Regie: William Wyler
Heimkehr aus dem Krieg...
Viele Antikriegsfilme haben sich mit den Veteranen des Vietnam Krieges
beschäftigt: Michael Ciminos "Die durch die Hölle gehen", "Coming home"
von Hal Ashby oder "Geboren am 4. Juli" von Oliver Stone. Sie zeigten
eindrücklich die massiven Schwierigkeiten der Kriegsheimkehrer in der
Heimat, verletzt in Körper und Seele durch den Krieg. Diese Filme
enstanden in den progressiven 70er Jahren oder in den 80ern. Einige
Jahrzehnte früher drehte der dreifache Oscarsieger ebenfalls ein
eindrückliches Film Meisterwerk über heimkehrer aus dem Krieg. "Die
besten Jahre unseres Lebens" entstand 1946 und ist mit einer Laufzeit
von 172 Minuten ein echtes Epos geworden. Der Film war an der Kinokasse
ausserordentlich erfolgreich und spielte fantastische 23,6 Millionen
Dollar ein. Zu seiner Zeit war dies das sechst beste Einspielergebnis
aller Zeiten in den USA. Nur "Vom Winde verweht", "Bambi",
"Schneewittchen und die 7 Zwerge", "Pinocchio" und "Fantasia" waren noch
erfolgreicher.
Da der Film auch von der Kritik hochgelobt wurde, kams auch zu einem
Oscarregen bei der Verleihung 1947. Zwei davon gingen an Nebendarsteller
Harold Russell, der im Film den kriegsversehrten Marine-Maat Homer
Parrish spielt. Ein Soldat, der als Maschinist in einem explodierenden
Schiff beide Arme verlor. Nun trägt er eigens für ihn angefertigen
Prothesen und kann sehr gut mit diesen stählernen Greifzangen umgehen.
Diese Rolle ist identisch mit seinem privaten Schicksal, denn Russell
hat wie die Filmfigur seine Arme verloren. Er gewann den
Nebendarstellerpreis und es wurde ihm noch ein Ehren-Oscar zugesprochen.
Der Film beginnt auf einem Flughafen. Es ist Kriegsende und viele
Soldaten warten dort um eine Maschine in ihre Heimatstadt zu bekommen.
Es herrscht aber reger Betrieb und so ist Warten angesagt. Der
Infaterie-Sergeant Al Stephenson (Frederic March) freut sich unheimlich
auf seine Frau Milly (Myrna Loy) und auf seine Kinder Peggy (Teresa
Wright) und Rob (Michael Hall). Aber er hat auch ein mulmiges Gefühl,
weil er seine Familie schon so lange nicht mehr gesehen hat. Er hat aber
immerhin gute Aussichten als ehemaliger leitender Angestellter einer
Bank in seiner Heimatstadt Boone City sich schnell wieder ins
bürgerliche Leben zu integrieren. Auch Fred Perry (Dana Andrews) will
schnellstens heim. Der Airforce Captain mit vielen Streifen und diversen
Tapferkeitsmedaillen hat es aber sicherlich schwerer. Denn vor dem
Krieg war er lediglich ein Soda- und Eiscremeverkäufer in einem
Drugstore. Auch seine Ehe, die er vor dem Krieg schloß, hat er nur 20
Tage genießen können. Doch daheim wartet Marie (Virginia Mayo) die
aussieht wie ein PinupGirl - gutaussehend, blond und vergnügungssüchtig.
Homer , der bei seinen Eltern lebte, hat am meisten Angst vor dem
Wiedersehen mit seinen Eltern (Walter Baldwin, Minna Gombell) und seiner
Freundin Wilma (Cathy O´Donnell), die er seit den Sandkastentagen kennt
und liebt. Der schwer kriegsversehrte Mann kann sich eine Hochzeit mit
Wilma gar nicht mehr vorstellen. Er will nicht aus Mitleid geheiratet
werden. Alle drei wohnen in Boone City und alle drei haben ein äusserst
mulmiges Gefühl vor der Wiederbegegnung mit ihrer Heimat. In einer
Militärmaschine verlassen sie den Flughafen Richtung Heimat. Irgendwann
sehen sie in der Luft ihre Heimatstadt und nun kommt auch Freude auf...
Der Film zeigt an diesen drei Beispielen die immensen Schwierigkeiten
auf, mit denen die drei unterschiedlichen Männer nach der Rückkehr
konfrontiert werden. Es gibt viele Enttäuschungen und alle drei merken
wie schwierig es doch ist, beruflich und privat wieder dort anzukommen
und weiterzumachen, wo man vor dem Krieg war. Es zeigt auch die
Entfremdung der Menschen. Eine Kluft zwischen denen, die "die besten
Jahre des Lebens" fürs Vaterland opferten und denen, die zurück blieben.
Der Film begeistert mit vielen tollen Szenen, die manchmal sehr
unprätentiös geschildert werden (z.B. Derry am Arbeitsplatz) und
manchmal sehr emotional (wenn Homer und Wilma versuchen sich in ihrer
Beziehung unten den veränderten Bedinungen zurechtzufinden) - insgesamt
inszenierte Wyler aber immer aufrichtig und zart. Auch der
Klassenunterschied ist ein Thema dieses Filmklassikers amerikanischer
Geschichtsschreibung. Während im Krieg diese Unterschiede (Ober-,
Mittel- und Unterschicht) keine Rolle spielten, sind sie im Leben nach
dem Krieg wieder einer kurzen Zeit wieder vorhanden. Wie viele gute alte
Klassiker ist "Die besten Jahre unseres Lebens" auch ein Zeugnis seiner
Zeit und ein Zeugnis der Menschen dieser Zeit. Trotz sentimentaler
Anteile und einem Happy-End bleibt das bedrückende Schicksal der
Veteranen auch nach dem Ende präsent und eine dokumentarische Wahrheit
bleibt bestehen.
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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