Regie: Roland Joffe
Das Schicksal von Dith Pran...
Die 70er Jahre waren die Dekade der politisch ambitionierten Paranoia-Thriller, es ging um Abhörmethoden (Francis Ford Coppola "Der Dialog), um politische Attentate (Alan J. Pakula "Zeuge einer Verschwörung" und Syndney Pollack "Die 3 Tage des Condors) oder gar um einen der größten Politskandale der 70er (Alan J. Pakula, der mit "Die Unbestechlichen" den Watergate Skandal thematisierte).
Eine Dekade später favorisierten die
Filmemacher politischer Themen den Journalisten, der unter großen
Gefahren in Krisengebiete reist und versucht davon zu berichten. Im
Gedächtnis blieben starke Genrebeiträge wie Peter Weirs "Ein Jahr in der
Hölle", Roger Spottiswoodes sehr unterschätzter "Under Fire" und Oliver
Stone tauchte erstmals im Filmgeschehen mit "Salvador" auf. Die zwei
besten dieser Gattung sind vielleicht Constantin Costa-Gavras
aufwühlendes "Missing", der vom Putsch in Chile 1973 berichtet und das
Verbrechen der Militärregierung an dem US-Journalisten Charles Horman
beleuchtet und das 1984 entstandene britischen Filmdebüt von Roland
Joffe. Sein "Killing Fields - Schreiendes Land" die katastrophalen
Auswirkungen der amerikanischen Einmischung in die kambodschanische
Politik während des Vietnamkrieges in der Mitte der 70er Jahre.
Durch diese Einmischung erstarkte auch die
maoistisch-nationale Guerillabewegung "Rote Khmer". Diese wollten die
Gesellschaft mit brutaler Gewalt in einen Agrarkommunismus führen. In
Folge dieses Zwangsprozesses wurde fast die gesamte Bevölkerung in der
Hauptstadt Phnom Penh vertrieben. Dieser Schreckensherrschaft fielen
nach Schätzungen etwa 1,7 bis 2,2 Millionen Kambodschaner zum Opfer. Die
wirksame juristische Aufarbeitung dieses Genozids dauert bis heute an.
Im fast schon dokumentarisch wirkenden Stil
kann "Killing Fields" immer mehr das Grauen von Pol Pots Genozid
vermitteln, es braucht dafür gar keine Schockeffekte. Ein Großteil des
Gelingens kommt dem Kameramann Chris Menges (Kes, Local Hero, Der
Vorleser, Extrem laut und unglaublich nah) zu, der für diese langsam
umherstreichende und beobachtete Kamera den Oscar gewinnen konnte.
Die wahre Geschichte handelt von der Arbeit
des amerikanischen Journalisten Sydney Schanberg (James Waterston), der
als Journalist bei der New York Times deren Kriegsberichtserstatter in
Kambodscha ist. Mit seinem kambodschanischen Assistenten Dith Pran (Dr.
Haing S. Ngor) hat er nicht nur einen sehr guten Dolmetscher - die
beiden Männer verbindet auch eine Freundschaft. In Kambodscha wird die
Lage immer brenzliger, denn die Rote Khmer steht kurz vor der Eroberung
der Hauptstadt. Prans Familie wird in Sicherheit gebracht, er selbst
zieht es aber vor als Journalist bei Schanberg zu bleiben und weiter vom
Geschehen zu berichten. Eine mutige und lebensgefährliche Entscheidung,
die dem Mann, der Sympathien für die Amerikaner hat, das Leben kosten
könnte. Als die Rote Khmer triumphal die Stadt erobert, finden die
Journalisten zuerst Unterschlupf in der französischen Botschaft. Doch
diese Sicherheit ist nur für kurze Dauer. Die Ausländer dürfen zwar das
Land verlassen, aber alle kambodschanischen Staatsbürger sollen der
neuen Diktatur übergeben werden. Gemeinsam mit dem Fotographen Al
Rockoff (John Malkovich) und seinem Kollegen Jon Swain (Julian Sands)
fälscht Schanberg für seinen Freund einen Pass, um ihn ausser Landes in
Sicherheit zu bringen. Doch der Plan misslingt und lange Zeit hört
keiner mehr was von Dith Pran. Dessen Frau ist sich sicher, dass er tot
ist. Doch Dith Pran lebt und ist in einem Zwangsarbeitslager
untergebracht...
Dieses Schicksal führt dann auch zu den
eindringlichsten Sequenzen des starken Films, der die Säuberungsaktionen
in diesem Umerziehungslager dem Zuschauer drastisch vor Augen führt.
Interessanterweise wirkt der Film in seiner Gesamtheit immer sehr leise
und unaufdringlich, doch gerade das macht seine Stärke aus. Auch der
Gewissenskonflikt, in dem Schanberg steckt, wird gut vermittelt.
Einerseits fühlt er eine gewisse Mitschuld, denn er hat seinem Freund
immer das Gefühl vermittelt, dass er ihn dringend brauchen würde - trotz
der Gefahr, die schon immer bestanden hat. Mit gemischen Gefühlen hält
eine Dankesrede als er 1976 zum Journalisten des Jahres gewählt wird.
Erst 1979 wird er seinen Freund wiedersehen können. Im Abspann hört der
Zuschauer John Lennons "Imagine" - ein weiterer kluger Einfall von
Regisseur Roland Joffe, denn als Zuschauer ist man immer wieder
konfrontiert damit, dass sich der Mensch nie verändert hat und auch nie
aus der Geschichte gelernt hat. Während Sam Waterston als
Hauptdarsteller für den Oscar nominiert wurde, kam Dr. Haing S. Ngor
unter die fünf Nominierten für die beste Leistung eines
Nebendarstellers. Wobei der Film eigentlich durch die Darstellung von
Ngor geprägt ist und unvergessen bleibt. Nicht erst bei der grausamen
Szene als er durch die riesigen Massengräber - den Killing Fields -
seine Flucht versucht. Er konnte den Oscar natürlich gewinnen für seine
eindringliche vierjährige Odyssee durch eine Heimat, die ihn zu
vernichten versucht. Er muss als Sohn aus bürgerlichen Hause mit
Kontakte zum Westen seinen Bildungshintergrund verbergen, um nicht als
Todfeind der neuen Zeit getötet zu werden. Er überlebt als entwurzelter
Mensch.
Bewertung: 9 von 10 Punkten
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