Regie: Nicholas Roeg
Überleben im Outback...
Seine Filmkarriere begann Nicholas Roeg (1928 bis 2018) als
Kameramann der Filme "Toll trieben es die alten Römer", "Fahrenheit 451"
oder "Die Herrin von Thornhill". Mit dem Film "Performance" wechselte
der Brite erfolgreich ins Regiefach. Zu seinen bemerkenswertesten Filmen
zählen "Wenn die Gondeln Trauer tragen", "Der Mann, der vom Himmel
fiel" und "Walkabout", die zweite Regiearbeit aus dem Jahr 1971. In
vielen seiner Filme finden sich Mystik, Mythos, Erotik, Sinnlichkeit und
auch Momente der Halluzination. Auch "Walkabout" ist schwer faßbar und
der Zuschauer wird dabei aufgefordert selbst über die Geschichte, die
Roeg zeigt, nachzudenken. Natürlich war Roeg nicht nur Regisseur des
Films, sondern war auch Kameramann. Im Grunde ist die Geschichte recht
einfach strukturiert. Es beginnt alles in einer teuren Wohnung eines
Mannes (John Meillon), dessen beide Kinder, die 16jährige Tochter (Jenny
Agutter) und ihr kleiner Bruder (Luc Roeg) sich unten im Swimmingpool
aufhalten. Er ruft die Kinder und sie fahren gemeinsam in den
australischen Outback. Dort angekommen fängt der Vater auf die Kinder an
zu schießen. Die beiden gehen in Deckung und verstecken sich. Nachdem
er sie vergeblich zurückruft, setzt er seinen Wagen in Brand und
erschießt sich. Die beiden Geschwister bleiben in der Wüste zurück. Das
Mädchen beruhigt ihren Bruder, der den Tod des Vaters nicht mitbekommen
hat und meint sie müssten nun alleine weiter laufen, der Vater käme bald
nach. An einer ausgetrockneten Wasserstelle treffen sie auf einen
jungen Aborigine (David Gulpilil) auf seinem "Walkabout" - einer Zeit
ausserhalb seiner Gemeinschaft, in der er mit der Natur kommunizieren
muss, auch um zu überleben. Er
spricht kein Englisch, was das Mädchen sehr frustriert war, aber ihr
Bruder ahmt ihr Bedürfnis nach Wasser nach, und der Neuankömmling zeigt
ihnen fröhlich, wie man es aus dem trocknenden Bett der Oase holt. Die drei reisen zusammen, wobei der Aborigine-Junge Känguruhfleisch teilt, das er bei der Jagd gefangen hat. Die Jungen lernen, bis zu einem gewissen Grad mit Wörtern aus der Sprache und Gesten des anderen zu kommunizieren; Das Mädchen unternimmt keine derartigen Versuche. Außerdem entdecken die Kinder einen Wetterballon, der einem nahegelegenen Forschungsteam gehört, das in der Wüste arbeitet. Nachdem
er Markierungen für ein Haus im modernen Stil gezeichnet hat, führt der
Aborigine-Junge sie schließlich zu einer verlassenen Farm und bringt
den Jungen zu einer nahegelegenen Straße. Der
Aborigine-Junge jagt einen Wasserbüffel und ringt ihn zu Boden, als
zwei weiße Jäger in einem Lastwagen auftauchen und ihn schnell
überfahren. Er sieht schockiert zu, wie sie mutwillig mit einem Gewehr auf mehrere Büffel schießen. Der Junge kehrt dann zur Farm zurück, geht aber wortlos vorbei. Später liegt der Aborigine-Junge in Trance zwischen einer Menge Büffelknochen und hat sich mit zeremoniellen Abzeichen bemalt. Er
kehrt zum Bauernhaus zurück, überrascht das sich ausziehende Mädchen
und leitet ein Balzritual ein, indem er vor ihr einen Tanz aufführt. Obwohl
er den ganzen Tag und bis in die Nacht draußen tanzt, bis erschöpft
ist, hat sie Angst, versteckt sich vor ihm und sagt ihrem Bruder, dass
sie ihn am nächsten Tag verlassen werden. Am
Morgen, nachdem sie ihre Schuluniformen angezogen haben, bringt der
Bruder sie zum Körper des Aborigine-Jungen, der an einem Baum hängt. Das Mädchen zeigt wenig Emotionen und wischt Ameisen von der Brust des toten Jungen. Als
die Geschwister die Straße hinaufwandern, finden sie eine schnell
verlassene Bergbaustadt, wo ihnen ein mürrischer Angestellter den Weg zu
einer nahegelegenen Unterkunft weist. Jahre
später kommt ein Mann (John Illingsworth) von der Arbeit nach Hause,
während das mittlerweile erwachsene Mädchen das Abendessen zubereitet. Während
er sie umarmt und Büroklatsch erzählt, erinnert sich daran, wie sie,
ihr Bruder und der Aborigine-Junge nackt in einem Billabong im Outback
spielen und schwimmen....
Viele
Antworten muss man
sich selbst geben. Hat der Junge sich getötet, weil er an der Welt
verzweifelte oder weil sein Wunsch mit dem Mädchen und dem kleinen
Jungen zusammen zu bleiben nicht auf Gegenliebe stieß. Diese Geheimnisse
werden nicht gelüftet, aber es bleibt ein Stück weit diese Sehnsucht
nach einem erfüllteren Leben. Möglicherweise fernab der Zivilisation,
eher in der Wildnis - obwohl auch dort Grausamkeit herrscht, nur der
Stärkere überlebt. Es entsteht ein krasser Kontrast zwischen dem
Verhalten in der Zivilisation zur Wildnis. Roeg zeigt auch den brutalen
lebenskampf von Lebewesen fernab unserer geordneten Welt. Der
Eingeborene tötet um Nahrung zu bekommen, der zivilisierte Mensch tötet
zum Vergnügen oder kennt diesen täglichen Kampf gar nicht mehr.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.