Montag, 15. Januar 2018

Emil und die Detektive







































Regie: Gerhard Lamprecht

Emil Tischbein und der unheimliche Herr Grundeis...

Emil Erich Kästner (1899 bis 1974) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist und Drehbuchautor. Bekannt wurde er vor allem durch seine sehr erfolgreichen Kinderbücher wie "Emil und die Detektive", "Das doppelte Lottchen" und "Das fliegende Klassenzimmer".
Bereits 1931 wurde sein erstes Kinderbuch "Emil und die Detektive", das im Oktober 1929 erschien, von Gerhard Lamprecht verfilmt. Das Drehbuch schrieb der junge Billy Wilder.
Die Detektivgeschichte enstand auf Anregung von Edith Jacobsohn, der Witwe des Verlegers der "Weltbühne". Das Buch wurde alleine in Deutschland 2 Millionen Mal verkauft und bis heute in 59 Sprachen übersetzt. Obwohl Kästner selbst nicht ganz so zufrieden war mit der Verfilmung, war auch der Kinofilm äusserst erfolgreich.
Erzählt wird von der abenteuerlichen Reise und dem noch gefährlicheren Aufenthalts des kleinen Emil Tischbein (Rolf Wenkhaus) aus dem ländlichen Neustadt. Mit seinen Freunden spielt er dort auf dem Land sehr gerne auch mal dem Wachtmeister Jeschke (Rudolf Bierbrach) einen Streich, indem die Lausbuben ein Denkmal kurzerhand so umgestalten, dass es dem Beamten ziemlich ähnlich sieht. Doch die Mutter (Käthe Haack) schickt ihn auf eine Bahnfahrt nach Berlin. Der Junge soll seiner Großmutter (Olga Engel) 140 Reichsmark vorbeibringen, die er aus Vorsicht vor Dieben noch zusätzlich mit einer Nadel in seiner Jackentasche befeistigt. Auf der Zugfahrt sitzt Emil zuest in einem vollen Abteil, einer der Mitreissenden ist ein zwielichtiger Unbekannter (Fritz Rasp) , der sich als Herr Grundeis vorstellt. Als dieser merkt, dass der kleine Junge Geld bei sich haben könnte, wartet er nur auf eine günstige Gelegenheit. Die bietet sich als die anderen Reisenden aussteigen. Er bietet Emil ein Bonbon ein. Mit dem darin enthaltenen Schlafmittel hat er leichtes Spiel. Während Emil komische Träume hat, wird das Geld gestohlen.  Der Junge kommt erst wieder am Berliner Bahnhof Zoo zu sich und entdeckt sofort, dass er beraubt wurde. Er kann aber Grundeis folgen. Zum Glück trifft er auf einen Jungen, der sich Gustav mit der Hupe (Hans Schaufuß) nennt. Der erklärt sich schnell bereit dem Jungen vom Land zu helfen. Und da er Anführer einer Kinderbande ist, hat er schnell weitere kleine Helfer um sich getrommelt. So wird der noch ahnungslose Grundeis von Jungs wie Fliegender Hirsch (Hans Richter) oder der kleine Dienstag (Hans Albrecht Löhr) observiert. Die Kinderbande informiert auch die Oma, die mit Emils Kusine Pony Hütchen (Inge Landgut) am Bahnhof Friedrichsstraße vergeblich auf den Gast aus Neustadt gewartet haben. Pony Hütchen hilft den Jungs. Inzwischen hat sich der böse Gauner in ein Hotel einquartiert...



Diese erste Verfimlung des Kinderbuches ist sogar einer der bedeutendsten frühen deutschen Tonfilmen. Er weist sogar inhaltlich einige Parallelen zu Fritz Langs "M" auf - allerdiings als viel hoffungsvollere und weniger düstere Variante. Ein Übeltäter wird von einer Gruppe beobachtet, die immer größer wird und schließlich von dieser Gruppe zur Strecke gebracht. In Fritz Langs "M" sind es die Gauner, die plötzlich eigennützig Jagd auf den Kindermörder machen, hier bei Lamprecht sind es Kinder, die aus Spass am Abenteuer bei der Verfolgung des Diebes begeistert am Ball bleiben. Am Ende siegt der Zusammenhalt der Kinder.
Darüberhinaus glänzt der Film mit sehr guten Szenen, vor allem wenn Fritz Rasp die Szene betritt. Im Zug erzählt er den Reisenden von Berlin, dort wo die Häuser 100 Stockwerke hoch sind und die Aufzüge eine Küche haben, damit auf dem Weg nach oben nicht verhungert. Die Betäubung mit präparierten Bonbons führt zu surrealen Bildern im Kopf des träumenden Emil.
Im Hotel hätte Emil die Chance einer Revanche, aber so leicht kann der gemeine, kriminelle Grundeis nicht überwältigt werden.
Während "M" von Fritz Lang ganz düstere Situationen in der Weimarer Republik abbildet, die am Ende der Verfolgung eine Gerichtsverhandlung zeigt. Eine bei dem das Urteil für den Angeklagten schon feststeht und er gerichtet werden soll, da seine selbsternannten Richter, ihm das das Recht zu existieren verweigern. Ganz anders sind die Deutungen in "Emil und die Detektive", denn durch das beherzte Eingreifen der jungen Detektive kann man eine gewisse Demokratisierung des deutschen Alltags erkennen.
Darüberhinaus sorgen die unprätentiösen Dokumentaraufnahmen von Berliner Straßenszenen eine Stadt, in der die demokratischen Grundrechte gerade am erblühen und gedeihen sind. Hier bei Lamprecht erscheint mit Fritz Rasp als Dieb wie ein Dämon, den eine fatale Aura des Bösen umgibt. Die gesellschaftlichen und massenpsychologisdchen Unsicherheiten und Gemütslagen in Deutschland am Vorabend der nationalsozialistischen Machtergreifung sind spürbar nahe.
Besonders tragisch erscheint mir auch in diesem Zusammenhang einen Blick auf die Besetzungsliste des Films. Alle jungen Darsteller - damals 1931 im Alter zwischn 9 und 15 Jahre alt - sind im nachfolgenden 2. Weltkrieg gefallen. Lediglich Hans Richter, der im Film den Fliegenden Hirsch spielt, hat den Krieg als Soldat überlebt.



Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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