die unbedingt unter die Haube
müssen, bevor der Vater das Zeitliche segnet. Das Heiratsthema und die
extrem hysterische und ständig kuppelnde Mutter hat dadurch große
Bedeutung, weil das Familiengut der Benetts seiner Rechtsform nach ein
Fideikommiss ist und nur als Ganzes und nur in der männlichen Linie (wie
weit entfernt auch immer) vererbt werden darf.
Elisabeth ist eine selbstbewusste junge Frau, die sehr stolz ist und
auch Vorurteile hat, Darcy ebenso. Das führt zu diesen
Missverständnissen, die es hoffentlich zu überwinden gilt. In einer
Nebenrolle als Darcys schwerreiche adlige Tante tritt die grosse Judi
Dench mit einer denkwürdigen Performance auf.
Ob der Film nun sämtliche Facetten des Romans trifft, dürfte wohl eher nicht zutreffen. Dazu sind die beiden Medien Buch und Kino auch zu verschieden. Jane Austen besticht ja vor allem dadurch, dass soziale, menschliche und gesellschaftliche Eigenarten aufgedeckt, karikiert und mit feinem Humor kritisiert wird.
Beim Film gelten auch kommerzielle Gesichtspunkte und Hauptanteil nimmt natürlich die leinwnandgerechte Liebesgischichte ein. Aber hier ist es Joe Wright gelungen zwei Darsteller zu verpflichten, die glaubwürdig sind und bei denen auch die Chemie stimmt.
Nicht zuletzt gelingt es ihm auch, vor allem wenn man aufmerksam ist, eben ein sehr stimmiges Zeitfenster zu öffnen, inmitten von imposanten Herrenhäusern die Gepflogenheiten von damals zu zeigen, kritisch zu beleuchten.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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