Donnerstag, 15. Juli 2021

Westfront 1918


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Georg Wilhelm Pabst

Vier von der Infantrie....

Georg Wilhelm Pabst ist eine der großen Filmregisseure der Weimarer Republik. Der 1925 entstandene Stummfilmklassiker "Die freudlose Gasse" wurde wegen seiner Sozialkritik oft zensiert. Pabst wurde filmgeschichtlich immer wieder als einer der Hauptvertreter der "Neuen Sachlichkeit" gefeiert, obwohl sein Stil oft variierte. Großes Ansehen erwarb er sich mit seinen letzten Stummfilmen "Die Büchse der Pandora" und Tagebuch einer Verlorenen", die er beide mit der amerikanischen Schauspielerin Louise Brooks drehte. Dann kam der Tonfilm und Pabsts erster Versuch mit den neuen Möglichkeiten hieß "Westfront 1918", der im Jahr 1930 entstand und fast zeitgleich mit dem von Lewis Milestone inzsenierten amerikanischen Antikriegsfilm "Im Westen nichts Neues" in die Kinos kam. Beide Filme lösten damals zahlreiche Diskussionen aus.  So wurde 1933 - nach der Machtergreifung durch die Nazis - ein Antrag auf Widerruf der Zulassung des Kinofilms gestellt. Das thüringische Ministerium des Innern argumentierte wie folgt: Der Film gibt eine ganz einseitige und deshalb unwahre Darstellung vom Krieg. Er zeigt nur dessen Schrecken und essen verheerende Folgen und stellt bis in widerliche Einzelheiten auch das Leben hinter der Front und der Heimat dar, so in einer Szene, wo der Urlauber bei seiner unvermuteten Rückkehr seine Frau im Schlafzimmer mit einem jungen Burschen findet. Durch diese einseitige Darstellung gefährdet dieser Bildstreifen das lebenswichtige Interesse des Staates den Wehrwillen des Volkes aufrecht zu erhalten und zu stärken. Tatsächlich wurde der Film von der Film-Oberprüfstelle in Berlin verboten.  Der Rest ist Filmgeschichte oder der tragische Werdegang eines der bedeutendsten deutschen Antikriegsfilme. Neben "Im Westen nichts Neues" der viellleicht wichtigste frühe Film über den ersten Weltkrieg - aber im Gegensatz zu der Remarque-Verfilmung, die einen Siegeszug um die Welt antrat und heute noch als großer Klassiker des 30er Jahre Filmjahrzehnts angesehen wird, hat man Pabsts Film im Laufe der Zeit sehr stark vergessen.
Das Drehbuch von "Westfront 1918" beruht auf dem Roman "Vier von der Infanterie" von Ernst Johannsen. Die Bauten entwarf Erno Metzner. Durch die ungeschönten Graben- und Kampfszenen erreicht Pabsts Film einen hohen Grad an Realismus. Er zeigt die Sinnlosigkeit und die Monotonie des Sterbens an der Front. Eingebettet in diese alltägliche Hölle sind die Protagonisten, die auch mit stillen Szenen zum Leben erweckt werden. Da beobachtet der Student wie ein einer Feldschreinerei am Fließband Grabkreuze angefertigt werden. In einer weiteren Szene ist Karls Mutter (Else Heller) zu sehen, die in einer Lebensmittelschlange steht und ihren Sohn sieht, wie er vom Fronturlaub nach Hause kommt. Sie kann den Platz aber nicht verlassen, um den Sohn zu begrüßen - aufgrund der Lebensmittelknappheit hat das Wiedersehen mit dem Sohn zu warten. In 97 trostlosen Minuten lernen wir das Soldatenleben der vier Infanteristen kennen. Da ist der Bayer (Fritz Kampers), ein Gemütsmensch, der verheiratete Karl (Gustav Diessl), der junge Student (Hans-Joachim Moebis), der sich in die Bauerntochter Yvette (Jackie Monnier) verliebt, wo die Einheit untergekommen ist und der Leutnant (Claus Clausen). Es ist das letzte Jahr des Ersten Weltkrieges an der Westfront. Am Anfang des Films herrscht zunächst noch eine Kampfpause für die Männer. Bald jedoch müssen sie wieder in den Schützengraben und die Kampfhandlungen steigern sich auch wieder. Es ist kurz vor der finalen Enschlacht, der Großoffensive der Alliierten. Nur eine Momentaufnahme gabs eine Liebe zwischen den Feinden, der Student muss aber seine französische Freundin, mit der er eine Nacht verbrachte, wieder verlassen. Und Karl bekommt immerhin einen Fronturlaub, doch in Berlin ist das Leid der Zivilbevölkerung auch zu spüren. Zu allem Unglück findet er seine junge Frau (Hanna Hoessich) mit einem jungen Mann (Carl Ballhaus) im Bett. Verzeihen kann er nicht. So reist er wieder an die Front zurück. In der Endeinstellung des Films zeigt uns Pabst die schwer verletzten und sterbenden Männer im Lazarett...


 Während die Welt unter den Fomgen der Wirtschaftskrise litt und die NSDAP ihren Aufstieg begann packte der linksorientierte Regisseur (Die Dreigroschenoper, Kameradschaft) entgegen des aufkeimenden Zeitgeistes ein pazifistisches Thema an, nüchtern und ungeschönt. Erschreckend und überaus realistisch. Nicht umsonst wurde der Pabst Film von der rechtslastigen Filmzensur dann auch gleich wieder verboten. G. W. Pabst beschränkt sich jedoch nicht auf die Darstellung des Leids unter den Soldaten, sondern zeigt auch die Strapazen, denen die Zivilbevölkerung ausgesetzt war, sowohl physischer als auch psychischer Natur, zum Beispiel die Entfremdung der Ehefrauen von ihren Ehemännern und deren seelische Verrohung durch die Kriegsgreuel. Der Filmstil ist extrem nüchternen und desillusionierend, von der Glorifizierung des Krieges - wie es damals in anderen Kriegsfilmen der Fall war. Die Kamera wirkt begleitend und so erhält der Film zusätzlich sogar einen beinahe schon dokumentarischen Charakter.
Auch die Kriegsschuldfrage wird sehr neutral vom sterbenden Karl beantwortet. 


Bewertung: 8 von 10 Punkten. 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen