Montag, 15. Januar 2018

Olympia - Fest der Völker/Fest der Schönheit







































Regie: Leni Riefenstahl

Körper, auferstanden aus griechischen Tempelruinen...

Leni Riefenstahls legendärer Olympiafilm, der die olympischen Spiele des Jahres 1936 in Berlin dokumentiert, hat zwei Teile. Der erste Teil heißt "Fest der Völker", Teil 2 hat den Namen "Fest der Schönheit".
Er wird als Propagandafilm angesehen. Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden verlieh dem Film das Prädikat "Besonders wertvoll" - diese Auszeichnung bezieht sich allerdings auf die in Deutschland erhältliche und "entnazifizierte" DVD, in der Überblendungen zu den Nazigrößen fehlen. Ohne diese Zensur kann man dem Film aber nur sehr schwer propagandistische Inhalte vorwerfen, auch wenn öfters mal der Führer zu sehen ist und beim Einmarsch der Nationen sieht man viele Länder den Hitlergruß erbieten. Unbestritten ist, dass "Olympia" ein Geniestreich, ein großer künstlerischer Triumph für Leni Riefenstahl ist. Der 1938 fertig gestellte Dokumentarfilm gilt als der beste Sportfilm aller Zeiten, eines der bewegendsten Dokumente sportlicher Wettkämpfe und Höchstleistungen, der je gedreht wurde. Legendär ist überwältigende Prolog des ersten Teils, der zuerst Bilder der Athener Akropolis zeigt, symbolisch wird der Vergangenheit und der Ahnen gedacht. Man sieht die Köpfe antiker Athleten und Göttinnen. Dann die Skulptur eines Diskuswerfers, der dann von der Regisseurin plötzlich zum Leben erweckt wird, indem er von Stein zu Fleisch wird....der nun lebendige nackte Athlet zeigt dem Zuschauer am Meer die Disziplinen Diskus, Speerwuf und Kugelstoßen. Es folgen Gymnastinnen und die olympischen Fackelläufer, die in Griechenland beginnen...der Weg führt über Osteuropa nach Berlin, dort trägt ein blonder Fackelläufer das olympische Feuer ins Berliner Stadion. Fast noch bekannter und auch sehr einflussreich ist der Abschluß des 2. Teils. Beim Turmspringen der Männer hat sich Leni Riefenstahl dafür entschieden eine Folge von schwerlosen Flügen aus dem Himmel entschieden. Das Stadion ist abendlich beleuchtet, man hört Glocken. Olympische Flamme und Fahnenstangen neigen sich einnander zu. Großartig auch der Marathonlauf am Ende des 1. Teils. Dennoch sind die Meinungen der Kritiker über den Film geteilt. Kritisiert wurde Leni Riefenstahls Abbildung des schönen, makellosen und athletischen Körpers. Der Kult am Körper wird auf die Spitze getrieben, alles erscheint überhöht und völlig losgeläst von Vergänglichkeit und Verfall. Wobei gerade diese Abbildungen auch extrem faszinierend wirken, auch wenn man kurz die Hitler Rede "Schlank und rank, flink wie Windhund, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl" in den Sinn kommt. Es scheint so als wäre die Regisseurin Leni Riefenstahl nicht zu trennen vom Naziregime - womöglich liegt es an ihrem gespenstisch wirkenden Parteitag-Film "Triumph des Willens". In "Olympia" kann ich persönlich nur schwer Ansätze von Propaganda finden.



Der Film ist für mich ein faszinierender Monumental-Dokumentarfilm und vor allem ein hervorragendes zeitgeschichtliches Dokument. Riefenstahl glorifiziert den menschlichen Körper, aber sie zeigt alle siegenden Länder im gleichen Maße, der Fokus liegt eben nicht in der einseitigen Abbildung arischer Gewinner. So bildet sie vor allem den afro-amerikanischen Leichtathleten Jesse Owen großartig ab. Solche Bilder hat man zuvor noch nicht gesehen: Die Anstrengung in den Gesichtern der Sportler, Schweißperlen und Tränen, Entschlossenheit, Jubel bei Kämpfern und Publikum. Riefenstahl filmt die Ornamentik der Menge, schneidet den perfekten Körper dagegen, montiert Masse gegen Muskel. Im deutschen Kommentar ist mal zu hören "Zwei schwarze Läufer gegen die Stärksten der weißen Rasse" und man fühlt sich in diesem Moment fast schon "live" im Stadion, zu einer Zeit, indem in Deutschland die Herrenrasse und die Untermenschen erfunden wurden und man denkt an den Horror, der sich kurze Zeit später ereignen sollte - den sollte man jetzt aber gerade in ihrer Olympia Doku ihr nicht anlasten. Umfangreiche Vorbereitungen für dieses riesige Projekt waren notwendig - im Stadion selbst wurden stählerne Kameratürme installiert, Plattformen für Kamerafahrten errichtet. Das Rohmaterial umfasste beinahe 250 Stunden Film, die Filmemacherin leitete persönlich den Schnitt. Diese endgültige Schnittfassung ist meisterhaft gemacht. Für mich ist "Olympia" einer der besten 10 deutschen Filme aller Zeiten, als ewig wertvolles Dokument steht er auf einer Stufe mit Walther Ruttmanns großartigem "Berlin - Die Sinfonie einer Großstadt" aus dem Jahr 1927.




Bewertung: 10 von 10 Punkten. 

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