Montag, 23. Juli 2018

Einmal Millionär sein

Regie: Charles Crichton

Das Glück kam über Nacht...

Die Ealing Studios in London wird seit mehr als 100 Jahren betrieben und wurde vor allem in den 30er bis 50er Jahren durch zahlreiche Filme bekannt, von denen heute viele als echte Klassiker des britischen Kinos zählen. Vor allem die Ealing Komödien "Adel verpflichtet", "Ladykillers" oder "Der Mann im Weißen Anzug" wurden zu einem Inbgriff des britischen Humors und zeigten ihren Hauptdarsteller Alec Guinness in Höchstform.
Unvergessen bleibt auch das turbulente Heist Movie "The Lavender Hill Mob". Ein Film, der in Deutschland unter den Namen "Einmal Millionär sein" oder "Das Glück kam über Nacht" bekannt wurde.
Unter der Regie von Charles Crichton (Traum ohne Ende, Ein Fisch namens Wanda) entstand die Gaunerkomödie im Jahr 1951. Der Titel des Films verweist auch auf Lavender Hill, eine Straße in Battersea - einem Ortsteil in Süd-London.
Die Geschichte wird in einer Rückblende von dem Briten Henry Holland (Alec Guinness) erzählt, der mit einem Landsmann in einem noblen Restaurant in Rio de Janeiro sitzt und auch bei den anderen Gästen äusserst beliebt zu sein scheint. Sogar eine hübsche junge Frau (Audrey Hepburn in einer Minirolle) zählt zu den Bewunderern des lebenslustigen Zeitgenossen. Dann erzählt er seinem Gegenüber seine Geschichte: Als er noch in London lebte, war er ein scheinbar anspruchsloser Bankkaufmann. Seine größte Tugend war seine Ehrlichkeit - zumindest wurde er genau so von seinen Vorgesetzen nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit eingeschätzt - und dies machte ihn zum optimalen Mitarbeiter für die Lieferung und Sicherung der Goldbarren seiner Bank. Doch heimlich hegt der scheue Mann schon lange einen kriminellen Plan, er hat den perfekten Plan in der Tasche, wie man das wertvolle Gold raubt. Nach außen hin penibel und urängstlich - so kennen ihn die Fahrer des Transporters, diese Polizisten vertrauen dem Bankangestellten blind.
Einzig und allein die Lösung für den Verkauf des Goldes fehlt ihm noch. Doch die kommt in der Gestalt des neuen Untermieters, einem Künstler namens Alfred Pendlebury (Stanley Holloway) , der auch in die gleiche Pension in Lavender Hill einzieht. Dass Pendlebury eine eigene Gießerei für billige Geschenke und Souveniers besitzt, ist der reinste Glücksfall.  Noch besser ist es, weil Pendlebury seinen Ramsch auch ins Ausland verkauft. Dies bringt die ehrlichen und bürgerlichen Gauner auf die Idee von den Goldbarren kleine Eiffeltürme herzustellen, die man als Briefbeschwerer tarnt, sie nach Paris verschickt - weil sie ja dort verkauft werden sollen.
Als Holland von seinem Chef informiert wird, dass er in eine andere Abteilung versetzt werden soll (besseres Gehalt und Aufstieg) muss alles flott gehen. Sie heuern zwei Kleinganoven an (Sidney James und Alfie Bass) und los geht es. Der Plan gelingt, aber dennoch gibts zuerst eine Komplikation, dann noch weitere...


Höhepunkt dieses hervorragend inszenierten Klassikers ist einmal die Jagd der beiden Männer vom Eiffelturm, wo aus Versehen sechs dieser wertvollen Souveniers an britische Schulmädchen verkauft wurden, bis hin zur Fähre nach Dover. Dann weiter ins Internat, wo eines der Mädchen - bockig ohne Ende - ihr Exemplar nicht gegen ein anderes, bereits geprüftes, eintauschen möchte. Dies führt wiederum zu einer temperamentvolen Verfolgungsjagd mit einem Polizeiauto. Schauplatz sind die Straßen von London. Der Film ist voll von trockenem Humor und setzt vor allem auf seine zwei sympathischen Gauner, die irgendwie wie biedere Kleinbürger wirken - aber dennoch einmal ihren ganz großen Traum vom reichen Millionär ausleben wollen. Dabei inszenierte Charles Crichton sehr charmant und liebevoll, spart aber dennoch nicht mit hintergründigen Einlagen. Der große britische Kameramann Douglas Slocombe lieferte wie immer eine hervorragende Arbeit ab. Schön herausgearbeitet ist diese extreme Dynamik und Energie, die die beiden Männer aufwenden, um einmal das große Abenteuer zu erleben. Einmal weg vom Alltagstrott - dies hat aber auch seinen Preis, dann am Ende werden dem Kleinbürger und seinem großen Traum einmal mehr die Fesseln wieder angelegt. Beste Szene ist die Verfolgungsjagd des Fahrstuhls auf dem Eiffelturm - die Verfolger müssen aber die Wendeltreppe nehmen, die nie mehr aufzuhören scheint und Slocombes Kamera dreht sich wortwörtlich um die beiden Protagonisten, zieht den Zuschauer gleich mit in diesen Wirbel.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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