Dienstag, 23. Januar 2018

Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben







































Regie: Stanley Kubrick

Der aus Versehen ausgelöste Atomkrieg...

Es war vorgesehen, dass Peter Sellers in Stanley Kubricks Satire "Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben" vier Rollen übernehmen soll. Doch der britische Schauspieler steckte zu Beginn der Dreharbeiten noch mittendrin in "Der rosarote Panther" von Blake Edwards, der noch nicht abgeschlossen war. Ausserdem brach er sich einen Knöchel. Da der Beginn der Dreharbeiten schon um vier Wochen verzögert stattfand, entschied man sich, dass Slim Pickens die vierte Sellers Rolle, den Major King Kong,  spielen darf.  Sellers brilliert aber in den anderen drei Rollen als US-Präsident Muffley, als Group Captain Mandrake und als deutscher Atomwissenschaftler Doktor Seltsam, der für die Amis arbeitet.
Der Film kam am 29. Januar 1964 in die US-Kinos und wurde bei der Oscarverleihung 1965 in vier Kategorien nominiert. Er konkurrierte gemeinsam mit "My Fair Lady", "Mary Poppins" ´, "Becket" und "Alexis Sorbas" um den Sieg als bester Film des Jahres. Peter Sellers wurde als bester Schauspieler nominiert, Stanley Kubrick wurde als bester Regisseur vorgeschlagen und auch sein Drehbuch, dass er gemeinsam mit Peter George und Terry Sothern schrieb, bekam eine der begehrten Nominierungen. Seine subversive Arbeit ging in der Oscarnacht am 5. April 1965 leider leer aus - es war noch nicht die große Zeit der progressiven Stoffe. So triumphierten noch "My Fair Lady" mit 8 Auszeichnungen, gefolgt von Disneys unverwüstlicher Mary Poppins, die auf 5 Preise kam.
Erzählt wird das Horrorszenario über einen "versehentlich" ausgelösten Nuklearangriff. Der geht nicht von den bösen kommunistischen Russen aus, sondern wird aufgrund der Paranoia des Brigadegenerals Jack D. Ripper (Sterling Hayden) aus. Der ist nämlich felsenfest davon überzeugt, dass die Kommunisten Amerikas Trinkwasser vergiften wollen. In seinem Wahnsinn gibt er den ihm unterstellten B-52 Bombern auf dem Luftwaffenstützpunkt Burpelson den Befehl zum Angriff auf die UdSSR. Er hat auch vorgesorgt, wenn eigene Kräfte seinen geisteskranken Plan durchkreuzen wollen. So hat er seine Soldaten instruiert den Stützpunkt unter allen Umständen zu verteidigen. Die Telefonvrbindungen und der Datenfluß ist unterbrochen - so kann sein Atomangriff auf die Russen losgehen.
Die Bomber sind aktiviert und die Männer machen sich sofort auf, um folgsam ihren Befehl auszuführen. Nur Ripper selbst kann die Atombombe rückgängig machen, denn er selbst hat als Einziger den Geheimcode. Das verblüfft den Präsidenten (Peter Sellers), der bislang annahm, dass er als Einziger Amerikaner den "Atomknopf" drücken kann. 
In der Krisensitzung im Kriegsministerium des Pentagons rauchen die Köpfe - General Buck Turgidson (George C. Scott) informiert den Präsidenten über die Auswegslosigkeit der Situation. Und über den Gegenschlag, der sicherlich kommen wird. So wird kurzzeitig die Möglichkeit diskutiert das Versehen dahingehend zu nutzen tatsächlich alle Atomwaffen einzusetzem um die Russen platt zu machen. Aber der liberale Muffley will nicht zum größten Massenmörder der Menschheitsgeschichte werden und  Adolf Hitler von Platz 1 in diesem Bereich  ablösen. So ruft er persönlich den Chef des Kremls an...doch Dimitri ist leider betrunken und reagiert gleich über.
Mit vereinten Kräften und vor allem durch Group Captain Mandrake (Peter Sellers) kann der Code geknackt werden, die meisten Bomber können zurückbeordert werden. Lediglich ein Bomber kann den Rückrufbefehl nicht empfangen. da Funkanlage und Tank total beschädigt sind. Es reicht den US-Boys auch nicht mehr das Wunschziel zu erreichen, sie beschließen aber als gute Amerikaner dennoch zur Zündung der Bombe - irgendwo, Hauptsache in Russland. Diese Aktion löst in der UdSSR automatisch einen Gegenschlag aus, der von der neu konstruierten Weltvernichtsmaschine gemacht wird. Auch dieser Vorgang kann nicht mehr rückgängig gemacht werden...somit steht der Zivilisation das absehbare Ende innert der nächsten Stunden bevor. Nur gut, dass Dr. Seltsam (Peter Sellers9 , ein deutscher Wissenschaftler, der im Krieg für die Nazis tätig war und jetzt der amerikanischen Regierung dient, in diesen Stunden dabei ist. Der macht den Männern im Kriegsministerium den Vorschlag, wie das Überleben eines kleinen elitären Teils der amerikanischen Nation doch noch gesichert werden kann. In Bergwerkstollen soll ein Zuchtprogramm für Menschen stattfinden...natürlich sollen auch Politiker und ranghohen Militärs nicht unberücksichtigt werden. Auf einen Mann fallen 10 Frauen, die gesunde Kinder gebären...ein Vorschlag, der bei den Zuhörern großen Zuspruch findet. Am Ende erhebt sich der seltsame Doktor aus seinem Rollstuhl und erhebt den Arm zum Hitlergruß...




Hört sich äusserst grotesk an und ist es auch. Natürlich auch durch und durch "ein Kubrick".
Gemeinsam mit den folgenden Werken "2001 - Odyssee im Weltraum" und "Uhrwerk Orange" festigte der britische Filmemacher seinen großen Ruf als Meisterregisseur.
Alle drei Filme provozierten durch eine ironische Theatralisierung bei ihrem Erscheinen heftige öffentliche Kontroversen und werden bei den Filmfans immer noch diskutiert - nicht nur in Bezug auf die progressiven Themen und Handlungen, sondern auch aufgrund der in ihnen enthaltenen Symbolik.
"Dr. Setsam" ist in erster Linie eine makabre Groteske, die zwischen lähmenden Entsetzen und fiesem Scherz hin- und her balanciert. Durch seinen genialen Inzenierungsstil gelingt es Kubrick den Wahnsinn des Kalten Krieges und des Säbelrasselns deutlich zu machen. Die ach so perfekt ausgeklügelte Kriegsmaschinerie ist auch immer mal wieder in den Händen eines Einzelgängers, der seinen eigenen Film durchlebt. So auch der bornierte Kommandant des Luftwaffenstützpunktes Jack D. Ripper.
Aktuell bis heute und auch in unsere Zukunft ist Kubricks Warnung vor der uns über den Kopf wachsenden Technologie. Ausserdem zeigt er deutlich, dass die menschliche Kommunikation dann versagt, wenn sie funktionieren muss. Der Film entstammt dem Roman von Peter George und dem Zuschauer bleibt auch heute noch das Lachen im Hals stecken.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten. 

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