Regie: Agusti Villaronga
Der Kreislauf des Bösen...
Der ehemalige, nun im Exil in Spanien lebende, KZ-Arzt Klaus (Günter Meisner)hat während des Krieges in einem deutschen Konzentrationslager im Auftrag einer menschenverachtenden Wissenschaftsstudie Versuche an kleinen Jungen durchgeführt. Während dieser teuflischen Tätigkeit kamen auch immer mehr sexuell-sadistische Neigungen des Nazis ins Spiel, die er damals in den Wirren des Krieges, als sich die Moral völlig auflöste, ungeniert ausleben konnte. Im Exil kann er von seinen perversen Neigungen nie mehr lassen und missbraucht, foltert und tötet einen Jungen. Aus Scham und Verzweiflung stürzt er sich danach von einem Hausdach.
Doch er überlebt. Schwer verletzt und vom Kopf abwärts gelähmt wird er nur noch von einer eisernen Lunge am Leben gehalten. Er kann sich nicht mehr selbst versorgen, sondern ist auf die Pflege seiner Frau Griselda (Marisa Paredes) und seiner Tochter Rena (Gisele Echevarria) angewiesen. Die drei leben abgeschieden in einer Villa. Lediglich eine Haushälterin kommt an ein paar Tagen in der Woche vorbei.
Eines Tages verschafft sich ein junger Mann (David Sust) Zutritt zum Haus und rennt in das Krankenzimmer. Dort stellt er sich den verblüfften Hausbewohnern als Krankenpfleger Angelo vor und bietet sehr fordernd seine Dienste an. Aus unerfindlichen Gründen will Klaus, dass der junge Mann bleibt, ganz im Gegensatz zu seiner misstrauischen Frau.
Gleich herrscht eine seltsame Beziehung zwischen Hausherr und Pfleger, eine Art Täter- und Opferspirale...
"Im Glaskäfig" (Original: Tras el Cristal) ist der skandalumwitterte Erstling des spanischen Regisseurs Agusti Villaronga, der im Jahre 1985 entstand und damals auf der Berlinale heftig diskutiert wurde.
Der Film wartet mit einigen brisanten Themen wie Nazismus, Homosexualität und Missbrauch von Kindern auf.
Dabei schreckt der Regisseur nicht davor zurück diese seelisch wie körperliche Gewalt an Kindern unbarmherzig zu visualisieren, die Szene mit der dem Injizieren einer Benzinspritze ins Herz eines Kindes ist eine der bedrückendsten und grausamsten Filmszenen, die man sich vorstellen kann.
Daher war es nicht verwunderlich, dass "Im Glaskäfig" sehr schnell mit Pasolinis Skandalfilm "Die 120 Tage von Sodom" verglichen wurde. Sie sind aber m.E. sehr unterschiedlich, denn Villalonga ist vor allem daran interessiert, den Kreislauf des Bösen als unabänderliche Dynamik zu zeigen.
Dabei ist ihm ein ausserordentlich guter, jedoch recht abscheulicher Film, der stark zum Nachdenken anregt, gelungen.
Der Film bezieht sich zwar auf den Nazionalsozialismus, Idee für die Geschichte waren aber Georges Batailles Prozessaufzeichnungen "Gilles de Rais, Leben und Prozess eines Kindermörders". Dieser frühere Gefolgsmann der heiligen Johanna von Orleans trieb während des 100jährigen Krieges sein Unwesen und ermordete aus sadistischem Antrieb zahlreiche kleine Jungen, nachdem er sie grausam gefoltert hatte.
"Im Glaskäfig" wird sehr oft in das Genre "Horror" eingeordnet, was zwar nicht falsch ist, dem aussergewöhnlich komplexen Film aber nicht ganz gerecht wird.
Im Kino von Heute findet sich aber vielleicht eine Verwandtschaft zu der Stephen King Verfilmung "Apt Pupil", die 1998 von Bryan Singer verfilmt wurde, die die Zuordnung zum Horrormetier erleichtert: Auch dort findet ein Schüler seinen Nazi-Lehrer und es entsteht eine perfide Abhängigkeit.
Die DVD von Bildstörung beinhaltet diesen Film im spanischen Original mit deutschen Untertiteln.
Es ist ein sehr empfehlenswerter, extrem beeindruckender Film, den das Label da veröffentlicht hat. Zartbesaitete sollten aber vorsichtig sein. Dieser Film geht sehr stark unter die Haut. Ist aber keineswegs voyeuristisch unterwegs, sondern besticht durch eine konkrete, aber grausame Aussage: Aus Bösem kann sich nur Böses entwickeln...
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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