Regie: Jean Luc Godard
Liebe und Gewissen verboten...
In einer nahen Zukunft, nach 1965, trifft Geheimagent Lemmy Caution
(Eddie Constantine) mit seinem Ford Galaxie in Alphaville ein. Er hat
den Auftrag erhalten den verschollenen Professor von Braun (Howard
Vernon) zu finden und ihn vielleicht sogar zu töten. Der Agent tarnt
sich als Journalist und taucht ein in diese geheimnisvolle Stadt auf
einem anderen Planeten, wo Gefühle und der Ausdruck von Kreativität
unter Strafe gestellt sind. Er mietet sich ein Zimmer im Hotel, wo er
von den kalten, gefühllosen Vermittlerinnen empfangen wird, die ihm Sex
schnellen Sex im Hotelzimmer anbieten. In Alphaville selbst finden
derzeit die berühmten Festspiele statt, aber dafür hat Lemmy keine Zeit.
er sucht zuerst nach seinem verschwundenen Kollegen, dem Agenten Henri
Dickson (Akim Tamiroff) um so besser an von Braun zu kommen, dem
Erfinden und Schöpfer des mächtighen Computers Alpha 60. Mit einer
krächzenden Stimme gibt dieser Supercomputer den Ton an und erklärt
aufrichtige Gefühle zum Kapitalverbrechen. In einem Schwimmbadl findet
ein erschreckendes Ereignis statt. Dort wird Lemmy Caution Zeuge einer
Hinrichtung von Systemfeinden, die oberen Bosse von Alphaville
applaudieren nach jeder Erschießung. Die Frage wessen sich diese vielen
Menschen schuldig gemacht haben, wird damit erklärt, dass
dieVerurteilten Gefühle zeigten. So weinte einer der Männer bei der
Beerdigung seiner Frau, was schließlich zur Todesstrafe führte. Die
Angeklagten werden mit gefesselten Armen und Beinen in eine Reihe
gestellt und mit Maschinenpistolen erschossen. Nach jeder Erschießung
werden die Leichen von jungen,hübschen Schwimmerinnen aus dem Wasser
gezogen, die daraufhin ein kleines Wasserballet mit Akrobatik aufführen.
Im Zuge der Nachforschungen, die immer gefährlicher für den Agenten
werden, trifft er auch auf Natascha von Braun (Anna Karina), die schöne
Tochter des wahnsinnigen Professors, in dier er sich schließlich auch
verliebt. Un die Liebe, die irgendwann auf Gegenseitigkeit beruht,
könnte schließlich auch der Schlüssel sein, dass die Flucht aus
Alphaville und seiner faschistischen Unterdrückung von Gefühl, Hoffnung
und Poesie gelingen könnte...
"Alphaville" ist auch bekannt unter dem deutschen Verleihtitel "Lemmy Caution gegen Alpha 60". Die Figur des Lemmy Caution ist ähnlich wie Jerry Cotton ein erdachter FBI Agent, der zunächst in einer Romanreihe und auch anschliessend in einer Reihe von Kinofilmen erfolgreich war. Sein Autor heißt Peter Cheyney und seine Romane wurden nach dem 2. Weltkrieg in ganz Frankreich gerne gelesen und schließlich entdeckte der französische Filme die Figur für eine ganze Reihe von Filmen, die allesamt sehr populär wurden. Es entstanden Filme wie "Zum Nachtisch blaue Bohnen", die auch in Deutschland erfolgreich im Kino liefen und Eddie Constantine zum Big Star machten. Jean Luc Godards Film ist natürlich von der Machart her ein krasser Gegensatz zu den anderen Lemmy Filmen, daher besiegelte der verstörenden Science Fiction Film auch das Karriereende von Constantine - man nahm es dem Schauspieler übel die Film-Manege als strahlender Held und Sieger verlassen zu haben und stattdessen als ein müder, gealterter und depressiv wirkender Mann aufzrtreten, der in einem Trenchoat gehüllt, ausgesetzt und verloren in einer Zukunftswelt nach einem Ausweg suchen muss. Der Film ist sehr eigenwillig und auch etwas sonderbar. Lange Monologe des Supercomputers verstärken die feindliche Umgebung, die in Alphaville herrscht - wobei die Kulisse des in schwarz weiß gedrehten Kultfilms mit voller Absicht unzweifelhaft das Paris des Jahres 1965 darstellt. So geht es Godard vermehrt auch um die Gegenwart, er bringt in seinem Film Bezüge zu zeitgenössischen Ereignissen unter und streut auch politische Themen seiner Zeit mit in den Film. Godard gelingt es sehr gut eine gewisse Entmenschlichung durch eine modernistische Architektur zu zeigen - vor allem warnt der Film aber eindringlich vor den Gefahren der Zensur. Ein Thema gestern so aktuell wie heute und morgen. Optisch ist der Science Fiction Film ganz Nouvelle Vague, in seinen Bildern und Settings entdeckt er die Keime einer totalitären Zukunft. Jean-Luc Godard verbindet hier auf faszinierende Weise Science Fiction, Film Noir, schwarze Komödie, Gesellschaftskritik und Detektivkrimi zu einem teils amüsanten, teils sehr ernsten bis sehr sonderbaren und gelegentlich auch sperrigen Mix, der beim ersten Anschauen kaum zu greifen ist.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen