Regie: Francois Truffaut
Film im Film....
"Die amerikanische Nacht" ist einer der besten Filme von Francois
Truffaut, er hat ihn Lilian und Dorothy Gish gewidmet. Mit einer
amerikanischen Nacht (La nuit americaine) meint man in französischen
Filmkreisen die Nachtaufnahmen, die mit Hilfe von Spezialfiltern am Tag
gedreht werden. Ein Hinweis auf die Möglichkeiten des Films als
Täuschung und Spiel mit dem Zuschauer. Der Filmliebhaber und ehemalige
Journalist Truffaut erweist sich einmal mehr auch als leidenschaftlicher
Cineast in diesem Film im Film. Er spielt den Regisseur selbst, im Film
heißt er Ferrand und dreht in Nizza sein neues Projekt "Meine Ehefrau
Pamela". In einer Szene sehen wir wie er ein Paket von Büchern öffnet
mit Büchern, die er bestellt hat. Es sind ausschließlich Filmbücher über
Regisseure Wie Luis Bunuel, Carl Theodor Dreyer, Ingmar Bergman, Alfred
Hitchcock, Ernst Lubitsch, Roberto Rossellini, Robert Bresson und
Jean-Luc Godard. Mit letzterem soll er sich aufgrund dieses Film
entzweit haben. Godard warf Truffaut vor mit diesem Film die Zuschauer
zu belügen. Dies führte letztendlich zum Bruch, die früheren Freunde
gingen getrennte Wege. In einer weiteren Szene träumt der Filmfreak ein
Ereignis seiner Jugend. Ein Junge, der heimlich die Aushangfotos von
"Citizen Kane" aus dem Kino klaut.
Truffaut zeigt den Film im Film und gleichzeitig auch das wirkliche
Leben rund um den Dreh von "Meine Ehefrau Pamela", der eine Coproduktion
- auch mit den Amerikanern - ist.
Ein tragischer Liebesfilm bei dem der junge Alphonse seine frischvermählte Braut Pamela seinen Eltern Severine und Alexandre
vorstellt. Vater und Schwiegertochter verlieben sich aber ineinander,
die beiden brennen durch. Natürlich endet diese Geschichte tragisch.
Pamela kommt bei einem Autounfall ums Leben und am Ende erschießt der
gekränkte Alphonse seinen Vater auf offener Straße. Der Alphonse
Darsteller Alexandre (Jean-Pierre Leaud) ist noch recht unreif wie die
Filmfigur, die er spielt. Er hat eine Liason mit Liliane (Dani), der
Scriptvolontärin. Die aber sieht auch andere Männer ganz gern. Das
Scripgirl Joelle (Nathalie Baye) ist die rechte Hand vom Regisseur.
Durch die Coproduktion hat es sich ergeben, dass nicht nur die bekannten
Darsteller Severine (Valentina Cortese) und Alexandre (Jean-Pierre
Aumont) verpflichtet werden konnten - der Produzent (Jean Champion) ist
stolz darauf, dass mit Julie Baker (jacqueline Bisset), eine populäre
US-Schauspielerin für die Rolle der Pamela gewonnen werden konnte. Die
ist frisch verheiratet mit ihrem Doktor (David Markham), der sie aus
ihrer schweren Depression befreit hat. So gesehen ist der Star mit
diesem Hintergrund ein gewisses Risiko. Wird sie durchhalten ? Der Dreh
schweißt natürlich die Crew zusammen. So gewöhnt sich der Regisseur auch
daran, dass die eifersüchtige Frau (Zenaide Rossi) des Aufnahmeleiters
(Gaston Joly) nicht von dessen Seite weicht. Dann machen auch die
Produzenten Druck, der Film muss schneller im Kasten sein. Auch das
Liebes-Geheimnis von Alexandre wird gelüftet, denn überraschenderweise
präsentiert er einen jungen Liebhaber (Xavier Saint-Macary). Dann gibt
es eine wirkliche Katastrophe. Alexandre verunglückt kurz vor Drehschluß
tödlich...
Mit einem Double bringt man den Film dennoch zu Ende. Zu diesem
Finale wird die Stadt mit Kunstschnee winterlich gemacht. Eine grandiose
Liebeserklrärung an das Kino. Der Lohn war ein verdienter Oscar als
bester Auslandsfilm des Jahres 1974. Ein Jahr später wurde der Film noch
zwei weitere Male in einer anderen Kategorie nominiert. Valentina
Cortese als beste Nebendarstellerin - sie hatte auch einige der besten
Szenen im Film als alkoholkranke Diva. Truffaut selbst bekam zwei
Nominierungen, einmal als Regisseur und zum zweiten fürs Drehbuch. Der
Film vermittelt sehr viel Hintergrundinformation und hat auch heute noch
das Zeug jeden Cineasten total zu begeistern. Für mich gehört "Die
amerikanische Nacht" mit "Sie küßten und sie schlugen ihn" und
"Fahrenheit 451" zu den drei allerbesten Arbeiten des viel zu früh
verstorbenen französischen Meisterregisseur. Er zeigt mit dieser
typischen spielerischen Leichtigkeit diese Schwierigkeiten beim
Filmedrehen - ein reibungsloser Ablauf der Dreharbeiten ist
Wunschdenken. Immer wieder muss improvisiert werden.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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