Regie: Stanley Kubrick
Verbotenes Begehren...
Es ist schon erstaunlich, dass es Stanley Kubrik im Jahr 1962 gelang einen so skandalösen Filmstoff wie "Lolita" an den Zensoren vorbeizuschleusen und für die Freigabe durchzuwinken. "Lolita" entstand nach Vladimir Nabokovs gleichnamigen Roman. Das Drehbuch verfasste der Schriftsteller selbst, Kubrick bestand aber darauf das Alter von Dolores Haze leicht anzuheben. So ist die 12jährige Roman-Lolita im Film bereits knapp 14 Jahre alt - es ist aber dennoch bemerkenswert, dass "Lolita" ohne die Grenzen der Zensur werkgetreu verfilmt und dem Publikum auch so präsentiert werden konnte.
Der Film beschreibt das Tabuthema der Parthenophilie, dieses
sexuell erotische Interesse erwachsener Männer an pubertierenden
Mädchen. Im Grunde die Unmöglichkeit der verbotenen pädophilen
Liebesbeziehung.
Mit diesem anstößigen Begehren ist der Literaturwissenschaftler
Humbert Humbert (James Mason) konfrontiert, der den Sommer in Ramsdale,
New Hampshire verbringen möchte, bevor er seine in Beardsley, Ohio
antreten wird. Auf seiner Suche nach einer geeigneten ruhigen Wohnung,
besichtigt er auch das Haus der verwitweten Charlotte Haze (Shelley
Winters), die sehr gerne im Leopardenkostüm herumläuft. Die Frau ist
aufgeschlossen und kunstinteressiert und ist sofort daran interessiert,
dass der attraktive Intellektuelle bei ihr einzieht. Doch der zögert
noch...bis zu dem Zeitpunkt als Dolores ihm den Garten zeigt und ihre
dort in der Sonne liegende frühreife Tochter Dolores (Sue Lyon). Damit
entsteht spontan der Mietvertrag und jeden Tag ist Humbert von dem
jungen Mädchen mehr fasziniert. Die Mutter deutet aber viel auf sich und
verliebt sich in den neuen Mieter, der so zuvorkommend zu ihr ist und
sich um ihre Kleine auch wie eine liebevoller Vater kümmert. Bei einer
Party unterstützen John und Jean Farlow (Jerry Stovin, Diana Decker) die
Ambitonen von Dolores wieder eine Partnerschaft einzugehen. Unter den
Gästen ist auch der Lebenmann und Filmproduzent Clare Quilty (Peter
Sellers) in Begleitung der Avantgarde-Künstlerin Vivian Darkbloom
(Marianne Stone), die wie eine Kopie von Morticia Adams aussieht.
Humberts Augen sehen aber nur seine angebetete Lolita, die von
ihrer Mutter spontan in einem Ferienlager untergebracht wird. Als
Dolores ihm einen Heiratsantrag macht, willigt er schließlich ein - so
kann er immerhin zukünftig als "Vater" nahe bei seinem Objekt der
Begierde sein. Doch er macht einen verhängnisvollen Fehler, weil er über
seine Gefühle und Gedanken Tagebuch führte. Dolores liest dies heimlich
und kommt dahinter, dass sein Interesse nur der frühreifen Tochter
gilt. Sie konfrontiert Humbert mit diesen Wahrheiten. Der hat zum ersten
Mal Mordgedanken in sich, doch zur Ausführung kommt es nicht. Ein
Unfall draußen vor der Haustür geschieht. Dolores in ihrer Verzweiflung
rannte auf die straße und wird dort von einem Auto erfasst. Sie ist auf
der Stelle tot. Nun liegt es am Humbert Lolita zu benachrichtigen. Doch
er wartet damit ab und holt das Mädchen vom Ferienlager ab. Er
informiert Lolita, dass die Mutter im Krankenhaus wäre und nimmt
statdessen mit seinem Töchterchen irgendwo ein Hotelzimmer...
Der Film beginnt allerdings mit der Konfrontationsszene zwischen
Humbert Humbert und seinem pädophilen Rivalen Clare Quilty, der von
Lolita irgendwann im Laufe der Geschichte als "Genie" bezeichnet wird -
und auch als den einzigen Mann, den sie je geliebt hatte. So ist der
Beginn des Zusammenseins zwischen Vater Humbert und Lolita auch der
Beginn des doppelten Bodens, indem der Mann sämtlichen Halt verliert und
von dem Mädchen an der Nase herum geführt und ausgenutzt wird. Es wird
der Beginn einer einseitigen Leidenschaft, die Lolita zu Nutzen weiß,
und zu einer gemeinsamen zweijährigen Odyssee quer durch die USA führt.
Natürlich auch begleitet vom Klatsch einiger Nachbarn, denn der Streit,
den Vater und Tochter lautstark ausfechten, hört sich an wie der Streit
zankender und eifersüchtiger Ehepartner. Der britische Kameramann Oswald
Morris war verantwortlich für die Optik - seine Bilder wirken nüchtern
und es schimmert auch etwas die Hoffnungslosigkeit durch. Auch wenn sich
der Protagonist dagegen auflehnt und sein Glück zu Zweit anstrebt. Er
ist aber von Beginn an der Verlierer, da er seine Obsessionen nicht mehr
steuern kann.
Im Film selbst erweist sich Peter Sellers als Verwandlungskünstler -
er darf sich als andere Personen verkleiden, um Humbert zu täuschen. So
taucht er auch als Polizist und als Schulpsychologe Dr. Zemph auf. Im
nächsten gemeinsamen Projekt engagierte Kubrick wieder Peter Sellers für
drei verschiedene Rollen im Film "Dr. Seltsam".
Das Drehbuch von Vladimir Nabokov wurde für den Oscar nominiert.
Der Film selbst spielte 9 Millionen Dollar ein - ein ganz guter Erfolg,
aber kein Mega-Blockbuster. Dies wäre er vielleicht geworden, wenn
Kubrick das Ganze mit mehr Erotik aufgepumpt hätte und mehr Skandal mit
dem Stoff provoziert hätte. Interessanterweise hat sich der Film aber
trotz der eher subtilen Herangehensweise mit dem Tabuthema gut gehalten -
er wirkt erotisch, absurd, obsessiv und von bösem Schwarzen Humor
gekennzeichnet.Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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