Sonntag, 1. Oktober 2017

Augen der Angst - Peeping Tom






Regie: Michael Powell

Voyeur....

Mark Lewis (Karlheinz Böhm) ist ein unscheinbarer junger Mann, der beim Film arbeitet. Von seinen Kollegen wird er wegen seiner Ruhe, seiner freundlichen Art und seiner Professionalität sehr geschätzt.
Sein großes Haus in London hat er weitestgehend vermietet, nur die obere Wohnung ist sein Reich. In einem Zimmer ist der Filmvorführungsraum, dort sitzt er nächtelang vor der Leinwand und schaut sich seine selbst gedrehten Filme immer und immer wieder an. Sein ständiger Begleiter ist seine Kamera. Warum wird erst im Lauf der Handlung klar, aber der Zuschauer weiss durch die Eingangsszene, dass Mark ein Serienmörder ist.
Er filmte diese dunkle Straße in der Nacht. Wie er sich mit Kamera auf eine Prostituierte zu bewegte, sie sagt "2 Pfund" und er folgt ihr in eine Bude, Treppe hoch, alles wird per Handkamera gefilmt. In der Wohnung angekommen, zieht sich die Frau aus. Plötzlich Furcht und panische Angst in ihren Augen. Denn sie wird sich in der nächsten Sekunde in einem Spiegel selbst sehen können, bevor der Mann sie mit einem im Stativ seiner Handkamera verborgenen Messer ersticht. Ihr aufgezeichnetes Entsetzen wird er sich mit perverser Lust immer wieder ansehen.
Auch ist mit seiner Filmkollegin Vivian (Moira Shearer) ein weiteres potentielles Opfer ausgemacht.
Seine Untermieterin Helen (Anna Massey) freundet sich mit ihm an, sie mag den stillen Mark. Obwohl ihre blinde Mom (Maxine Audley) ein ungutes Gefühl hat. Helen scheint ein bisschen seine Einsamkeit und seine Sozialphobie aufzubrechen. Ihr sagt er auch, dass er jahrelang von seinem Vater, einem angesehenen Psychiater, zu wissenschaftlichen Forschungszwecken mittels Tonbandaufnahmen abgehört wurde. Als Kind keine Privatsphäre, stattdessen nächtens mit Kriechtieren in seinem Bett erschreckt oder mittels Lichtsignalen aus dem Tiefschlaf gerissen. In dieser Atmosphäre der absoluten Observation und Liebesmangel entwickelte sich Mark Lewis nicht nur folgerichtig zum Voyeur sondern zum Mörder...





Beim Kinostart 1960 war "Peeping Tom" ein handfester Skandal, der die Karrieren von Karlheinz Böhm und dem britischen Meister-Regisseur Michael Powell (Leben und Sterben des Colonel Blimp, Dieb von Bagdad, Schwarze Narzisse, Die roten Schuhe) schlagartig beendete.
Der Film wurde zur damaligen Zeit mehrheitlich als eklig, krankhaft und geschmacklos empfunden. Erst viele Jahre später wurde "Peeping Tom" nicht nur rehabilitiert, sondern auch gerechterweise als Meisterwerk des Horrorgenres gefeiert.
Heute wird er gerne als britische Ausgabe von Psycho angesehen. Er glänzt durch eine hervorragende Kameraarbeit und ausserordentlich guten Settings und klasse Szenebilder.
Powell gelang es auch, den Charakter von Mark Lewis nicht als ein verabscheuungswürdiges Ungeheuer aussehen zu lassen, sondern er wird sowohl als Täter als auch Opfer gezeigt, mit dem man Mitleid empfinden kann - auch ein Verdienst des Hauptdarstellers Böhm. Vermutlich war die gezeigte "gute Seite" des Täters der eigentliche Skandal. Erst durch die sanfte Liebe zu Helen sieht er einen Ausweg aus seiner Situation, seiner Krankheit. "Peeping Tom" wartet mit einer absolut effektiv ausgearbeitete tiefenpsychologischen Ebene auf, beleuchtet diese fatale, unheimliche Vater-Sohn-Beziehung und der Frage, was Mark zu einem Serienkiller gemacht hat.





Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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