Regie: Xavier Legrand
Der Vater und seine Opfer....
Die 44. Cesar-Verleihung fand am 22. Februar 2019 in der Salle Pleyel
in Paris statt. Neben "The Sisters Brothers" von Jacques Audiard war
auch das Scheidungsdrama "Nach dem Urteil" von Xavier Legrand mit 4
Auszeichnungen der Sieger des Abends.
Von den insgesamt 10 Nominierungen, die "Nach dem Urteil" erhielt,
gewann der Film den Hauptpreis als bester Film des Jahres. Auch
Hauptdarstellerin Lea Drucker, Drehbuchautor Xavier Legrand und Yorgos
Lamprinos für den besten Schnitt wurden prämiert. Leider gingen die
Darsteller Denis Menochet und Thomas Giorio als Vater und Sohn leer aus.
Gerade diese beiden Darstellungen beeindrucken durch das intensive
Spiel der beiden Akteure.
Sehr oft ist von einem "Kramer vs. Kramer trifft Shining" die Rede,
was sich auf den Horror nach der Entscheidung des Familiengerichts
bezieht. Die erste Sequenz spielt in einem Zimmer des Familiengerichts.
Die Richterin (Saadia Bentaib) hört sich die Argumente der Anwältinnen
Davigny (Sophie Pincemaille) und Ghenen (Emilie Incerti-Formentini) an,
die beide versuchen mit der bestmöglichen Strategie ihren Klienten zu
vertreten. Antoine Besson (Denis Menochet), ein kräftiger Mann will
seinen 11jährigen Sohn Julien (Thomas Gioria) wiedersehen und strebt das
Besuchsrecht an. Jedes zweite Wochenende soll Julien das Wochenende mit
ihm verbringen. Dabei spricht das Anhörungsprotokoll des Jungen eine andere Sprache. Er
hat Angst vor dem Vater und will ihn nie wieder sehen. Das gleiche sagt
auch Josephine (Mathilde Auneveux) von ihrem Vater. Aber sie ist
inzwischen volljährig geworden und hat das Recht alleine zu entscheiden,
ob sie den Vater sehen will. Ausserdem verbringt sie eh die meiste Zeit mit ihrem Freund (Mathieu Saikaly).
Interessanterweise muss Antoine wohl im Beruf ein sehr angesehener
Kollege sein, dort weiß man nur Gutes über den Mann zu berichten. Er ist
gesellig und geht gerne auf die Jagd. Sind die Kinder eventuell von der
Mutter einseitig beeinflusst ? Jedenfalls lässt sich bereits an der
ersten Szene erkennen, dass vor diesem familiären Zerwürfnis sehr viel
Leid stand. Die Mutter (Lea Drucker) macht einen etwas labilen Eindruck
und scheint froh zu sein, als die Anhörung zu Ende ist. Ein paar Tage
später wird die Entscheidung des Gerichts per Post mitgeteilt. Dem Vater
steht es zu den Sohn zu sehen, da sich diese Beziehung wieder
verbessern soll. Doch für den Jungen ist der Kontakt mit dem Vater alles
andere als einfach....
Denn der Vater hat zwei Seiten. Auf der einen Seite hat der wuchtige Typ etwas sehr verletzliches und es wird klar, dass er seine Kinder liebt, aber immer mehr kommt auch eine jähzornige, sehr cholerische und besitzergreifende Art zum Vorschein und er hat die Trennung von seiner Frau, die nicht mehr in dieser Beziehung leben konnte, noch nicht überwunden. "Ich will nur wissen, wie es meinen Kinder geht" hat er vor Gericht geäussert, doch das ist nur die halbe Wahrheit, während die drei Opfer, die unter seiner Aggression, Unbeherrschteit und ausbrechenden Gewalt lebten, nur noch in Frieden leben wollen.
"Nach dem Urteil" ist die Geschichte eine Katastrophe mit Ankündigung und wurde als klaustrophobisches Psychogramm konzipiert. Dies war möglich, weil die Darstellerleistung beinahe schon gespenstisch perfekt sind - die Mimik des Kindes, die gefährliche Ambivalenz des Vaters, der einerseits weich und bedürftig erscheint, andererseits mit einem inneren, nicht steuerbaren Vulkan konfrontiert ist. Dazwischen die Mutter, die immer noch am Ende ihrer Kraft steht. Dies alles wird sehr subtil dargestellt - aber gerade dieses Zurücknehmen von Emotionen und der nüchterne Stil des Film, der im französischen Arbeitermilieu angesiedelt ist, macht dann auch am Ende das Faß, dass überläuft so intensiv.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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