Regie: Billy Wilder
In den Ruinen von Berlin...
In der 40er Jahren war Billy Wilder noch nicht der unangefochtene
Meister der Filmkomödie. Seine Erfolge hatte er vor allem in Dramen wie
"Das verlorene Wochenende" sowie "Reporter des Satans" und düsteren
Filmen der schwarzen Serie wie "Boulevard der Dämmerung" oder "Frau ohne
Gewissen". Erst mit dem 1954 entstanden leichten Liebesfilm "Sabrina"
läutete er seine große Zeit im Genre der Komödie ein und es gelangen ihm
Welterfolge wie "Das verflixte 7. Jahr", "Manche mögens heiß", "Das
Appartment", "Eins, zwei, drei", "Das Mädchen Irma La Douce" oder "Küß
mich, Dummkopf". Einem Genre, dem er auch in seinen Alterswerken treu
geblieben ist. Es lohnt sich aber auch ein Blick auf seine frühen
humorvollen Filme: 1941 entstand "Das Mädchen und der Major" und "Eine
auswärtige Affäre" mit Superstar Marlene Dietrich drehte er 1948 im
zerbombten und geteilten Berlin. Dieser Film ist sozusagen ein naher
Verwandter seines 1961 enstandenen Meisterwerks "Eins, zwei, drei" mit
James Cagney - auch hier macht sich Wilder über fast alles lustig.
Allerdings ist dieser 40er Jahre Klassiker nicht ganz so zynisch und
fies wie sein zweiter Berlin Film. In "Eine auswärtige Affäre" fehlt
auch die menschliche Wärme nicht und trotz der humorvollen Struktur sind
auch die düsteren Inhalte und Verweise sehr schnell zu erkennen. Es ist
die Zeit nach dem Krieg. Die Menschen in Berlin sind arm, sie hungern
und der Schwarzmarkt blüht.
Zu dieser Zeit wird eine US-Delegation, der auch die republikanische
Kongressabgeordnete Phoebe Frost (Jean Arthur) angehört, ins
kriegszerstörte Berlin geflogen, um dort die Moral der stationierten
amerikanischen Truppen zu überprüfen. Denn in der Heimat ist man sehr
besorgt, dass die Boys die Entnazifizierung vor allem und am liebsten
bei blonden Fräuleins durchführen. Bei der Ankunft am Flughafen lernt
die zugeknöpfte Miss Frost den smarten Captain John Pringle (John Lund),
dem sie ein Präsent (einen Kuchen von einer Bekannten) aus Iowa
mitbringt. Colonel Rufus J. Plummer (Millard Mitchell) organisiert auch
gleich eine Rundfahrt durch das noch weitgehen zerstörte belrin. Bewusst
vermeidet er dabei die kritischen Punkte wie Nachtlokale oder
Schwarzmärkten. Der sittenstrengen und aufmerksamen Frau entgeht aber
dennoch nichts und auf der Fahrt macht sie einige erschreckende
Beobachtungen, die auf moralische Entgleisungen schließen lassen
könnten. Alles schreibt sie in ihr Notizbuch. Als sie auf zwei
zudringliche Soldaten trifft, gibt sie sich als "Fräulein" aus und lässt
sich von den beiden Unholden in den Nachtclub "Lorelei" führen. Dort
feiert die Sängerin Erika von Schlütow (Marlene Dietrich) große Erfolge
mit ihren Liedern "The Ruins of Berlin", "Black Market" und "Illusions".
Die beiden Soldaten erzählen, dass die attraktive Künstlerin mit vielen
Nazigrößen per Du war, aber nicht ermittelt wird, weil wohl ein
einflussreicher Soldat der US-Armee seine schützende Halt über sie hält.
Das Drehbuch von Charles Brackett und Richard L. Breen sieht natürlich
vor, dass der Liebhaber der deutschen Femme Fatale kein Geringerer als
John Pringle ist. Und dieser merkt sehr schnell, dass Phoebe Frost ihm
auf die Schliche kommen könnte. Grund genug die zugeknöpfte Moralistin
anzuflirten. Mit Erfolg. Phoebe taut auf, verliebt sich den Soldaten und
auch Pringle entwickelt eine Zuneigung...
Diese Konstellation führt zu einigen Verwicklungen, die sehr leicht und
locker von Billy Wilder präsentiert werden. Mit dem Auftauchen des
Naziverbrechers Hans Otto Birgel (Peter von Zerneck) wird es am Ende
nochmal richtig gefährlich. Überhaupt hat Billy Wilder sehr viele
wichtige Themen aus dem Nachkriegsdeutschland, als alles noch in
Trümmern lag, sehr treffend beschrieben. Dadurch funktioniert der Film
nicht nur als tolle Komödie, in der es viel zu schmunzeln gibt, sondern
auch als atmosphärisches Zeitdokument. Nicht zu vergessen die schöne
Liebesgeschichte, die zu vielen Mißverständnissen führt, aber am Schluß
sich ein Happyend andeutet. Marlene Dietrich ist klasse inszeniert und
bringt ein großartiges Cabaret-Flair mit den Liedern von Friedrich
Hollaender. Sie passt perfekt in diese Dreiecksgeschichte. Der Film
wurde leider nie deutsch synchronisiert, obwohl "Eine auswärtige Affäre"
sicherlich zu den ganz großen Wilder Movies gezählt werden muss.
Tragische Situationen, mit gutem Zynismus und vor allem grandioser
Balance zwischen Moral und Unmoral.
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