Dienstag, 24. Juli 2018

Der Mann mit dem weißen Anzug







































Regie: Alexander MacKendrick

Unzerstörbare Kunstfaser...

Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Ealing Filmproduktionsgesellschaft in London. Das Filmstudio hat vor allem in den 40er und 50er Jahren zahlreiche Kinohits hervorgebracht, die heute zu den großen Klassikern des britischen Films zählen. Das Studio versuchte es nach dem Krieg mit verschiendenen Genre. So entstanden Horrorfilme wie "Traum ohne Ende" oder Abenteuerfilme wie "Scotts letzte Fahrt". Den größten Erfolg hatte das Studio aber mit seinen damaligen Komödien, Werke wie "Die kleinen Detektive", "Whisky Galore", "Einmal Millionär sein", "Adel verpflichtet" oder "Der Mann im weißen Anzug" wurden zum Inbegriff des britischen, scharz angehauchten Humor.
Die Ealing Studios förderten auch die Riesenkarriere von Alec Guinness, der bereits durch die Lean Verfilmungen "Geheimnisvolle Erbschaft" und "Oliver Twist" auf sich aufmerksam machte - mit der 8fach Rolle in "Adel verpflichtet" gelang ihm dann der weltweite Durchbruch. Auch in Alexander MacKendricks superber Komödie "Der Mann mit dem weißen Anzug" liefert der Schauspieler natürlich ebenfalls eine Performance vom Feinsten.
Der 1951 entstandene Film hat als Grundgerüst sogar einen stark sozialkritischen Hintergrund und übt pointiert Kritik an der immer stärker werdenden Industrialisierung - er zeigt die Wirtschaftsbosse auf der einen Seite und die Arbeiterschaft auf der anderen Seite, die durch eine Gewerkschaft etwas mehr Rechte eingeräumt bekommen. Die Klassengesellschaft ist aber immer präsent in "Der Mann mit dem weißen Anzug", der Sidney Stratton (Alec Guinness) heißt und als kleiner Angestellter in der aufstreibenden Textil Firma von Michael Corland (Michael Gough) arbeitet. Der Fabrikant neue Geldgeber und was liegt da näher als den noch mächtigeren Textilhersteller Alex Birnley (Cecil Parker) als Investor zu gewinnen, zumal Corland ja mit Birnleys Tochter Daphne (Joan Greenwood) verlobt ist. Stratton ist ein schlauer Kopf, der in Corlands Firma heimlich an einer bahnbrechenden Erfindung arbeitet: Die absolut reißfeste Kunstfaser, die auch noch schmutzabweisend ist. Doch seine verbotenen Versuche fallen auf, er wird bei Corland entlassen. Eine neue Anstellung findet er bei Birnley und Stratton arbeitet zunächst im Lager, lernt dabei auch die resolute Bertha (Vida Hope) kennen. Doch Stratton wäre nicht Stratton, wenn er nicht wieder alles versuchen würde, um seine Experimente voranzutreiben, von denen er glaubt, dass sie ihn ans gewünschte Ziel bringen. Doch wieder fliegt er auf. Er wird entlassen, doch als Birnley von Strattons fixer Idee hört und auch dass dieser beinahe am Ziel war, stellt er ihn zu viel besseren Bedingungen wieder ein. Und tatsächlich gelingt es Stratton den perfekten Anzug herzustellen, der unzerstörbar ist. Mit fatalen Folgen für den Erfinder. Das wirtschaftliche und politische Establishment sieht die Wirtschaftskraft in höchster Gefahr und die Arbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze...



Diese ernsthafte Komponente hat Alexander Mackendrick mit viel Augenzwinkern in Szene gesetzt und dabei gelang ihm einer seiner besten Filme, der qualitativ seinem bekanntesten Film "Ladykillers" aus dem Jahr 1955 in nichts nachsteht. Wann immer Sidney Strattons Experimentierapparat blubbert oder wann immer er an seine rostfreie Faser denkt, setzt im Movie die Musik von Benjamin Frankel ein. Der liefert einen sehr obskuren Samba ab, der aus Blasen, Gurgeln und viel Wuffs besteht. Dieser Sound wurde nicht mit traditionellen Musikinstrumenten eingespielt, sondern mit Laborgeräten und einem Glas- und einem Messingrohr. Dies passt perfekt zu der dynamisch angelegten Handlung, die das unzerstörbare Gewebe preist und auch aus ganz menschlichen Gesichtspunkten wieder verteufeln muss. Am Ende steht ein neuer Anfang, was dem Zuschauer auch durch das Schlußbild wieder in gute Laune versetzt. Douglas Slocombe war für die realistischen Schwarz-Weiß Aufnahmen in den Fabriken verantwortlich - der Film wurde vor kurzem in der Umfrage vom British film Institute über die 100 besten britischen Filme auf den respektablen 58. Rang gewählt.




Bewertung: 9 von 10 Punkten. 

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