Regie: James Ivory
Der Butler von Darlington Hall...
Mit dem Produzenten Ismail Merchant und der Drehbuchautorin Ruth
Prawer-Jhabwala arbeitete Regisseur James Ivory bereits in den Filmen
"Die Damen von Boston" (1984), "Zimmer mit Aussicht" (1986), "Maurice"
(1987) und "Wiedersehen in Howards End" (1992) zusammen. So war es keine
Überraschung, dass das Trio auch für "Was vom Tage übrig blieb" erneut
zusammenkam. Obwohl zuerst Mike Nichols, der mit produzierte, Regie
führen wollte. Alle diese Filme zeichnen sich durch eine sehr
anspruchsvolle und sorgfältige Inszenierung und durch riesigen
Detailreichtum aus und in jedem dieser Filme konnten die Schauspieler
ihr Können unter Beweis stellen. Denn im Vordergrund dieser Filme steht
nicht nur die Epoche, sondern der Mensch, der in dieser Zeit lebt.
Der Unterschied zu den E. M. Foster Verfilmungen besteht aber
darin, dass "The Remains of the Day" (Originaltitel) ein eher trauriger
und nachdenklicher Film ist und am Ende durch eine Beinahe Berührung der
Hände zweier Menschen die Melancholie noch auf die Spitze treibt. Aber
es ist auch ein logisches Ende in der Geschichte eines Mannes, der nur
für sein Metier lebte und aus diesem Grunde nie wirklich zu leben
beginnt. Alles was ihn ausmacht ist das Pflichtgefühl und die Hingabe zu
seinem Herrn ihm das nötige Selbstbewusstsein verleiht. Natürlich führt
uns "Was vom Tage übrig blieb" in eine vergangene Zeit, wobei der Film
im Jahr 1956 beginnt und mit sich eine Rückblende für den Zuschauer
eröffnet. Ort des Geschehens ist Darlington Hall, ein inzwischen vom
Verfall bedrohtes Anwesen in England. Dort lebte der inzwischen
verstorbene Lord Darlington (James Fox), der vor dem 2. Weltkrieg einer
der führenden Appeasement Politiker auf der Insel war und damit
irgendwann bei seinen Landsleuten geächtet wurde. Der amerikanische
Kongressabgeordnete Lewis (Christopher Reeve) hat den Landsitz gekauft.
Zum "Inventar" gehört immer noch der Butler Mr. Stevens (Anthony
Hopkins). Da nur noch wenig Personal dort arbeitet, erinnert sich
Stevens an die ehemalige Angestellte Miss Kenton (Emma Thompson), die
ihre Arbeit als Hausdame und Wirtschafterin perfekt ausübte. Als Miss
Kenton einen Mr. Benn heiratete, verließ sie Darlington Hall. Mit der
Limousine seines neuen Arbeitgebers macht sich Mr. Stevens nun vom
Landsitz Darlington Hall in Oxfordshire auf, um seine ehemalige Kollegin
in Südwestengland zu treffen. Die Korrespondenz mit ihr klingt
vielversprechend, es könnte gut möglich sein, dass man wieder zusammen
ein Team sein könnte. Denn die Ehe mit Mr. Benn (Tim Bigott-Smith)
scheint nicht mehr zu funktionieren. Und sie schreibt in einem Brief
"Die Jahre mit Ihnen, Mr. Stevens, waren für mich die schönsten Jahre".
Mit der Fahrt wird auch der Rückblick auf diese früheren Jahre eröffnet,
in die 30er Jahre. Zuerst ist Mr. Stevens der neuen Miss Kenton etwas
misstrauisch gesinnt. Doch sie ist ihm ebenbürtig und nimmt bald einen
wichtigen Platz in seinem Leben ein. Er sieht sie als wichtiges Teil in
dem Team der Angestellten. Gefühle erlaubt er sich nicht und zeigt sie
auch nicht. Obwohl es bald offensichtlich ist, dass Miss Kenton mehr
empfindet für diesen gefühlskalt wirkenden Butler. Stevens bewahrt in
jeder Situation die Haltung. Auch als sein Vater - auch als Butler
angestellt - in der oberen Etage stirbt und unten einen Gesellschaft
diniert, ist es für Stevens klar, dass das Wohl des Herrn an erster
Stelle steht...
"Was vom Tage übrig blieb" erzählt von Möglichkeiten das
persönliche Glück zu finden, aber von der Barriere, die daran hindern
diesen Gelegenheiten tatsächlich zu ergreifen. Zeitweise scheint es
sogar, dass sich Stevens und Miss Kenton näherkommen könnten. Aber er
blockiert mit seiner Haltung sämtliche Bemühungen. Eine traurige
Gestalt, von Ivory aber mit großer Zuneigung portraitiert. Ein Mann, der
in einer Zeit lebte, wo es selbstverständlich war, dass viele sich
bescheiden mussten, damit wenige sich selbst verwirklichen konnte. So
taucht auch hier wieder das britische Gesellschaftsbild vergangener Tage
auf, ein Lieblingsthema von James Ivory. Hopkins und Emma Thompson
spielen in Oscar-Regionen, sie waren auch beide für den begehrten
Filmpreis als beste Schauspieler 1994 nominiert. Da Anthony Hopkins den
Preis schon zwei Jahre zuvor und Emma Thompson ein Jahr vorher bekamen,
unterlagen sie diesmal Tom Hanks, der für "Philadelphia" seinen ersten
oscar erhielt und Holly Hunter für ihre hervorragende Leistung in "Das
Piano". Insgesamt brachte es "Was vom Tage übrig blieb" auf 8
Nominierungen - er ging jedoch am Ende total leer aus.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.
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