Regie: Luis Bunuel
Mit voller Absicht ein Skandal herbeigeführt....
Die Premiere des 1930 entstandenen Surrealismus Klassikers "Das goldene
Zeitalter" von Luis Bunuel fand im "Studio 28" statt. Diese
Gemeinschaftsproduktion mit Salvador Dali fand zuerst vor ausverkauftem
Haus statt. Das änderte sich aber schnell. Der Inhalt schockte die
bürgerliche Welt. Denn die Einflüsse von Sigmund Freud, Marquis de Sade
oder Karl Marx waren schon provozierend und polarisierend genug. Während
im "Der analusische Hund" die Tragödie der Begierde eines Menschen
steht, hatte "Das goldene Zeitalter" eher den Widerstreit zwischen Liebe
und gesellschaftlichem Leben zum Thema. Die Liebe mit all ihrer
Sehnsucht und Begierde steht im Kampf mit der bestehenden
Gesellschaftsordnung. Die Pfeiler der Gesellschaft wie Religion,
Vaterland, Familie oder Kultur erschien wie eine Unmoral, die es zu
bekämpfen gilt. Diese Kampfansage der beiden Surrealisten verstanden
auch die Feinde - so wurde am 3. Dezember 1930 die Aufführung durch
rechtsextreme Gruppen unterbrochen. Sie verwüsteten den Kinosaal und die
Leinwand wurde mit Tinte überschüttet. Es kam zu einem
Aufführungsverbot, dass 50 Jahre lange den Film verhinderte. Erst 1980
wurde es aufgehoben.
Erzählt wird die Geschichte einer "amour fou" - zwei Liebende wälzen
sich voller Wollust im Schlamm. Viele Menschen sind Zuschauer während
der feierlichen Grundsteinlegung der ewigen Stadt Rom. Natürlich wird
das schamlose Treiben unterbunden, die Liebenden voneinander getrennt.
Desweiteren präsentiert Bunuel eine Szene über das Verhalten der
Skorpione. Priester werden als vermoderte Skelette gezeigt, nur noch mit
den Resten ihrer erzbischöflichen Ornamenten bekleidet. Der Mann, der
abgeführt wurde, kann seinen Bewachern entkommen und wirft einen
hilflosen Blinden auf der Straße zu Boden. Er geht auf eine Feier, auf
der er seine Geliebte wieder trifft. Dort in der guten Gesellschaft
nimmt man kaum Notiz davon, dass ein Dienstmädchen bei einem Brand in
der Küche Feuer gefangen hat. Auch dass ein Bediensteter des Anwesens
seinen kleinen Sohn einfach erschießt, weil dieser ihm Tabak aus der
Pfeife gemops hat, wird nur distanziert und kühl beobachtet. Als die
Gastgeberin von dem entflohnenen Mann aber geohrfeigt wird, entrüstet
sich die gesamte Gesellschaft. Der Schluß des Films ist eine Anspielung
auf die "120 Tage von Sodom des Marquis de Sade". Vier Männer verlassen
gerade das Schloß, in dem sie 120 Tage lang die größten Ausschweifungen
und Perversionen ausgelebt haben. Einer von ihnen sieht dabei noch aus
wie Jesus Christus...
das alles war natürlich zur damaligen Zeit ein Schlag ins Gesicht von
Bürgern und Christen. Bunuel selbst sagte über seinen frühen Skandalfilm
"es war der einzige Film meiner karriere, den ich in einem Zustand von
Euphorie, Enthusiasmus und Zerstörungsrausch drehte, ich wollte die
Vertreter der Ordnung angreifen und ihre ewigen Prinzipien lächerlich
machen". Er wollte einen Skandal absichtlich herbeiführen - mit dieser
"Gotteslästerung" ist ihm dies damals auch gelungen. Und ebenfalls sind
ihm wieder unvergessliche Kinoszenen gelungen: Die mumifizierten
Priester, die Kuh auf dem Bett, die Schauspielerin Lya Lys wie sie
lüstern an dem Zeh einer griechischen Adonis-Statue saugt sowie
natürlich die Jesus Figur auf der Zugbrücke des Schlosses.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen